Mensch, Martha!: Kriminalroman
Noll führt sie in ein
chinesisches Lokal in der Nähe des Justizzentrums, wo sie
anscheinend Stammgast ist. Sie wählen beide Ente mit fünf
Kostbarkeiten.
»Also Morgenstern, wie lautet
Ihr Plan B? Sie haben doch hoffentlich einen Plan B?«
Genau genommen hatte ich
nicht einmal einen Plan A.
»Ein guter Agent hat immer
einen Plan B«, sagt Martha. Aber es klingt alles andere als
optimistisch. Frau Noll lacht. Martha kann die Goldkronen auf ihren
Backenzähnen sehen.
»Da läuft was. Ich glaube das
nach wie vor. Die Hinweise in den Tagebüchern sind, das gebe ich zu,
mager. Aber sie passen. Und wenn bei den Filmen und auf seinem
Rechner nichts gefunden wird, heißt das für mich, dass er den Dreck
woanders hat.«
»Der Arbeitsplatz kommt nicht
in Frage. Fechter hat heute bei seinem Arbeitgeber nachgefragt. Der
hat da nicht einmal einen Spind.«
Der Kellner stellt die
Warmhalteplatten auf den Tisch. »Und wenn die Wolf doch mit von der
Partie ist?« überlegt Martha.
»Und wenn uns dieser
Radspieler doch einen Streich spielt?«
»Frau Noll, darüber habe ich
mehr nachgedacht als über alles andere. Aber ich steige nicht
durch.«
Das Essen kommt. Martha läuft
das Wasser im Mund zusammen. Wann habe ich das letzte Mal was
Richtiges gegessen? »Ich werde am Dienstag nochmals einen Anlauf
bei Corinna nehmen. Montag geht nicht, da mache ich ein Seminar über
Stressbewältigung«, sagt Martha zwischen zwei Bissen.
»Haben Sie das nötig?«
»Jeder hat das nötig.«
»Ich nicht.«
Nach dem Essen trinken Sie
grünen Tee. Martha schaut auf ihre Armbanduhr. »Ich muss dann los.
Um zwei kommt Zeller auf die Dienststelle.«
»Oder auch nicht.«
»Tja, oder auch nicht.«
»Dann kriegt er es offiziell.«
Der Kellner bringt die Rechnung
und zwei Glückskekse. Martha nimmt sich einen, packt ihn aus und
bricht ihn durch: »Wer seine Mitte
nicht verliert, der dauert. Laotse.«
»Na, dann passen Sie mal schön
auf Ihre Mitte auf!« mahnt Frau Noll.
»Was haben Sie erwischt?«
will Martha wissen.
» Über
Vergangenes mach dir keine Sorge, dem Kommenden wende dich zu.
Tsen-Kuang.«
»Also, das ist doch eine klare
Anweisung!« lacht sie.
Martha steckt ihr Zettelchen
hinter die Zellophanfolie der Zigarettenschachtel und klebt es
später mit Tesafilm auf ihre Schreibtischunterlage.
Frau Noll übernimmt die
Rechnung mit der Begründung »Morgenstern, ich mag Sie
einfach!« Wann habe ich das letzte Mal so etwas Nettes
gehört?
Frank Zeller kommt erst um drei. »Was
soll dieser Scheiß?« eröffnet er das Gespräch.
Martha klärt ihn darüber auf,
welcher Verdacht gegen ihn vorliegt, hält sich aber bedeckt,
aus welcher Ecke er kommt.
»Diesen Mist hat höchstens
Corinna, die falsche Schlange, erzählt.«
»Warum sollte sie das tun?«
»Weil dieses Mensch
eifersüchtig ist. Sie denkt, wenn ich ausziehe aus der Wohnung,
kann sie wieder nach Hause. Aber ihre Mutter ist eine Schlampe, die
ihr Leben nicht in den Griff kriegt.«
Letzteres zeigt sich
deutlich daran, dass sie einen wie dich in ihre Wohnung aufnimmt.
Zeller sitzt breitbeinig auf
dem Stuhl. Er trägt Stiefel mit einem für einen Mann zu hohen
Absatz und eine knallenge Jeans.
Hat der vorne ein Paar
zusammengestülpte Socken hineingesteckt? So, wie es von Mick
Jagger mal behauptet wurde?
Er holt eine Schachtel
Zigaretten aus der Jeansjacke. »Ich darf doch?«
»Nein, das ist ein
Nichtraucherbüro. Wie alle hier übrigens«, sagt Martha. Sie blickt
nicht zu Straßenberger, weiß aber trotzdem, dass er grinst.
»Im Grunde bin ich ja dankbar
für eure Durchsuchung!« Er lacht und stiert auf einen Punkt an der
Wand.
Martha ahnt, was jetzt kommt.
»Ich hab mit den beiden Hexen
weder Fotos noch Filme noch sonstwas gemacht. Das werden Sie mir
glauben, weil Sie alles durchgefieselt haben, was Sie da gestern
aus der Wohnung geschleppt haben.« Er holt sich einen Streifen
Kaugummi aus der Hosentasche und hebt ihn hoch. »Wird ja nicht
verboten sein, oder?« Er grinst. »Sie wissen es so gut wie ich:
Dieses Miststück wollte mich aufs Kreuz legen!«
»Warum haben Sie Corinna ein
Handy geschenkt?«
»Zzz! Ich wollte ihre
Sympathie gewinnen, was sonst?«
Nach einer Stunde geben Martha
und Straßenberger auf. Zeller klatscht sich mit den flachen Händen
auf die Oberschenkel und steht auf. »Es war mir eine Ehre!« Er holt
sich eine Zigarette aus der Schachtel und steckt sie hinter sein
Ohr.
»Der hat Dreck am Stecken!«
sagt Martha.
»Mag sein. Aber er fühlt
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