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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Sperma auf ihrem Körper oder an einem völlig anderen Ort gefunden. Habt ihr dazu irgendwelche Informationen?«
    »Nein, aber wir werden morgen beim Anstaltsarzt nachfragen – du könntest vielleicht mit dem Kollegen sprechen, der ihn während der Haft psychologisch betreut hat.« Er zog fragend die Augenbraue hoch und Emile Couvier nickte. »Es ist ja nicht nur so, dass er sein Sperma in den Räumen der Opfer verteilt – es scheint ihm auch völlig gleichgültig zu sein, dass wir es dort finden!«, polterte Peter Nachtigall.
    »Nein«, korrigierte Couvier, »es ist ihm nicht gleichgültig, dass die Polizei es findet – er möchte, dass sie es findet. Es ist ihm wichtig, dass ihr wisst, mit wem ihr es zu tun habt! So könnt ihr die Morde nur schwerlich einem anderen Täter zuordnen.«
    »Das hat Peter auch schon gesagt. Er will unbedingt als Täter identifiziert werden.«
    »Und warum sollt ihm das so wichtig sei?«, fragte Michael Wiener.
    »Weil nur er weiß, wie es geht!«, antwortete Nachtigall und zog sich eine Jacke über.
     

29
    Hildegard Clemens lebte streng nach ihrem Bauchgefühl.
    Eigentlich hatte sie vorgehabt, ihr Leben im Einklang mit den Einflüssen des Mondes zu organisieren, war dabei jedoch auf unerwartete Schwierigkeiten gestoßen. Die zeitlichen Forderungen ließen sich nicht immer mit ihrem Streben nach Wohlgefühl in Übereinstimmung bringen, und so hörte sie schon bald nur noch auf das, was sie ihr ›inneres Bewusstsein‹ nannte. Und jetzt teilte ihr dieses ›innere Bewusstsein‹ eindringlich mit, irgendetwas sei nicht in Ordnung.
    Das Gefühl, der Nabel zöge sich ringförmig, pulsierend zusammen, war ihr nicht fremd und signalisierte eine lauernde Gefahr. Auch beim Gang auf die Toilette hatten sich Symptome gezeigt. Obstipation. Trotz all der natürlichen Unterstützung, die für eine geordnete Verdauung mit weicher Konsistenz hätte sorgen sollen. So war es fast zur Qual geworden. Verstopfung war bei ihr allemal ein Zeichen für Stress. Überhaupt hatte sie seit ein paar Tagen so ein flaues Gefühl im Bauch gespürt, etwas wie eine leichte Schwäche.
    Gerne hätte sie ihre Freundin dazu befragt, Erdmute, die für sie die entsprechenden Informationen bei den Mächten der Natur erfragen konnte. Aber dann wäre sie gezwungen gewesen, ihre Beziehung zu Klaus Windisch zu offenbaren. Und das ging natürlich auf gar keinen Fall. Wo sich seinetwegen schon die ganze Stadt in Aufruhr befand. Was hätte sie tun sollen, wenn Erdmute ihr riet, sich von Klaus zu trennen, ihn anzuzeigen, ihn zu verraten?
    Nein, wusste sie, einen solchen Gewissenskonflikt konnte sie sich gerade jetzt in ihrem eigentümlich labilen Zustand nicht zumuten.
    Hildegard Clemens warf einen prüfenden Blick auf die Straße hinaus.
    Der Streifenwagen stand noch immer an der Ecke. Die Nachbarn würden sich sicher schon an den wildesten Gerüchten berauschen. Hildegard wusste, dass man sie für einen eigenbrödlerischen Sonderling hielt. Die von ihr gemischten natürlichen Salben gegen Warzen, Ekzeme, Pilzinfektionen und Falten kauften sie dennoch bei ihr. Oder gerade deshalb, schloss sie realistisch. Jeder wollte das unheimliche Gefühl erlebt haben, der Kräuterhexe von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen. Und lebendig wieder aus dem Haus zu kommen. Es war wie eine Mutprobe.
    In sich gekehrt schnitt sie das Gemüse für den Eintopf klein.
    Klaus würde sicher hungrig wie ein Wolf sein, wenn er nachher käme. Natürlich erschwerte dieser Streifenwagen seine Besuche etwas, aber im Grunde doch nur unwesentlich. Er passte einfach ein bisschen mehr auf. Und außerdem war der Garten von der Stelle aus, an der der Wagen stand, ohnehin nicht gut einzusehen. Klaus kam durch den Keller.
    Was für ein mutiger Mann ihr Klaus doch war, zogen ihre Gedanken weiter Kreise, er verfolgte unerschrocken den wahren Täter, versuchte ihm aufzulauern und ihn zu schnappen. Deshalb war er gezwungen, nun jede Nacht unterwegs zu sein – auf der Jagd eben. Als sie ihm von ihrer Besorgnis um ihn erzählt hatte, wischte er ihre Ängste einfach nur mit einer lässigen Handbewegung weg. Es bliebe ihm doch gar keine andere Wahl, als selbst nach dem Täter zu fahnden, wo sich doch die Polizei nicht darum kümmerte.
    Das mochte stimmen, überlegte Hildegard, aber ein solch brutaler Mörder war zu allem fähig, wenn er merkte, dass er in der Falle saß. Sie stieß einen spitzen Schrei aus, als ihr das Gemüsemesser tief in die Fingerkuppe

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