Menschenfänger
Regal und begann, sich mit den Buchtiteln zu befassen.
»Wie meinen Sie das?«
Benno Brusching ließ sich schwer in die gegenüberstehende Couch fallen und starrte sehnsüchtig sein leeres Glas an.
»Ist Ihre Ehe glücklich? Keine außerehelichen Affären?«
Brusching schwieg lange, starrte vor sich hin und atmete in regelmäßigen Abständen tief durch. Peter Nachtigall wartete geduldig.
»Meine Frau ist krank.«
Der große Mann griff nach der Flasche und goss sich den Rest ins Glas, setzte an und kippte die goldene Flüssigkeit mit einem Zug hinunter.
»Sie ist schon länger krank. Hat Schmerzen und klagt über Erschöpfungszustände.« Benno Brusching drehte das leere Glas in seinen Pranken und starrte auf einen kleinen Tropfen, der sich im Kreis bewegte. »Sie riet mir, eine Beziehung zu jemand anderem aufzunehmen. Es sei in Ordnung, nur Sex, keine Liebe. Schließlich bin ich ein gesunder junger Mann!«, setzte er dann als Rechtfertigung hinzu.
»Ihre Frau hat Sie dazu ermuntert, sich eine andere für Ihre sexuellen Bedürfnisse zu suchen?«, fragte Albrecht Skorubski ungläubig.
»Aber ja! Nur Sex, keine Liebe. Das war ihre einzige Bedingung. Und daran habe ich mich auch immer gehalten«, beteuerte Benno Brusching und sah Nachtigall an, als wolle er um Verständnis bitten.
»Dann haben Sie Ihrer Frau auch immer erzählt, wenn Sie sich mit jemand anderem getroffen haben?«
»Naja – anfangs ja, aber ich hab ja gesehen, dass es für sie nicht so leicht war. Und dann habe ich es nur noch ab und zu erwähnt.«
»Das ist zumindest ein bemerkenswertes Arrangement. Es gibt bestimmt nicht viele Frauen, die so etwas angeregt hätten.«
»Meine Frau liebt mich und ich liebe sie. Das ist der Grundpfeiler unserer Ehe. Ich habe ausgeprägte Triebe, und sie wollte, dass ich trotz ihrer Erkrankung glücklich bin. Sie ist eine großzügige Frau.«
Peter Nachtigall wurde ungeduldig. Er glaubte nicht daran, dass sich ein solches Abkommen problemlos umsetzen ließ.
»Wollte sie vielleicht nur Ihren Mann nicht verlieren?«
»Sie meinen, ich hätte sie in ihrem Zustand allein gelassen, weil ich Spaß mit einer Frau haben möchte? Was glauben Sie eigentlich? Paula ist meine große Liebe!«
Benno Bruschings Gesicht hatte sich hochrot verfärbt, und er sah aus, als wäre er bereit zuzuschlagen. Nachtigall richtete sich zu voller Größe auf, als der andere auf die Füße sprang. Sie taxierten sich, und Brusching sah ein, dass er dem Hauptkommissar körperlich nicht gewachsen sein würde. Er keuchte, aber versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bringen.
»Hören Sie – dieses Arrangement war ohnehin Vergangenheit. Paula gehts gut. Wir sind wieder in allen Lebensbereichen miteinander glücklich!«
»Haben Sie sich nie gefragt, ob Ihre Frau nicht vielleicht auch einen ›Überbrückungspartner‹ hat? Es gibt keine Spuren für ein gewaltsames Eindringen in Ihr Haus, keine Anzeichen eines Kampfes, keine Hinweise auf eine Verschleppung. Wie können Sie denn so sicher sein, dass Ihre Frau nicht doch freiwillig gegangen ist? Ihre Medikamente kann sie längst von einem anderen Arzt in einer anderen Stadt weiterverordnet bekommen haben!«
»Sie haben einen Mann gefangen, der behauptet, lustvoll auf den Tod meiner Frau warten zu wollen. Er wird Ihnen ihr Versteck nicht verraten, bevor er nicht sicher sein kann, sein Ziel erreicht zu haben! Kümmern Sie sich lieber um den! Raus! Machen Sie, dass Sie raus kommen!«, brülle Benno Brusching, und die beiden Ermittler verließen eilig die Villa.
»Mann, ich dachte wirklich, der schlägt gleich zu.« Albrecht Skorubski warf sich hinter das Steuer des Wagens und startete den Motor.
»Ja, sah wirklich für einen Moment so aus. Wir müssen noch rausfinden, wie seine Partnerinnen heißen, und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass er bei einer dieser Beziehungen war, als seine Frau verschwand. Vielleicht ist er so gereizt, weil er sich schuldig fühlt.«
»Willst du etwa noch mal klingeln und nach den Namen fragen?«
»Wird wohl nicht anders gehen – oder möchtest du das übernehmen?«
Das brachte Nachtigall einen langen, stummen Blick des Kollegen ein, und er lachte.
»Manchmal ist es nicht schlecht, so groß zu sein – und dann stört das Übergewicht auch kaum.«
Er schob sich wieder aus dem Wagen und baute sich vor der Haustür der Villa auf.
Albrecht Skorubski behielt ihn gut im Auge. Im Zweifelsfall hätte er nicht gezögert, seinem Freund
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