Menetekel
dass die Aufhängung brach und der Wagen nicht mehr weiterkam, der Toyota aber weiterfahren konnte. Es war ein Glücksspiel – und ein Opfer obendrein. Damit verlor er nämlich seinen Peilsender, weil sie den Wagen wechseln würden, aber ihm blieb keine Wahl. Der Toyota hatte viel weniger unter der Haube als der Chrysler. Damit würde er die Typen nie abhängen.
Plötzlich nahm er von rechts etwas wahr. Ein Auto kam auf sie zu. Wieder machte etwas in seinem Kopf klick. Er wartete ein, zwei Sekunden, bis das Auto näher kam. «Mensch, nun mach schon», rief Komlosy neben ihm. Bewegung im Chrysler, wahrscheinlich zogen die Killer ihre Waffen, entsicherten sie –
Als das näher kommende Auto fast auf ihrer Höhe war, trat Matt das Gaspedal durch, raste vor ihm auf die Straßeund schnitt ihm den Weg ab. Das Auto, ein klobiger alter Caprice aus längst vergangenen Tagen, in denen das Öl billig und reichlich geflossen war und man noch in seliger Unwissenheit über den Zustand des Planeten lebte, schrammte den Toyota und kam dann genau neben dem Chrysler zum Stehen. Matt trat aufs Gas und raste am Heck des Chryslers vorbei die Straße hinunter. Im Rückspiegel sah er, wie der Pechvogel aus seinem Wagen sprang und ihm wütend etwas nachschrie. Fein. Solange er nicht wieder einstieg und wegfuhr, konnten die Gangster nicht wenden und die Verfolgung aufnehmen.
Matt bog um die nächstbeste Ecke, fuhr durch eine leere Straße nach der anderen und wechselte wieder und wieder die Richtung – aber so, dass er schließlich aus Cambridge heraus und auf die Schnellstraße kam. Er sah immer wieder in den Rückspiegel.
Der Chrysler tauchte nicht auf.
Matt entspannte sich ein wenig und fuhr langsamer.
Er warf einen Blick auf Komlosy. Der dicke Mann hatte noch immer einen roten Kopf und schwitzte, aber er wirkte nicht mehr ganz so auf der Hut. «Mrs. Jooris wird ausrasten, wenn sie das sieht.»
«Wie spricht man deinen Vornamen eigentlich aus?», fragte Matt.
«Tschaba. Aber du kannst mich Jabba nennen. Machen alle.»
«Im Ernst?»
«Klar.»
«Und das stört dich nicht?»
Csaba sah ihn verdutzt an. «Sollte es das?»
Matt zuckte die Schultern. «Ist ja deine Sache. Jetzt sehen wir besser zu, dass wir diese Karre loswerden und irgendwo untertauchen. Dann musst du mir in allen Einzelheiten erzählen, worüber du mit Vince geredet hast, und mir helfen, herauszufinden, was zum Teufel hier eigentlich los ist.»
KAPITEL 30
KLOSTER DER SYRER, WADI AN-NATRUN, ÄGYPTEN
Kurze Zeit später hatte der Previa die Wüste hinter sich gelassen und zuckelte durch das Verkehrsgewimmel Richtung Kairo. Es gab keine Umgehungsstraße, also mussten sie, da der neue Flughafen im Osten und das Natrontal im Nordwesten lag, mitten durch die Millionenstadt hindurch. Inzwischen war es früher Abend, und die untergehende Sonne ließ den Schleier aus Abgasen und Staub aufleuchten, der stickig über der überbevölkerten, desolaten Hauptstadt hing.
«Weiß er, was gerade vor sich geht?», fragte Gracie den Mönch. «Haben Sie ihm von den Zeichen erzählt?»
«Nein.» Bruder Amin sah unbehaglich zu ihr nach hinten. Sein Blick signalisierte, dass sie bald verstehen würde. «Ehrlich gesagt weiß er noch nicht einmal, dass Sie kommen. Der Abt auch nicht.»
Gracie wollte nachhaken, aber er kam ihr zuvor. «Der Abt – er ist unschlüssig. Er will nicht, dass die Außenwelt davon erfährt.»
«Im Gegensatz zu Ihnen», warf Finch ein.
Der Mönch nickte. «Hier hat sich etwas Wunderbares ereignet. Es steht uns nicht zu, das für uns zu behalten.»
Gracie sah zu Finch hinüber. In dieser Situation waren sie schon öfters gewesen: ungebetene Gäste, die in Krisengebiete fuhren, um mit zögerlichen Interviewpartnern zu reden, mit Leuten, deren erster Impuls es war, sich gegen Fragen von außen abzuschotten. Manchmal gelang es ihnen, ihre Abwehr zu durchbrechen, aber manchmal blieben sie auch außen vor. Das durfte hier auf keinen Fall passieren. Sie waren nicht um den halben Erdball geflogen, um mit leeren Händen wieder abzuziehen. Nicht, wenn die ganze Welt auf eine Erklärung wartete.
Als vor ihnen die Spitzen der Pyramiden von Giseh auftauchten, wusste Gracie, dass sie die Stadt endlich hinter sich ließen. Sie kannte den Anblick, aber ganz gleich, was gerade in ihr vorging, er weckte immer wieder Ehrfurcht in ihr. Diesmal jedoch berührte er sie aus einem anderen Grund als sonst. Die majestätisch aus dem Sand aufragenden Steinspitzen erinnerten
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