Menetekel
Hände?», fragte Dalton. «Das wollen sie doch gerade erreichen, oder?»
«Wir haben keine andere Wahl», stellte Gracie fest. «Es ist nicht ideal, aber wir müssen es jetzt machen.»
«Sie können es nicht selbst enthüllen», hielt Matt dagegen. «Noch nicht. Ihr Sündenbock fehlt.» Er zeigte mit dem Kinn auf Rydell. «Wem sollen sie sonst die Schuld geben? Sie werden erst noch jemanden finden müssen, dem man keine politischen Motive unterstellen kann. Und solange Sie frei herumlaufen, wird ihnen das Risiko zu hoch sein, dass Sie mit Ihrer Version der Geschichte rauskommen. Dann säßen sie in der Scheiße. Bevor die Welt erfährt, dass die Nummer eine abgekartete Sache war, müssen sie sich etwas Neues einfallen lassen.»
«Was ihnen früher oder später auch gelingen wird», sagte Gracie. «Auf gar keinen Fall werden sie das Ganze endlos weiterlaufen lassen. Damit würden sie der christlichen Rechten die Schlüssel zum Königreich übergeben. Und wir dürfen auch nicht zulassen, dass das passiert.»
Matt überlegte. «Wir haben also noch ein kleines Zeitfenster, bis ihnen ein Rückzugsplan eingefallen ist, richtig?» Er sah Rydell an. «Vielleicht gehen sie ja sogar davon aus, dass Sie den Mund halten werden. Als Gegenleistung dafür, dass Sie Ihre grüne Botschaft an den Mann bringen konnten.»
«Da täuschen sie sich aber gewaltig», knurrte Rydell ohne Zögern.
«Sie werden jedenfalls nicht sofort etwas unternehmen. Was mir ein bisschen Zeit gibt, Danny da rauszuholen. Selbst wenn wir zulassen müssen, dass sie Pater Hieronymus auf diese Bühne stellen. Ihr könnt jetzt nicht von mir verlangen, dass ich ihn aufgebe. Nicht, wo ich so dicht an ihm dran bin.»
Er sah sich im Zimmer um. Die anderen wechselten Blicke, überlegten.
Er sah Gracie an. Sie erwiderte seinen Blick, dann nickte sie verständnisvoll.
«Beinahe das ganze Land glaubt schon an die Sache», sagte sie. «Sicher, nach morgen Abend dürfte es noch schwerer sein, die Leute wieder davon abzubringen, aber … bis dahin können wir schon noch warten. Außerdem wäre ohne Matt wohl keiner von uns noch am Leben. Wir sind es ihm schuldig.»
Rydell und Dalton nickten.
Matt lächelte ihr zu.
«Gut», sagte sie. «Und wie stellen wir das Ganze an?»
«Stellen wir was an?»
«Ihren Bruder finden.» Sie grinste kurz. «Hey, Sie dachten doch nicht etwa, wir lassen Sie das auf einmal alleine machen?»
Matt sah sich um. Die anderen strahlten ihn an. Er nickte. «Wir können wohl davon ausgehen, dass sie Pater Hieronymus morgen ein Zeichen über den Kopf hängen werden, oder?»
Gracie nickte. «Auf jeden Fall.»
«Dann weiß ich, was wir machen.»
Sie blieben fast die ganze Nacht auf, studierten Karten, Pläne und Fotografien des Stadions, die sie im Internet gefunden hatten, prägten sich die Gebäudeanlage und die unmittelbare Umgebung ein, versuchten herauszufinden, wo Danny und das Wurfteam voraussichtlich positioniert sein würden.
Gegen Morgengrauen waren sie sich grundsätzlich einig darüber, wie Drucker und seine Leute vermutlich vorgehen würden. Sie verließen sich dabei weitgehend auf Rydells Überlegungen. Den Mann dabeizuhaben, der für die Technologie hinter dem Zeichen verantwortlich zeichnete, gab ihnen einen hübschen Vorsprung; dennoch gab es viele Unbekannte. Im Frühstücksfernsehen wurde gezeigt, dass bereits die ersten Pilger zu Fuß oder mit dem Wagen zum Stadion unterwegs waren, es wurde also höchste Zeit, sich ebenfalls auf den Weg zu machen.
Sie luden das bisschen Ausrüstung, über das sie verfügten, in den Kofferraum des Chryslers. Als sie fertig waren, sah Matt Gracie alleine auf der Veranda stehen. Sie starrte in den heller werdenden Himmel hinauf. Er schlenderte zu ihr hinüber.
«Alles in Ordnung mit Ihnen?»
Sie sah ihn an, nickte. «Ja.» Sie musterte ihn, sah dann wieder weg. «Es ist alles so befremdlich. Dass das Land so gespalten ist. Dass die Menschen zu solchen Mitteln greifen …» Sie schüttelte den Kopf. «Wann ist dieser Hass in uns entstanden? Diese Intoleranz?»
«Wahrscheinlich ungefähr zur selben Zeit, als ein paar machtgierige Idioten auf den Trichter gekommen sind, dass sich damit Wahlen gewinnen lassen.»
Sie lachte leise. «Warum findet mein Kollege beim NBC eigentlich nie so treffende Worte?»
Ihre Miene verdunkelte sich.
«Woran denken Sie?», fragte Matt.
«An Pater Hieronymus. Er … man kann sich gar keinen anständigeren Menschen vorstellen. Wenn ich daran
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