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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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zurückgekommen ist … ich habe eigentlich gar nicht so richtig verstanden, wovon meine Großmutter geredet hat, wenn ich ehrlich sein soll. Es war sicher auch nichts Wichtiges, aber ich hatte einfach das Gefühl, dass ich dich zumindest anrufen und noch einmal nachfragen sollte.«
    »Es war ihr Mann«, erklärte Olle Rimborg. »Ich meine, Kristina Hermanssons Mann. Die wohnten ja damals im Dezember hier im Hotel. Und Kristina und ich sind sogar in dieselbe Klasse im Gymnasium gegangen, sie war also sozusagen eine alte Bekannte von mir … ja, sie ist also deine Tante, oder?«
    »Stimmt«, bestätigte Kristoffer Grundt.
    »Nun ja, worüber ich nachgedacht habe … und was ich deiner Großmutter gegenüber erwähnt habe, ist die Tatsache, dass er mitten in der Nacht zurückgekommen ist, Kristinas Mann. Es hieß, er wolle spätabends noch nach Stockholm fahren, und das tat er ja wohl auch. Irgendwann gegen Mitternacht. Sie und das Kind blieben die Nacht über hier. Aber dann ist er kurz vor drei zurückgekommen …«
    »Warte mal«, bat ihn Kristoffer. »Von welcher Nacht reden wir jetzt? Ist das …?«
    »Die Nacht, in der dein Bruder verschwunden ist«, erklärte Olle Rimborg. »Ich hab ziemlich genau verfolgt, was die Zeitungen geschrieben haben, das ergibt sich ja fast von selbst. Dein Onkel verschwand in der Nacht von Montag auf Dienstag, und dein Bruder ist in der folgenden Nacht verschwunden. Zwischen Dienstag und Mittwoch mit anderen Worten. Das stimmt doch, oder? Und zwar in der Woche vor Weihnachten.«
    »Vollkommen richtig«, räumte Kristoffer ein, und gleichzeitig spürte er, wie sein Herz heftiger zu schlagen begann. »Du behauptest also …«, versuchte er seine Frage zu formulieren. »… du willst damit sagen, dass Jakob … wie heißt er noch … Jakob Willnius zuerst um zwölf Uhr nachts weggefahren ist … das muss direkt nach dem Ende der Feier bei meinen Großeltern gewesen sein … und dass er um drei Uhr zurückgekommen ist. Stimmt das?«
    »Genau«, bestätigte Olle Rimborg.
    »Und was ist dann passiert?«
    »Dann? Ja, dann sind sie am nächsten Morgen früh abgereist, die ganze Familie. Kristina und … wie hieß er noch?«
    »Jakob Willnius.«
    »… Jakob Willnius und ihr Kind. Ja, sie sind früh am nächsten Morgen abgefahren. Haben um sieben Uhr gefrühstückt und ungefähr um Viertel vor acht ausgecheckt.«
    Eine Weile blieb es wieder still.
    »Und?«, fragte Kristoffer Grundt dann.
    »Ja, das war alles«, sagte Olle Rimborg. »Es ist sicher nichts Besonderes, aber ich habe trotzdem ab und zu darüber nachgedacht. Hatte schon überlegt, Kristina während der Beerdigung jetzt im August danach zu fragen, aber sie sah so traurig aus, dass ich mich nicht aufdrängen wollte. Wir sind zwar Klassenkameraden gewesen, aber so richtig habe ich sie eigentlich nicht gekannt. Du weißt, wie das ist, man geht mehrere Jahre lang in dieselbe Klasse, aber man spricht fast nie miteinander.«
    »Ich weiß«, bestätigte Kristoffer Grundt.
    »Deshalb hast du also hier angerufen?«
    »Ja, ich denke schon«, sagte Kristoffer Grundt.
    »Na, eigentlich war es ja nichts. Aber es passiert ja nicht besonders viel hier in Kymlinge … wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ich verstehe«, sagte Kristoffer Grundt. »Auf jeden Fall vielen Dank.«
     
    Doch als er den Hörer aufgelegt hatte, fragte er sich, ob dem wirklich so war.
    Verstand er es?
    Wenn es da überhaupt etwas zu verstehen gab? Es schien nicht so. Jakob Willnius war in dieser Nacht ins Hotel zurückgekommen. War weggefahren und zurückgekommen. So what? Kristoffer schaute auf die Uhr. Es war zwanzig Minuten vor zehn am Vormittag. Zeit, sich in die Schule zu begeben, wenn man nicht noch eine Stunde versäumen wollte. Nun ja, dachte er, jetzt habe ich jedenfalls meinem Bruder einen Gefallen getan.
    Fast erwartete er, dass Henrik wieder in seinem Kopf auftauchte und sich bedankte. Das konnte man ja wohl erwarten?
    Aber es kam kein Bruder.
    Aus der Richtung war es still wie im Grab.

34
    W er ist sie?«, fragte Eva Backman. »Ich finde, so langsam ist es an der Zeit, damit herauszurücken.«
    Gunnar Barbarotti biss in eine Karotte und versuchte unergründlich auszusehen. Sie saßen im Kungsgrill, einen Steinwurf vom Präsidium entfernt – Spezialität Hausmannskost: alte, in Vergessenheit geratene Gerichte wie Kohlrübenmus und Eisbein, Heringskroketten in Korinthensoße, Kohlrouladen, Hecht in Meerettich mit ausgelassener Butter. Heute stand

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