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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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beruflichen Dingen nicht interessiert. Er braucht aber jemanden, mit dem er darüber sprechen kann, wenn er Erfolge hat oder Ärger. Zum Glück hat er mehr Erfolg als Probleme«, setzte er lächelnd hinzu.
    Peter Nachtigall lächelte zurück und beugte sich zu seinem Zeugen über den Tisch. In süßlichem Ton fragte er dann: »Würde es Sie sehr überraschen zu hören, dass Herr Brusching uns Ihren Namen im Zusammenhang mit einer außerehelichen Affäre gab? Einer vorübergehenden Beziehung, die seine Frau genehmigt hatte?«
    Das junge, freundliche Gesicht verschloss sich, und die Lippen wurden schmal.
    »Das war mal so. Zu Beginn«, räumte der Zeuge trotzig ein.
    »Und jetzt hat er die Beziehung zu Ihnen beendet.«
    »Was! Oh, nein – Sie meinen, weil es Paula schon besser geht. Wir haben beschlossen, noch zu warten.«
    »Weiß Frau Brusching, dass M. Lukas ein Mann ist?«
    »Das müssen Sie Benno fragen. Ich habe ja nie mit seiner Frau gesprochen.«
    »Finden Sie nicht, dass dieses ganze Arrangement ziemlich ungewöhnlich ist? Ich glaube, nicht viele Frauen hätten so einer Regelung zugestimmt.«
    »Ja, das mag schon sein. Es tut mir leid, aber mit Frauen kenne ich mich nicht so gut aus.« Wieder schob er mit einer affektierten Bewegung die Strähne aus dem Gesicht.
    »Haben Sie von dieser Absprache gewusst, als Sie Herrn Brusching kennenlernten?«
    Ein geringschätziges Lächeln zog über Martin Lukas’ Gesicht und verschwand eilig wieder.
    »Ich weiß ja nicht, wie Sie Ihre Beziehungen organisieren – aber ich bevorzuge ehrliche Partner.«
    Peter Nachtigall lächelte den jungen Mann an.
    »Sie wussten demnach um Ihre Rolle.«
    »Als Lückenbüßer? Aber ja – von Anfang an.«
    »Wo haben Sie sich kennengelernt?«
    »Im STUK. Diskos und Clubs sind gute Orte, um jemanden zu treffen, der auch gerade solo ist.«
    Nachtigall schwieg und betrachtete sein Gegenüber neugierig. Lukas trug einen perfekt geschnittenen dunklen Anzug, ein weißes Hemd, keine Krawatte, aber ein Halstuch. Die Schuhe glänzten fast so intensiv wie die Emile Couviers, und der Mantel musste ein halbes Kommissarsmonatsgehalt gekostet haben. Was für einen Beruf hatte dieser junge Mann eigentlich?
    »Wenn ich Sie mir so ansehe, fragen Sie sich bestimmt gerade, in welchem Beruf ich so viel Geld verdiene, um mir das alles leisten zu können, nicht wahr?«
    Nachtigall zuckte nicht einmal zusammen, sondern antwortete ruhig.
    »Ja, das stimmt.«
    »Ich arbeite als Systemadministrator in einem großen Betrieb. Aber damit verdiene ich natürlich nicht genug, um diesen Lebensstandard zu erreichen. Ich habe geerbt.«
    »Aha. Und nun sehen Sie sich nach einem neuen Partner um?«
    »Nein! Bisher haben wir unsere Beziehung diskret geführt, und das werden wir auch weiterhin tun. Kein Problem! Machen Sie sich frei von der Auffassung, neben Ihrer spießigen Welt gäbe es keine anderen Formen des Zusammenlebens«, forderte Lukas dann.
    Spießig! Der Pfeil traf genau ins Ziel. Peter Nachtigall zuckte zusammen. War sein Leben nicht wirklich spießig? Konnte er deshalb die Entscheidung seiner Tante nicht akzeptieren, weil er mit Scheuklappen dachte? Was war falsch daran, an Liebe und Ehe zu glauben? Ein schmerzhafter Verdacht breitete sich in ihm aus wie ein wucherndes Geschwür: Wollte Conny vielleicht deshalb nicht zu ihm ziehen – weil er ihr zu spießig war?
    »Wer weiß? Möglicherweise wird Paula Brusching sogar eine lockere Dreierbeziehung akzeptieren, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie sieht das alles nicht so eng, glaube ich«, setzte Lukas in süffisantem Ton hinzu und erhob sich. »Wenn Sie dann keine weiteren Fragen mehr haben …«
    »Nein. Im Moment nicht. Hinterlassen Sie bei meinem Kollegen Ihre Mobilfunknummer, damit wir Sie jederzeit erreichen können, wenn sich noch Fragen ergeben«, antwortete Nachtigall unwirsch und wedelte Martin Lukas mit einer Handbewegung aus seinem Büro hinaus.
    »Spießig!«, zischte er wütend, als sich die Tür hinter dem Zeugen schloss. Er fühlte sich mit einem Mal müde und alt. Wieso sammelte er überhaupt all diese Informationen über Benno Brusching und seine Ehe, sein Vermögen, überprüfte dessen Alibi – war das noch polizeiliche Gründlichkeit oder lag es daran, dass sein Denken sich in einem Schuhkarton bewegte? Wütend donnerte er mit der Faust auf den Tisch. Sie hatten den Täter doch schon! Es gab nicht wirklich einen Grund, daran zu zweifeln. Klaus Windisch hielt ein weiteres Opfer irgendwo

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