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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Jahren.«
    Emile drehte sich wieder zu den Fotos um. Er zog die Stirn kraus, blähte die Nasenflügel, zischte leise – offensichtlich war er voll konzentriert. Niemand sprach.
    Der Fachmann für operative Fallanalysen hatte ihnen schon in der Vergangenheit mit wertvollen Tipps weiterhelfen können, und auch jetzt erhofften sie sich von ihm Hinweise, die ihnen eine baldige Festnahme ermöglichen würden.
    »Ich habe mir ein Vernehmungsprotokoll angehört. Windisch hat immer wieder darauf abgehoben, wie leicht es sei zu morden und zu manipulieren, weil er eben wüsste, wie es geht. Dazu passt, dass Dr. Pankratz meint, der tödliche Stich ins Herz wurde den Opfern in einem finalen Triumph beigebracht«, berichtete Nachtigall.
    »Ja. Dr. März hat mir die Protokolle der damaligen Vernehmung überlassen. Dieser Windisch ist ein sadistischer Narziss. Selbstverliebt und ohne jedes Mitgefühl für seine Opfer. Ich denke, er sieht in ihnen nur das Mittel zum Zweck und verschwendet keinen einzigen Gedanken an die Qualen, die seine Opfer durchleben. Er erfreut sich an der grenzenlosen Macht, die er über diese Frauen hat. Sperma?«
    »Ja. Am ersten Tatort, im Bad an einem Handtuch. In der Wohnung des zweiten Opfers wird noch gesucht.
    »Er vergewaltigt sie also nicht. Das bedeutet, dass ihm der Machtrausch genügt und er die sexuelle Handlung losgelöst davon vornimmt. Er denkt an die Frau im Nebenzimmer – das reicht ihm.«
    »Dieses Messer unter dem Nabel und das andere im Oberschenkel haben doch sicher auch eine Bedeutung für ihn, oder?«, fragte Michael Wiener.
    »Ja – es ist die letzte Dokumentation seines Triumphes. Er arrangiert sie und hinterlässt – sozusagen – ein Tüpfelchen auf dem I. Das Petersiliensträußchen neben der Kräuterbutter sozusagen.«
    »Nachdem er sie stundenlang gequält hat, war der Tod am Ende vielleicht eine Erlösung für die Opfer«, murmelte Albrecht Skorubski.
    »Nein, das glaube ich eigentlich nicht«, widersprach der Psychologe. »Sie haben bestimmt gehofft und ersehnt, dass es bald vorbei ist – aber in dem Alter sehnt man den Tod nicht unbedingt herbei. Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich bis zum Schluss am Glauben festklammerten, sie könnten das Ganze irgendwie überleben oder es käme von irgendwoher Rettung. Warum haben die beiden denn offene Augen?«
    »Weil er ihnen die Lider unterhalb der Brauen angeklebt hat. Mit Sekundenkleber. Wohl, damit er Publikum bis zum Schluss hat.« Nachtigall klang gereizt.
    »Denkbar. Hat er auch seinen früheren Opfern die Haare abrasiert?«
    Der Hauptkommissar schlug die Akte auf und drehte sie so, dass Couvier die Fotos sehen konnte.
    »Aha. Damals also auch schon.«
    »Ja. Er rasiert den gesamten Körper.«
    »Frauen sehen in ihrer Frisur oft eine Möglichkeit, ihre Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Sie leiden ja schon, wenn die Frisur nur nicht richtig sitzt. Rasiert er sie ab – nimmt er ihnen einen Teil der Identität, Selbstvertrauen und Selbstwert. Sie glauben, nun unansehnlich zu sein, und fühlen sich geschwächt. Und – früher wurden Frauen durch das Kahlrasieren des Kopfes bestraft. Sie mussten so öffentlich ihre Schande vor sich hertragen – zum Beispiel, wenn sie sich mit Soldaten der Besatzungsmacht eingelassen hatten. Möglich, dass diese Frauen für etwas büßen sollten: eine gestörte Mutter-Sohn-Beziehung zum Beispiel.«
    »Eher nicht«, widersprach Nachtigall. »Soweit ich weiß, ist er in einer Pflegefamilie aufgewachsen. In der Akte findet sich nichts, was darauf hindeutet, er könnte dort nicht liebevoll behandelt worden sein.«
    »Verstoßen von der leiblichen Mutter? Ausgesetzt? Abgeschoben?«
    »Möglich«, räumte er ein.
    »Er rasiert ja nicht nur das Haupthaar ab, sondern jegliche Körperbehaarung. Das gibt den Frauen etwas Kindliches, Weiches, Unberührtes. Und sie werden entpersönlicht. Er kostet die Hilflosigkeit der Opfer bis zum Ende aus, weidet sich daran. Dann schwingt er sich zum mächtigen Herrscher über Leben und Tod auf und bringt sie um.«
    »Und das Messer im Nabel?«
    »Macht. Weil ich es kann, tue ich es auch.«
    In der Stille hörte man eine Schmeißfliege übers Papier tapsen. Peter Nachtigall zuckte bei der Erinnerung an den Anblick von Evelyn Knabes Leiche zusammen.
    »Können wir denn gar nichts tun?«
    »Doch. Die Medien nutzen, über seine Vorgehensweise aufklären, davor warnen, Fremden die Tür zu öffnen.«
    »Das haben wir schon getan. Ich dachte, du könntest

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