Menschenherz - Band 1-3
Tag ihrer Entstehung zog. Sie war tatsächlich wie neugeboren. – Nur dass sie nie geboren worden war. Sie war heute wieder genauso, wie Jahve sie erschaffen hatte. Genauso unschuldig und voller Hoffnung wie damals. Auf der Suche nach Liebe.
Der Engel blinzelte eine Träne aus seinen Augenwinkeln, bevor der übermütige junge Mann sie entdecken konnte.
Gabriel lächelte. Adam würde sich jetzt wesentlich mehr anstrengen müssen als zuvor, als Lilith noch sie selbst gewesen war.
Sein Lächeln wurde wehmütiger. Vielleicht hätten sie es ihr sagen sollen. Vielleicht wäre es einfacher gewesen. Er glaubte, dass sie tatsächlich darauf eingegangen wäre, mit dem zweiten Adam ein neues Leben anzufangen.
Dann dachte er an Samiel und verwarf seinen Gedankengang. Niemals hätte er sie gehen lassen. Nicht freiwillig und nicht in einer Millionen Jahre. Er hatte keine Skrupel seine Lilith Jahrtausende lang allein zu lassen, aber er würde sie niemals gehen lassen.
Gabriel seufzte. Er konnte sie nicht vor Samiel beschützen. Nicht ohne gegen ihn zu kämpfen. – „Aber Engel kämpften nicht gegeneinander.“ – Und Lilith hätte nie zugelassen, dass er für sie kämpfte.
***
Lilly stand immer noch am Fenster und sah nach Draußen.
„ Bist du fertig?“, unterbrach die Stimme ihres Mannes ihre trübsinnigen Gedanken.
Sie drehte sich um.
„ Er sieht wirklich gut aus!“ fuhr ihr zum zweiten Mal an diesem Morgen durch den Kopf.
„ Entschuldigung!“, murmelte sie schuldbewusst.
Er trug normale Kleidung, keinen Arztkittel mehr, sondern Jeans und ein schwarzes T-Shirt.
Irritiert blickte sie ihn an. „Bist du kein Doktor?“
Er schenkte ihr ein überwältigendes Lächeln und wirkte noch mehr wie ein Dressmann. „Nein, wie kommst du darauf?“
Sie starrte ihn an und fragte sich, ob sie sich getäuscht hatte. „Du hattest einen weißen Kittel an?!“
Sein Lächeln wuchs in die Breite. „Ach so! Hier tragen alle Besucher weiße Kittel!“ Er zwinkerte ihr zu. „Ich glaube es hat etwas mit der Hygiene zu tun.“
Er schlenderte zu dem kleinen Einbauschrank und öffnete ihn.
Ihr erster Impuls war es, die Tür wieder zuzumachen, damit er ihre Privatsachen nicht sah. Dann rief sie sich zur Ruhe. Dieser Mann – so unglaublich er auch aussah – war ihr Mann. Sie kannten einander und waren verheiratet.
Sie trat neben ihn, an den offenen Schrank. Er hob den kleinen Koffer vom Schrankboden und legte ihn geöffnet auf das Bett, so dass sie nur noch ihre Kleidungsstücke hineinlegen musste.
Nachdenklich nahm sie jedes Teil einzeln aus dem Schrank und fuhr mit den Händen über den Stoff, als könne dieser Informationen aus ihrem Leben preisgeben.
Adam beobachtete, wie sie leicht zitterte und gespannt auf eine Eingebung zu warten schien. Behutsam packte sie ihren Koffer und er ließ sie gewähren, obwohl er beinahe genauso nervös war, wie sie.
„ Dein Vater holt uns gleich ab!“, verkündete er schließlich, um das lange Schweigen zu unterbrechen.
Überrascht fuhr sie herum und das letzte Kleidungsstück landete eher unsanft auf dem Stapel. „Mein Vater?“
Er grinste sie frech und gewinnend an. „Ja, Liebes! Auch du hast einen Vater.“
Sie warf ihrem Mann einen verängstigten Blick zu und schloss den Koffer.
„ Ich kann mich nur darauf verlassen, dass er die Wahrheit sagt. Dass ich seine Frau bin.“
„ Es gibt keine Sicherheit für dich.“
„ Warum sollte er dich anlügen?“
Sie gab sich Mühe sich ihre widerstreitenden Gedanken und Gefühle nicht merken zu lassen.
Er nahm ihr fürsorglich den Koffer ab und öffnete ihr die Tür. „Wenn er dich anlügen würde, könnte er dich doch nicht einfach so aus einem Krankenhauszimmer mitnehmen, oder?“
Sie zitterte.
„ Hast du Angst?“ Besorgnis schwang in seiner Frage mit.
Sie nickte und meinte leise: „Ja, habe ich!“
Er sah sie ernst an. Sein Blick wirkte ehrlich und vertrauenserweckend. Seine Augen, die einen sanften, braunen Ton hatten, sogen sie in sich auf. Mit einem Mal fühlte sie sich leicht und geborgen. „Er würde dir nie bewusst wehtun!“
Sie schenkte ihm ein einseitiges Grinsen.
„ Ich liebe dich!“, meinte er. Sein Blick war noch ernster als zuvor. „Bitte vergiss das nie!“ Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sie schluckte hart. Sein Blick, der darum bat, geliebt zu werden, war beinahe mehr, als sie ertragen konnte.
Gemeinsam traten sie auf den Gang und sie hakte sich bei ihm unter. Er war dankbar
Weitere Kostenlose Bücher