Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mensch Hund

Mensch Hund

Titel: Mensch Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Herbst
Vom Netzwerk:
richtet sich auf die Tätigkeiten, die der Hund sehr ungern ausführt, die er jedoch in Erfüllung seiner Aufgaben tun muß. Als Beispiel sei genannt das Apportieren von für ihn schlecht riechenden Sachen — so haben die meisten Hunde einen sehr großen Widerwillen gegen Füchse — oder das „Down“ möglichst noch im Anblick von Wild. Hierein fällt auch das so bekannte „Stehmachen“ auf Ausstellungen oder auch das Ruhighalten bei der Maniküre. Hier kann man, zumindest im Anfangsstadium, mit Strafe oder Tadel gar nichts erreichen. Man muß Anreize schaffen und nach Überwindung des inneren Schweinehundes großzügig loben und belohnen. Der größte Anreiz für einen hungrigen Hund ist jedenfalls das Fressen. Deshalb sollte man auch nie ver-
    suchen, einen satten Hund dazu zu bewegen, Dinge zu tun, die er nicht gerne tut. Er wird sich auch durch den dicksten und leckersten Brocken nicht dazu bewegen lassen. Der Zwang in diesen Fällen besteht also nicht darin, daß man den Hund straft oder tadelt, sondern man nutzt seinen Hunger aus, um einen entsprechend großen Anreiz zu schaffen. Die positive Aussicht auf das Fressen und das Lob muß den Widerwillen gegen die zuvor auszuführende Tätigkeit überwinden.
    Das bedeutet nicht, daß wir mit Danny keine Schwierigkeiten mehr haben, sie auf Ausstellungen „aufzubauen“. Aber wir haben zumindest erreicht, daß sie sich nicht mehr automatisch auf den Rücken fallen läßt, wenn es „Steh“ heißt. Aber wie gesagt, ich bin auch kein guter Kopfhund.

    Die vierte und für den Hund am schwierigsten zu verstehende Erziehungsmaßnahme ist diejenige, bei der der Hund manchmal etwas tun muß, aber das Gleiche zu anderen Zeiten nicht tun darf. Hier ist zu nennen das Jagen, also das Stöbern oder Nachsuchen. Oder auch ganz einfach: bei uns dürfen die Hunde neben dem Fahrrad herlaufen, bei anderen Leuten jedoch nicht, es ist sogar streng verboten.
    Bei diesen Vorgängen kann man weder mit Lob noch mit Tadel Grundlegendes erreichen, sondern es müssen Verknüpfungen oder Assoziationen geschaffen werden, die man, wenn es gelungen ist, später gerne als „Hundeverstand“ bezeichnet.
    Beispiel: Wenn ich jagen gehe, ziehe ich Kniebundhosen, grüne Strümpfe und Parka an. Wehe, wenn ich aber die gleichen Sachen anziehe und dann nur spazierengehe. Der Hund wäre dann total verunsichert, denn er verknüpft meine Kleidung mit der Erwartung des späteren positiven Jagderlebnisses. Da sich dies jedoch nicht immer vermeiden läßt, gibt es eine weitere Verknüpfung: Da ich meine Hunde fast ausschließlich zur Arbeit nach dem Schuß im Hochwildrevier gebrauche, also zur Schweißarbeit, wird die Schweißhalsung angelegt.
    Natürlich kann man neben den optischen auch akustische Verknüpfungen aufbauen, so daß der Hund bei bestimmten Kommandos weiß, daß er jetzt etwas tun soll, was sonst verboten ist.
    Zusätzlich zu Lob und Tadel, Anreiz und Verknüpfung in den verschiedenen Gruppen von Erziehungsmaßnahmen ist der Zeitfaktor, nämlich wann diese einzelnen Instrumente angewendet werden, von größter Wichtigkeit.
    Es ist gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis, daß der Hund die ihm vom Menschen „entgegengebrachten“ Maßnahmen, ob Lob oder Tadel, jeweils direkt auf die unmittelbar davor von ihm ausgeführte Tätigkeit oder Unterlassung bezieht.
    Daffke kommt schwanzwedelnd an und legt seinen Kopf auf mein Knie. In dem Moment kommt Frauchen herein und hat entdeckt, daß er zwei Stunden vorher, als wir nicht da waren, seine Decke zerrissen hat. Wenn ich ihn jetzt strafe, ist das völlig unverständlich für den Hund, denn er bezieht die Strafe auf sein freundliches Kommen zu mir, was normalerweise mit einigen Streicheleinheiten honoriert wird.
    Umgekehrt: Diane zerkaut gerade die Puppe meiner Tochter, und ich lobe sie für eine gute Apportierleistung, die sie kurz vorher vollbracht hat. Sie wird das Lob auf das Zerkauen der Puppe beziehen, und die Folgen wären nicht abzusehen.

    Die größten Schwierigkeiten in dieser Beziehung hatten wir mit unserem Rüden Daffke, der mit Vorliebe über unseren Gartenzaun wechselte und der Nachbarschaft einen Besuch abstattete. Verprügeln nach der Rückkehr hatte nur ein immer länger werdendes Ausbleiben zur Folge. Ebenso bewirkte Lob nach Rückkehr, daß er sich nur um so öfter über den Zaun schwang. Also stellte ich mich hinter die Büsche im Garten, bewaffnet mit einer Gummizwille, um ihn im entscheidenden Moment zu erwischen. Aber

Weitere Kostenlose Bücher