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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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geht. Vielleicht verdurstet. Ich glaube, ich habe mal gehört, ein Mensch kann nur maximal drei Tage ohne Flüssigkeit überleben. Stimmt, nicht wahr? Und wenn ihr sie dann irgendwann tot findet, wird es für mich fast so genussvoll sein, als wäre sie durch meinen Todesstoß gestorben.«
    Ekel. Peter Nachtigall wandte sich angewidert ab.
    »Empfindlich?«, lachte Klaus Windisch und schlug sich auf die Oberschenkel.
    So kamen sie nicht weiter.
    »Evelyn Knabe hat sich das Leben genommen. Ihr wurde plötzlich klar, was für ein Monster sie auf die Stadt loslassen würde.«
    »Ja. So war es wohl. Bis dahin glaubte sie fest an meine Unschuld. Irgendetwas muss sie vom Gegenteil überzeugt haben. Sehen Sie, das ist mein Kapital. Ich lasse sie in dem Glauben, man müsse mich retten, ich sei das Opfer eines schrecklichen Justizirrtums, sei in Wahrheit völlig unschuldig. Und sie glauben es – weil ich es kann und sie es möchten!«
    Diese Formulierung war Nachtigall schon aus den Protokollen bekannt.
    »Weil Sie es können? Was können Sie denn?«
    »Aber das ist doch klar, oder? Ich kann sie alle fangen, mir entkommt keine. Ich erzähle Geschichten. Diese Frauen, seien wir doch mal ganz ehrlich, diese Frauen haben sich in meiner Gesellschaft sehr wohl gefühlt, waren entspannt und fröhlich. Natürlich nur bis zu einem bestimmten Punkt unserer Bekanntschaft.«
    Ein listiger Ausdruck schlich sich in seinen Blick, als er »selbst die Letzte« hinzufügte.
    »Was haben Sie den Frauen denn erzählt?«
    »Belanglose Geschichten. Erfundene Details über mich. Das schafft Vertrautheit. Als ob man sich schon seit Jahren kennt. Der Ersten trug ich die Einkäufe hoch und erzählte von einem Hund meiner angeblichen Oma. Es war ganz leicht. Wir weisen niemanden zurück, der uns seine Hilfe anbietet, schon gar nicht dann, wenn er schon geholfen hat. Das ist unhöflich, und so vermeiden wir es. Es ist so einfach. Ich weiß, wie es geht, und deshalb funktioniert es auch so gut.«
    »Alexandra Legner? Was haben Sie ihr erzählt?«
    »Wenig. Sie war nicht so zugänglich wie die anderen. Es ging aber dann doch. Sie hat mir abgenommen, dass ich eine Nachricht hinterlassen muss, und als sie Zettel und Stift aus der Wohnung holen wollte, war ich nicht mehr aufzuhalten.«
    »Und Franka Lehmann? Wie haben Sie sie zum Mitgehen überredet?«
    »Oh – das. Neben Höflichkeit lernen die meisten von uns auch Hilfsbereitschaft. Sie war nur zu gerne bereit, eine Kiste Bücher für meine angebliche Schwester bei sich einzulagern. Und weil wir uns von einer vorherigen Begegnung im Hausflur ja quasi schon gut kannten, hatte sie keine Bedenken, mich zum Auto zu begleiten, und als sie reinguckte, musste ich nur noch sanft zuschlagen.« Windisch war wirklich sehr zufrieden mit sich.
    »Warum haben sie diese Frau verschleppt? Ist es schöner, sie in Ihrem dreckigen Versteck zu quälen und zu töten?«, Albrecht Skorubskis Stimme bebte vor Ärger.
    »So, wie Sie das sagen, klingt es nicht richtig. Lassen Sie mich es in Worte fassen, ich kann das besser!«, fauchte der Verhaftete böse und fuhr dann mit warmer, träumerischer Stimme fort, »Ich genieße den Körper dieser Frauen, das zischende Geräusch, wenn sie durch die Nase einatmen, während ich ihnen unsägliche Schmerzen zufüge, ist unglaublich erregend. Sie möchten gerne schreien, doch der übliche Weg ist ihnen durch das Klebeband versperrt. Also suchen sie nach anderen Ausdrucksformen, bis dann ihr gesamter Körper ein einziger Schrei ist. Dieser verbindet sich dann mit meinem in einem Moment einzigartiger, großartiger Gemeinsamkeit, wenn ich ihnen das Messer ins Herz stoße.«
    Seine Augen sprühten vor Begeisterung.
    In das entstandene Schweigen stellte Nachtigall fest: »Aber gerade diesen Moment können Sie mit Paula Brusching nicht mehr erleben. Wo haben Sie diese Frau versteckt?«
    »Für wie dumm halten Sie mich eigentlich? Wenn ich euch das verrate, sperrt ihr mich einfach weg und holt mich erst zum Prozess wieder aus meinem Loch! Kein Aas wird sich dann noch für meine Geschichte interessieren!«
    Paula Brusching lief die Zeit davon.
    Und Peter Nachtigall gingen die Argumente aus.
     
     
    Er signalisierte Skorubski, die Vernehmung abzubrechen.
    »Wir fahren zum Haus von Dr. Brusching.«
    »Gut. Ich hol schnell meine Jacke.«
    Sie kehrten ins Büro zurück. Kaffeeduft hing in den Räumen. Das Geschenk von Marnie arbeitete gurgelnd im Hintergrund.
    »Michael, ich will in etwa zwei Stunden

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