Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
dem Älteren.«
»Ja, weil er nicht von allein aufgewacht ist, Papalein«, erwiderte Ebba. »Und was ist mit Walter? Ist er zurück?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Rosemarie.
»Du weißt es nicht? Was meinst du damit?«
»Na, dass ich es nicht weiß«, wiederholte Rosemarie. »Ich war noch nicht oben, um nachzusehen.«
Ebba betrachtete ihre Mutter mit einer Sorgenfalte zwischen den Augenbrauen. Es sah so aus, als wollte sie einen vorsichtigen Vorwurf loswerden, eine zarte Zurechtweisung von Tochter zu Mutter, aber was sie auch gedacht haben mochte, sie hielt es auf jeden Fall zurück.
»Irgendwelche Operationen noch vor Weihnachten?«, fragte Karl-Erik und setzte sich mit seinem Schälchen an den Tisch.
»Acht«, erklärte Ebba neutral. »Aber keine besonders komplizierten. Fünf morgen, drei am Freitag. Danach ein paar Tage Weihnachtsferien. Okay, Mama, ich werde raufgehen und nachschauen.«
Sie stand auf und verließ die Küche. Rosemarie schaute auf die Uhr. Es war kurz nach halb acht. Sie überlegte, ob sie ihre dritte Tasse Kaffee nehmen sollte, entschied sich aber lieber für ein Glas Samarin gegen das Sodbrennen. Ebenso gut, gleich das Übel bei den Hörnern zu packen. Karl-Erik blätterte inzwischen in seiner Zeitung. Ist er wirklich so unbekümmert, wie er tut?, dachte sie. Oder versucht er nur, sich den Anschein zu geben? Er wäre sicher nicht wenig überrascht, wenn sie ihm jetzt das Fleischmesser zwischen die Rippen schieben würde. Ob er es noch schaffte, etwas zu sagen, oder würde er nur wie ein Sack Kartoffeln auf dem Küchenboden zusammensacken?
Vielleicht hätte er gar nicht mehr die Zeit, überrascht zu sein.
Das werde ich nie erfahren, dachte sie müde. Sie mixte sich ihr Samaringetränk. Trank das Glas mit drei großen Schlucken leer und räumte anschließend die Geschirrspülmaschine aus. Karl-Erik saß schweigend da. Sie fragte sich, wie oft sie das schon getan hatte. Das saubere Geschirr aus der Geschirrspülmaschine geholt. Das war ihre dritte Maschine. Sie funktionierte ohne Probleme seit … wie lange war das her? Vier Jahre? Nein, mehr, mindestens fünf … sie versuchte nachzurechnen, während sie die Töpfe mit einem Küchenhandtuch abtrocknete, das war die einzige Sache, mit der sie nicht ganz zufrieden war, das Trocknen … ja, fast sechs Jahre waren es tatsächlich schon. Einmal, manchmal zweimal am Tag sechs Jahre lang, was machte das? Ziemlich viel, obwohl Karl-Erik ab und zu auch zupackte, das musste sie widerstrebend einräumen.
»Kommen sie zum Frühstück?«
»Was?«
»Kristina und die. Sie werden doch noch vorbeikommen und ein Brot essen, bevor sie abfahren, oder?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Rosemarie wahrheitsgetreu. »Doch, ich glaube, das ist so verabredet.«
»Du glaubst?«, fragte Karl-Erik.
»Ich kann mich nicht mehr erinnern«, sagte Rosemarie. »Da ist ja die Sache mit Walter, da ist es schwer, alles andere unter Kontrolle zu behalten.«
Karl-Erik gab keine Antwort. Las weiter in seiner Zeitung.
In drei Tagen soll Heiligabend sein, dachte Rosemarie müde. Und in drei Monaten ist es geplant, dass ich in ein Supermercado gehen muss, wenn ich einkaufen will. Was haben sie wohl für Geschirrspülmaschinen in Spanien? Aber wenn Ebba zurückkommt und sagt, dass Walter da oben in seinem Bett liegt, kam ihr plötzlich in den Sinn, dann verspreche ich, Karl-Erik ohne das geringste Meckern zu folgen. Sowohl zur Bank als auch nach Spanien.
Was ist das für ein merkwürdiger Deal?, dachte sie gleich anschließend. Das hieß doch so? Deal? Kuhhandel hieß es früher, ein Wort, das ihr vertrauter erschien. Aber warum brauchte sie den Kuhhandel – Walter gegen Spanien? Was waren das für idiotische Stimmen in ihrem Inneren, die darauf bestanden, dass sie sich für das eine oder das andere entscheiden musste? Dass es um die Frage eines Gleichgewichts der Hoffnung ging: Walters Leben oder das Haus in Kymlinge. Als wenn es vermessen wäre, sich einzubilden, dass sich beide Fronten klären könnten. Als wenn sie gezwungen wäre …
Ebba kam zurück.
»Nichts«, sagte sie. »Mein kleiner Bruder ist auch heute nicht zu Hause gewesen.«
Rosemarie spürte, wie ihr schwarz vor Augen wurde, und einen kurzen Moment lang war sie sicher, dass sie in Ohnmacht fallen würde.
Aber sie hielt sich an der Spüle fest und fand wieder ihr Gleichgewicht. Schloss die Klappe der Geschirrspülmaschine, obwohl sie noch nicht alles ausgeräumt hatte. Streckte den Rücken
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