Menschenhafen
gerne sagen, wie froh ich bin. Dass ihr gekommen seid, dass mir die … Gnade zuteil geworden ist, die wunderbarste Frau zu heiraten, die jemals in einem Boot gesessen hat. Oder nicht in einem Boot gesessen hat.«
Manche lachten, und es wurde ein wenig applaudiert. Anna-Greta senkte kleidsam den Blick.
»Und dann ist da noch etwas … und ich weiß nicht, wie ich es … es gibt da etwas, das ich euch erzählen muss, und ich weiß nicht richtig … es sind so viele …«
Simon schaute sich im Saal um. Mittlerweile war es vollkommen still. Jemand hatte seine Gabel schon halb zum Mund geführt und senkte sie langsam wieder, während Simon nach den richtigen Worten suchte.
»Was ich sagen wollte«, fuhr Simon fort, »… jetzt, wo so viele Bewohner Domarös versammelt sind … und es ist vielleicht nicht ganz die passende Gelegenheit, und ich weiß nicht recht, wie ich es sagen soll, aber …«
Simon verstummte erneut, und Anders hörte, dass Gerda Lisa zuflüsterte: »Ist er betrunken?« Lisa nickte daraufhin und kniff die Lippen zusammen, während Anna-Greta unter dem Tisch vorsichtig an Simons Hosenbein zog, damit er sich wieder setzte.
Simon traf eine Entscheidung, drückte den Rücken durch und sprach mit deutlicherer Stimme. »Es gibt keine vernünftige Art, es zu sagen, deshalb sage ich es jetzt einfach, und dann müsst ihr damit umgehen, wie ihr wollt.«
Lisa und Gerda hatten sich auf ihren Stühlen zurückgelehnt und sahen Simon, die Arme vor der Brust verschränkt, missbilligend an. Die übrigen Gäste tauschten Blicke aus und fragten sich, was sie erwartete. Augenbrauen wurden ein Stück gehoben, als Simon an einem ganz anderen Punkt anzusetzen schien.
»Die Brunnen auf Domarö«, sagte er. »Ich weiß, dass einige von euch Probleme mit dem Eindringen von Salzwasser haben, dass das Trinkwasser schlechter wird, weil Meerwasser einsickert.«
Vereinzelt wurde genickt. Auch wenn man nicht ganz verstand, warum Simon das Thema ansprach, so war dies doch wenigstens eine unbestreitbare Tatsache. Als Simon weitersprach, richtete sich sein Blick von Zeit zu Zeit flackernd auf Anders.
»Wir haben in letzter Zeit auch eine Reihe anderer Probleme gehabt. Mit Leuten, die sich auf einmal seltsam oder sogar … bösartig benommen haben. Die nicht sie selbst zu sein scheinen, um es mal so auszudrücken.«
Wohl wahr, nickten einige zustimmend. Auch das konnte man unterschreiben. Als Nächstes würde bestimmt noch eine Litanei darüber kommen, dass es keinen Kabeljau mehr gab, eine weitere traurige, aber unbestreitbare Tatsache.
»Was ich sagen wollte«, fuhr Simon fort, »ist Folgendes. Ich habe herausgefunden, dass diese beiden Dinge zusammenhängen. Diese … Krankheit oder wie wir es nennen wollen, befällt alle, die Salzwasser in ihren Brunnen haben. Und deshalb … ihr, die ihr hier versammelt seid, trinkt nicht von eurem Wasser!«
Wenn Simon sich bei seinen Zuhörern ein Aha-Erlebnis erhofft hatte, sah er sich getäuscht. Die meisten betrachteten ihn skeptisch oder verständnislos. Simon breitete die Arme aus und erhob die Stimme.
»So dringt das Meer ein! Begreift ihr das denn nicht? Sie sind im Meer und sie … dringen durch das Wasser in unseren Brunnen ein. Wenn wir aus ihnen trinken, gelangen sie in unseren Körper und wir werden … anders.«
Als Simon immer noch nicht die gewünschte Reaktion erzielte, seufzte er und sagte resignierter: »Ich bitte euch nur, meinen Worten Glauben zu schenken. Trinkt kein Wasser, das salzig schmeckt. Wir können der Einfachheit halber auch sagen, dass es giftig ist. Trinkt nicht davon.«
Simon ließ sich schwer auf seinen Stuhl fallen, und es blieb lange still. Dann wurden rund um den Tisch murmelnd Gespräche geführt. Anna-Greta lehnte sich zu Simon hinüber und sagte etwas. Lisa und Gerda hatten immer noch die Arme vor der Brust verschränkt und schienen auf eine Fortsetzung zu warten.
Und Anders …
Es war, als hätte er bis zu diesem Moment die Bruchstücke einer Melodie gehört. Manchmal schwach, wie durch die Wand aus einem anderen Zimmer. Manchmal stärker, aber schnell entschwindend, wie von einem Auto, das mit voll aufgedrehter Stereoanlage vorbeifuhr. Manchmal nur einzelne Töne im Säuseln der Bäume und dem nächtlichen Tropfen des Wassers.
Mit Simons Worten trat das ganze Orchester aus der Dunkelheit heraus und schmetterte los, dass ihm fast die Trommelfelle platzten und sein Körper wie gelähmt war.
Das Wasser. Natürlich. Das
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