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Menschenhafen

Menschenhafen

Titel: Menschenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Lockruf des Meeres nicht mehr hören zu müssen.
    Sie hatte Gustavs Wermut am Ufer unterhalb von Smäcket gepflanzt, wo er sich im Verborgenen ausbreitete, ohne dass jemand nach ihm fragte.
    Mit Simon begann Anna-Greta ein anderes Leben, zu dem das Meer keinen Zutritt hatte. So wäre es wahrscheinlich weitergegangen, wenn Johan nicht eines Abends viele Jahre später zu ihr gekommen wäre und ihr von der Insel erzählt hätte, die ihn bedrängte, von den Stimmen, die zu ihm sprachen.
    Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Mit der Zeit ge lang es ihr, Margareta Bergwall zu entlocken, was es über das Meer zu wissen gab. Sie hatte einen Trumpf in der Hand, weil sie etwas zu bieten hatte, was es bisher nicht gegeben hatte: ein Mittel zur Verteidigung. Binnen weniger Jahre blühten auf mehreren Grundstücken der Eingeweihten Wermutpflanzen, und Anna-Greta stieg in der Achtung aller.
    Sie hütete sich, Simon in die Sache hineinzuziehen. Auch wenn das Meer launisch war und sich manchmal seine Opfer auch unter den Unwissenden suchte, war es doch ganz offensichtlich so, dass die Gefahr, den Lockruf zu vernehmen oder geholt zu werden, umso größer war, je mehr man wusste.
    Und Gustav Jansson?
    Niemand wusste, was vorgefallen war. Vielleicht war ihm der Wermut ausgegangen, vielleicht ging etwas anderes schief, im Eiswinter 1957 blieb sein Leuchtturm jedenfalls plötzlich dunkel. Es war eine Nacht mit schwerem Schneetreiben, und man konnte sich erst am nächsten Morgen zur Insel hinausbegeben.
    Gustavs Mantel und Schuhe waren nicht im Haus, folglich musste er aufs Eis hinausgegangen sein. Der nächtliche Schneefall hatte jedoch alle Spuren verwischt.
    Erst im Frühjahr, als der Schnee auf dem Eis schmolz, fand man einen Hinweis darauf, was aus Gustav geworden war. Auf dem blanken Eis vor der Insel sah man Fußspuren. Wo Gustav gegangen war, hatte er den Schnee zusammengepresst, weshalb dieser nun langsamer schmolz als der lose Schnee ringsum.
    Eine Reihe gespenstisch weißer Fußspuren lief über das glänzende Eis Richtung Festland. Man konnte ihnen mehr als einen Kilometer weit folgen. Dann hörten sie abrupt auf. Mitten im Nichts, in knapper Sichtweite von Ledinge, lag der letzte Fußabdruck. Dort endete die Spur.
    Vielleicht war es dem Wind gelungen, die restliche Spur zu verwehen, vielleicht war Gustav an dieser Stelle zusammengebrochen und später auf unbekannte Weise geholt oder geschleift oder angehoben worden.
    Jedenfalls war er verschwunden, und ein Jahr später wurde der Leuchtturm auf Stora Korset automatisiert und die Leuchtturmwärterwohnung an einen ornithologischen Verein vermietet, der rund um den Leuchtturm Blinklichter montierte, um die Kleinvögel zu warnen.
    Korrektur
    Anna-Greta hatte ihre Geschichte gerade beendet, als die Haustür aufging. An den Schritten und der Art, in der die Tür aufgezogen wurde, hörte man, dass es Anders war. Als er die Küche betrat, flackerten seine Augen unruhig, und er rieb sich die Hände, wie Simon es von Johan gekannt hatte. Nervös, ungeduldig.
    »Ich wollte dir nur sagen, dass ich mir dein Boot ausgeliehen habe«, sagte Anders. »Und dass ich morgen kommen werde. Gratuliere.«
    Anders schien gleich wieder gehen zu wollen, aber Anna-Greta sagte: »Setz dich doch. Trink einen Schluck Kaffee.« Anders biss sich auf die Lippen und rieb sich die Hände, zog dann jedoch Jacke und Mütze aus und zog sich einen Stuhl heran.
    »Du bist rausgefahren?«, fragte Simon, und Anders nickte. Anna-Greta goss ihm ein, und Anders trank den Kaffee, wobei er seine Hände um die dünne Kaffeetasse legte, als würde er frieren. »Ich war auf Gåvasten.«
    Anna-Greta legte die Hand auf seinen Arm. »Was ist passiert?«
    Anders zuckte krampfhaft mit den Schultern. »Nichts. Nur, dass ich von meiner eigenen Tochter besessen bin und sie irgendwo im Meer ist und die Möwen wachen …«
    »Es sind noch mehr«, sagte Anna-Greta. »Mehr Menschen, die … besessen sind.«
    Simon wunderte sich, dass Anna-Greta offen über etwas sprach, das mit dem Meer zu tun hatte. Vielleicht fand sie, dass man Anders diese Information nicht vorenthalten konnte und es besser war, wenn er es so erfuhr. Anders’ Fuß, der auf dem Fußboden getrommelt hatte, kam zur Ruhe, und er lauschte aufmerksam, als Anna-Greta berichtete, was mit Karl-Erik und den Kindern auf dem Schiffsanleger geschehen war.
    »Aber warum?«, fragte Anders, als sie fertig war. »Warum passiert das hier? Wie ist das möglich?«
    »Das kann ich

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