Menschenfänger
Kriminalhauptkommissar! Hier spricht Benno Brusching!«, polterte die Stimme des IT-Unternehmers. »Jetzt hat Paula bereits ihre zweite Dosis verpasst! Und Sie legen Ihre Hände in den Schoß und tun gar nichts! Ich verlange, dass Sie mit harten Bandagen um das Leben meiner Frau kämpfen!«
»Das tun wir. Wir verhören Klaus Windisch, ziehen in seinem Bekanntenkreis Erkundigungen ein und überprüfen alle leer stehenden Gebäude im Stadtgebiet. Bei Ihnen hat sich niemand gemeldet, oder? Vielleicht eine Nachricht im Briefkasten?«
»Nein! Wie auch? Sie haben das Schwein doch schon! Oder glauben Sie jetzt an einen Komplizen?«
»Nein – aber denkbar wäre es schon. Jemand, den er bezahlt, damit er auf Ihre Frau aufpasst.«
»Ha! Gut, gut – ich bleibe hier und warte weiter! Aber halten Sie mir diese Schreckschraube vom Hals – Sie wissen schon, diese Freundin! Die hat gestern noch hier angerufen und beteuert, es täte ihr ja alles so leid und sie habe einen schrecklichen Fehler begangen – nie wieder könne sie sich von dieser Schuld befreien. Mann! Ich habe im Moment wirklich keinen Nerv für solche Geschichten!«
Hildegard Clemens, dachte Peter Nachtigall, die quälte nun offensichtlich das schlechte Gewissen. Zu spät. Viel zu spät!
»Ich halte Sie auf dem Laufenden. Wahrscheinlich komme ich im Laufe des Vormittags noch bei Ihnen vorbei.«
Keine Stunde später rauschte Dr. März wutentbrannt in Nachtigalls Büro.
»Haben Sie auch dieses Interview gehört?«, herrschte er das Team bebend vor Zorn an.
»Nein, wahrscheinlich nicht«, antwortete Nachtigall vage.
»Herr Dr. Benno Brusching behauptet in diesem Gespräch, die Polizei setze das Leben seiner Frau schuldhaft aufs Spiel. Er verkündete, er bräuchte nur fünf Minuten und schon wüsste er ganz genau, wo seine Paula zu finden sei – aber die Polizei verzichte großspurig auf seine Mitarbeit und verhindere somit ihre Rettung.«
Dr. März war sicher bis auf den Parkplatz hinunter zu hören.
»Er wollte Windisch verprügeln«, antwortete Nachtigall ruhig. »Fünf Beamte waren notwendig, um ihn davon abzuhalten und zu bändigen.«
»Trotzdem. Solche Äußerungen werfen ein verflixt schlechtes Licht auf uns. Gerade jetzt, wo doch eh schon ganz Deutschland nach Cottbus blickt. Und wir haben schließlich Windisch wieder eingefangen, ein Erfolg, oder?«
»Dr. Benno Brusching hat auch mich heute morgen angerufen, um mich aufzufordern, ›harte Bandagen‹ bei Windisch anzuwenden. Ich habe ihm zu verstehen gegeben, dass wir mit aller Kraft an diesem Fall arbeiten.«
»Gut so. Wacker. Dann sehen Sie zu, dass Sie diesem Windisch sein Geheimnis rasch entlocken. Kaum vorstellbar, was hier passiert, wenn wir Paula Brusching nicht lebend finden können!« Damit war er wieder verschwunden.
Peter Nachtigall betrachtete seine Notizen. Beim ersten Gespräch heute früh hatte Windisch sehr verschlossen reagiert, vielleicht sollte er jetzt das zweite etwas ungemütlicher gestalten.
»Albrecht, wir vernehmen Windisch noch mal. Mal sehen, ob er uns jetzt ein bisschen entgegenkommen will.«
Klaus Windisch sah interessiert auf, als die beiden Ermittler den Raum betraten. Außer einem Tisch mit drei Stühlen, einem Stuhl an der Tür für den wachhabenden Polizisten und einem Aufnahmegerät gab es kein Mobiliar.
»Aha. Eine neue Runde?« Windisch verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen.
Albrecht Skorubski nahm Platz, Nachtigall stützte nur die Hände auf den Tisch.
»Es gibt Neuigkeiten. Der Ehegatte des letzten Opfers möchte gerne selbst mit Ihnen sprechen.«
»Aha. Was bietet er? Geld? Einen tollen Anwalt? Freiheit?«, der kleine Mann leckte sich die Lippen.
»Prügel.«
Windisch winkte gelangweilt ab.
»Er möchte, dass wir Sie foltern«, erklärte Peter Nachtigall.
»Das dürft ihr gar nicht. Ich kenne mich da aus. Auch blaue Augen und gebrochene Knochen oder Platzwunden – ich melde alles weiter.«
»Sie könnten uns auch einfach erzählen, wo die Frau steckt. Sie haben nichts davon, wenn sie stirbt – im Gegenteil: Vor Gericht wird das Ihr Urteil eher verschärfen.«
»So ein Blödsinn. Da kann man nichts mehr verschärfen. Drei neue Opfer – was soll da noch entschärft werden, hä?«
Ein träumerischer Ausdruck glitt über Windischs Gesicht und er lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück.
»Aber so – so ist es auch nicht schlecht. Ich kann mir abends in meiner Zelle vorstellen, wie sie leidet, wie sie qualvoll zugrunde
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