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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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kein Zweifel. Seine Familie lag in Trümmern. Es hatte angefangen mit Henriks Verschwinden und war seitdem immer weiter bergab gegangen. Kaum ein Jahr war vergangen. Leif Grundt hatte sich ganz einfach niemals vorstellen können, dass so etwas eintreffen könnte, dass es überhaupt im Rahmen der Möglichkeiten lag. Manchmal musste er sich einfach fragen, wie es wohl in einem Jahr aussehen würde, wenn es in dieser Form weiterging. Wie würde es um Familie Grundt im Dezember nächsten Jahres stehen? Und des übernächsten?
    Gleichzeitig hatte er ein schlechtes Gewissen. Er konnte nicht so recht sagen, warum. Es war ja wohl kaum seine Schuld, dass Henrik verschwunden war? Oder dass seine Frau auf dem besten Wege war, wahnsinnig zu werden? Oder dass Kristoffer abrutschte?
    Dennoch war es so. Es nagte an seinem Gewissen. Vielleicht war es nur das, was Bischof Tutu gesagt hatte oder wer immer es gewesen war.
    Diejenigen, die die Kraft haben, sind es sich schuldig, durchzuhalten.
    Aber wenn er nun nicht mehr die Kraft hatte?
    Er stellte den Wagen wie üblich in der Garagenauffahrt ab. Wie er es schon tausend Mal zuvor gemacht hatte. Stieg aus und eilte die wenigen Schritte zur Haustür durch den Regen. Dachte, er hätte zumindest das Licht anlassen sollen, um die Leere zu kaschieren. Die Leere kaschieren? Woher kamen solche Ausdrücke? Etwas war mit seinen Gedanken passiert, mit den Worten, die ihm in den Sinn kamen. Sie schienen aus irgendeinem geheimen Vorrat in ihm zu stammen, den er noch nie zuvor wahrgenommen hatte. Noch nie hatte wahrnehmen müssen.
    Aber er hatte nun einmal kein Licht brennen lassen. Tat es aber jetzt, lief im Obergeschoss und im Erdgeschoss herum und schaltete überall die Lampen ein. Dann ging er ans Telefon und rief Berit in Uppsala an, um ihr mitzuteilen, dass Kristoffer wie geplant abgefahren war.
    Bei Berit sollte der Junge während des Praktikums wohnen. Leif Grundt hatte keine Geschwister, aber er hatte zwei ihm nahestehende Cousinen. Berit in Uppsala und ihren Zwillingsbruder Jörgen in Kristianstad. Henrik hatte im letzten Herbst auch ein paar Wochen bei Berit verbracht, bevor er das Zimmer im Triangeln bekommen hatte. Sie war geschieden, wohnte aber immer noch in einem jetzt viel zu großen Haus etwas außerhalb in Bergsbrunna zusammen mit ihrer zehnjährigen Tochter. Es war für sie selbstverständlich, Kristoffer aufzunehmen, genau wie sie Henrik vor einem guten Jahr aufgenommen hatte.
    Wie geht es ihm eigentlich?, hatte sie gefragt, und Leif Grundt hatte nicht gewusst, was er hätte antworten sollen.
    Nach dem Gespräch sank er am Küchentisch in sich zusammen und überlegte, wie er den Samstagabend herumbringen konnte. Und den Sonntag.
    Und wie man mit diesem bohrenden Gefühl, etwas versäumt zu haben, fertig werden könnte. Seine Ehefrau und seinen Sohn vernachlässigt zu haben.
    Ich hätte ihn nicht wegschicken sollen, dachte er plötzlich. Ich habe es ja nur getan, um eine Woche Ruhe zu haben. Wenn ich ein guter Vater wäre, dann hätte ich das Problem nicht auf diese Art und Weise gelöst.
    Aber ich bin so müde. Ich bin so todmüde.
    Er schaute auf die Uhr. Es war zwanzig Minuten vor fünf. Er stützte den Kopf in die Hände und begann zu weinen.

35
    K ristina nahm die U-Bahn bis Fridhemsplan und ging das kurze Stück zurück zur Inedalsgatan. Es war ein Sonntagnachmittag. Totensonntag, genau genommen. In drei Tagen war der erste Dezember, und am ersten Dezember sollte Walters Wohnung geräumt sein. Das hatte sie so mit dem Vermieter abgemacht, oder genauer gesagt mit demjenigen, der den Hauptmietvertrag unterschrieben hatte. Erik Renstierna.
    Sie hatte es schon zwei Mal verschoben. Hatte sowohl zum ersten Oktober als auch zum ersten November versprochen, die Wohnung zu räumen, hatte es aber nicht geschafft. Beim ersten Mal hatte Jakob Verständnis gezeigt – oder zumindest Gleichgültigkeit -, beim zweiten Mal war er nur noch wütend gewesen.
    »Welchen Sinn hat es, wenn wir die Miete für den Wichs-Tarzan für den Rest unseres Lebens zahlen?«, hatte er wissen wollen.
    Aber jetzt hatte sie die Sache geregelt. Morgen, am Montag, würde ein Umzugsunternehmen kommen und alle Besitztümer ihres Bruders in einen Lagerraum bringen, übermorgen kämen dann zwei diplomierte Putzleute. Falls sie noch etwas durchsehen oder sich eine Erinnerung mitnehmen wollte, dann war heute die letzte Chance. Beim Aufsetzen des Nachlassverzeichnisses war man sich über diese Vorgehensweise einig

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