Mensch, Martha!: Kriminalroman
sich
sehr sicher.«
»Nächste Woche werde ich die
Puzzleteile nochmals neu sortieren.«
Martha ist froh, pünktlich aus dem Büro zu
kommen. Sie fährt zu Thomas.
Er öffnet ihr sofort. Er ist
angezogen und sieht etwas besser aus.
»Wie geht es dir?«
»Es geht aufwärts. Ich war
beim Zahnarzt. Es war eine ziemliche Tortur. Er hat mir gegen die
Schmerzen ... äh ... Zäpfchen verschrieben.«
»Nehmen Männer so etwas?«
fragt Martha spöttisch.
»Im Notfall bleibt ihnen
nichts anderes übrig.«
Auf dem Wohnzimmertisch steht
eine Vase mit einem üppigen Blumenstrauß. Thomas nimmt ihn aus der
Vase und drückt ihn Martha in die Hand. »Frau Kollegin, der
ist für dich. Wegen gestern.«
Wann hab ich das letzte Mal
Blumen bekommen?
»Mensch, Thomas!« Martha muss
schlucken.
»Mensch, Martha!« Thomas
lacht und sein Gesicht wird ganz schief.
»Hast du heute schon was
gegessen?« fragt sie, um die Situation aufzulösen.
»Nicht mal Tabletten. Ich hab
ja jetzt das andere.«
»Ich mach dir was.«
»Es ist aber nicht viel da.
Und ich kann immer noch nicht beißen.«
»Somit scheidet Schweinshaxe
also aus.«
Thomas setzt sich auf einen
Küchenstuhl, während Martha seine Vorräte checkt. Auf seiner Stirn
stehen kleine Schweißperlen.
»Es geht dir immer noch
schlecht, oder?« Thomas nickt.
Martha findet Mehl und im
Kühlschrank Milch und Eier. Sie backt Pfannkuchen. Im Kühlschrank
stehen außerdem einige Flaschen Pils. Sie öffnet sich eine,
Thomas lehnt ab. Er füllt sich ein Glas mit Leitungswasser.
»Ich hab heute mit der Noll
chinesisch gespeist«, erzählt Martha, während sie Teig in die
Pfanne fließen lässt.
»Und was hat sie sich
bestellt? Die giftige Seite des Kugelfisches?«
Martha füllt vier Pfannkuchen
mit Marmelade, rollt sie zusammen und setzt sie ihm vor: »Und
jetzt wird gegessen!«
Thomas hat keinen Appetit, will
aber Martha nicht beleidigen. »Berichte mal kurz vom Stand der
Dinge.«
»Das geht wirklich kurz. Die
Tagebücher geben nicht viel her. Das sichergestellte Material ist
ein Griff ins Klo. Zeller war da. Er behauptet, Corinna wolle ihm
eins auswischen.« Sie hat ihr Pils geleert. »Krieg ich ein
zweites?«
»Nur zu!«
»Thomas, du warst doch gestern
auch dabei. Hat sie uns angekohlt?«
»Ich glaube nicht.« Er
schiebt den Teller weg. Er hat fast nichts gegessen.
»Wie dem auch sei. Ich mach
jetzt erst mal Wochenende. Ich muss mich unbedingt um Rebekka
kümmern. Barbara bringt sie nachher.«
»Hast du meine Grüße
bestellt?«
»Hatte noch keine
Gelegenheit.« Ich sage es ihm. Ihm kann ich es sagen. Jetzt .
»Barbara wurde vergewaltigt.«
Thomas sitzt da wie vom Donner
gerührt. Er hat die gleiche Gesichtsfarbe wie am Tag zuvor vor
der Nussecke, als er in den Rinnstein kotzte. »Martha,
was sagst du da?«
Sie rupft am Etikett der
Bierflasche herum. »Ich weiß das seit einer Woche.«
»Hat sie ihn angezeigt?«
Seine Stimme klingt belegt.
»Nein. Es wird keine Anzeige
geben.«
»Und warum nicht?«
»Es liegt Wochen zurück. Es
ist in Indonesien passiert.«
Thomas schiebt den Teller weg,
als würde er sich plötzlich vor dem Essen ekeln. »Sie war doch mit
ihrem Freund dort. Wie konnte das passieren?«
»Weil er es gewesen ist.«
»Mensch, Martha!« stöhnt
Thomas. Er fasst sich mit den Händen an den Kopf. Er sieht aus, als
wäre der Zahnschmerz mit voller Wucht zurückgekehrt.
Eine ganze Weile sitzen sie
schweigend da. »Thomas, ich gehe schnell auf den Balkon eine
rauchen«, sagt Martha schließlich.
»Nein. Bleib da. Rauche hier.«
Martha schaltet den Dunstabzug
über dem Herd ein. Dann legt sie den Arm auf seine Schulter und
streicht über seinen Nacken. Sie fühlt kalten Schweiß. Draußen
auf der Straße lachen Kinder.
»Thomas, jetzt muss ich aber
los. Sonst stehen Barbara und Rebekka vor der verschlossenen
Tür. Leg dich ins Bett. Ich komme morgen wieder. Und vielen
Dank für die Blumen.«
–14–
Martha kauft Kuchen, eine Flasche Rotwein und für
Rebekka eine Benjamin-Blümchen-Kassette.
Zu Hause stellt sie die Blumen
ins Wasser, setzt Teewasser auf und deckt den Tisch im Wohnzimmer.
Sie hätte gerne noch geduscht, aber es ist schon kurz nach halb
sechs.
Am offenen Fenster raucht sie
eine Zigarette. Rebekka und Barbara kommen gerade um die Ecke.
Rebekka hat ein rotes Nickituch wie ein Stirnband umgebunden. Ausgerechnet .
Sie öffnet die Wohnungstür,
bevor Rebekka klingeln kann. »Hallo, Mäuschen!« Es folgt eine
Aua-Umarmung; man drückt
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