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Menschenhafen

Menschenhafen

Titel: Menschenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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prügelt sich total gern …
    Anders schnaubte. Tino Tatz war in Majas Version wesentlich interessanter. Jemand, der das Gute wollte, es aber einfach nicht sein lassen konnte, sich zu prügeln, wenn sich ihm eine Gelegenheit dazu bot.
    Wie sie.
    Ja, vielleicht. Vielleicht zerschlug sie die Sachen, weil sie die Lieder zerschlug. Sie mussten gespalten und wie sie werden. Aber interessanter.
    Anders zog eins der Tino-Tatz-Comics heran, die er mitgenommen hatte, und stellte fest, dass die Geschichte erstaunlich gut zu dem passte, was hier vorging. Klein-Hops gewann eine Reise in ein Skihotel. Es zeigte sich, dass es dort spukte. Das Gespenst schien es auf Klein-Hops abgesehen zu haben, aber Schalenmann durchschaute, wie immer, was los war.
    Er konstruierte eine Maschine, die ein Klein-Hops-Gewand über das durchsichtige Gespenst fallen ließ. Das Gespenst sah sich im Spiegel und wurde lieb. Es hatte es überhaupt nicht auf Klein-Hops abgesehen. Es war gar nicht hinter Klein-Hops her gewesen. Es wollte nur so sein wie er.
    Anders spürte, dass in seinem Kopf etwas abgeschaltet wurde, während er die Geschichte las, und er erst wieder zu sich selbst zurückkehrte, als er den Comic fortlegte.
    Ich bin das Gewand. Der sichere Hafen.
    Er wollte schlafen. Er wollte, dass Maja die Kontrolle übernahm und ihm in irgendeiner Form den Weg wies. Ehe er sich auszog, stellte er den Stuhl neben das Bett. Auf den Stuhl legte er einen Stift und einen aufgeschlagenen Collegeblock. Anschließend trank er drei Schlucke Wasser, zog sich aus, legte sich ins Bett und kniff die Augen zu.
    Es dauerte nur wenige Minuten, in denen er seine Augen krampfhaft geschlossen hielt, bis er einsah, dass er hellwach war. Er hatte nicht die geringste Chance einzuschlafen, so sehr er auch wollte. Also setzte er sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
    Was soll ich tun? Was kann ich tun?
    Das Papier auf dem Stuhl leuchtete weiß und zog seinen Blick an. Seine Sehschärfe veränderte sich. Er sah anders. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte er noch Ich sehe durch meine Augen denken, dann war er nicht mehr er selbst.
    Ein Knarren brachte ihn in seinen Körper zurück. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, stellte jedoch fest, dass er inzwischen mit dem Tino-Tatz-Comic vor sich und einem Stift in der Hand auf dem Fußboden saß. Die Decke lag zusammengeknüllt im Bett.
    Der Comic war bei einer kurzen, nur zwei Seiten langen Geschichte aufgeschlagen, die den Titel »Brummas geheime Freunde« trug. Brumma versteckte sich im Schrank unter der Spüle und lernte den Handfeger und die Schaufel kennen. Als die Mutter nach Brumma rief, erschreckte sich der Handfeger und sagte: »Wir sind geheim, geheim«, und wurde wieder zu einem gewöhnlichen Handfeger.
    Auf den Seiten war gezeichnet worden. Striche und Figuren fanden sich auf allen freien Flächen. Keine Buchstaben. Das Einzige, was Anders in irgendeiner Form als etwas Sinnvolles deuten konnte, war eine Zickzacklinie über mehrere Bilder hinweg, die fast einem Tempel ähnelte.
    Gab es einen Grund dafür, dass ausgerechnet diese Geschichte ausgewählt worden war, oder war es reiner Zufall – wie die Geschichte mit dem Spukhotel? Hatte Maja nur gelesen und gezeichnet, wie sie es manchmal tat?
    Es knarrte erneut, diesmal direkt vor seiner Tür. Anders zuckte zusammen, zog die Decke an sich, warf sie sich über den Kopf, kauerte sich zusammen und rührte sich nicht. Vorsichtig wurde die Klinke herabgedrückt und die Tür geöffnet. Anders steckte sich den Daumen in den Mund.
    »Anders?« Simons Stimme war nur ein leises Flüstern. Er schloss die Tür hinter sich. »Was tust du da?«
    Als Anders aus seiner Decke hervorkroch, stand Simon im Bademantel vor ihm. »Ich habe Angst bekommen.«
    »Darf ich reinkommen?«
    Anders machte eine Geste zum Bett, blieb selbst jedoch mit der Decke auf den Schultern auf dem Fußboden sitzen. Simon setzte sich auf die Bettkante und betrachtete den Comic. »Du hast gezeichnet?«
    »Ich weiß nichts«, antwortete Anders. »Ich weiß nichts über nichts.«
    Simon faltete die Hände und lehnte sich vor. Er holte tief Luft. »Also, es ist so«, sagte er, »dass ich ein wenig nachgedacht habe. Es gibt viel zu sagen, aber ich beginne mit einer Frage. Möchtest du Spiritus haben?«
    »Das Insekt? In der Streichholzschachtel?«
    »Ja. Ich habe mir überlegt, dass es dich schützen könnte. Anna-Greta und ich fahren doch morgen weg. Ich fühl mich nicht wohl bei dem

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