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Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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anzündeten, hörten sie, wie ein Schlüssel am Türschloss kratzte, und saßen einen Augenblick wie erstarrt da. Stacey erschien mit ängstlichem, schuldbewusstem und aufgeregtem Gesicht. Er hielt eine braune Einkaufstüte in der Hand und überreichte Ma ein Medizinfläschchen.
    »Das is erstklassiges Zeug«, sagte er. »Der alte Curry hat mich gefragt, wo ich die zwei Dollar und fünfundsiebzig Cent herhab, um so gute Medizin zu kaufen. Ich hab ihm gesagt, er soll in seinen Stiefel scheißen und die Scheiße fressen.«
    »Fluch nicht, oder der Teufel wird dich piksen«, sagte Ma. »Hier hast du was zu essen.«
    Die Augen des Jungen weiteten sich. »Jesus, da is ja Fleisch drin.«
    »Nein, wir haben bloß reingeschissen, damit es andickt«, sagte Bradley. Stacey musterte ihn scharf, sah, dass er ihn bloß ärgern wollte, kicherte und machte sich über seinen Teller her.
    »Wird der Apotheker zur Polizei gehen?«, fragte Richards ruhig.
    »Curry? Nein. Jedenfalls nicht, wenn er merkt, dass es noch mehr von den Scheinen zu holen gibt. Er weiß, dass Cassie starkes Zeug braucht.«
    »Was ist mit dieser Manchester-Sache?«
    »Yeah. Na ja, Vermont ist nicht gut. Zu wenig von unseren Leuten. Zähe Cops. Ich werde einen Freund, vielleicht Rich Goleon, bitten, den Wint nach Manchester raufzufahren und dort in einem Parkhaus abzustellen. Ich fahr dich dann in einem andern Wagen rauf.« Er drückte seine Zigarette aus. »Im Kofferraum. Auf den Seitenstraßen werfen sie nur kurz’nen Blick drauf. Wir nehmen die 495.«
    »Ziemlich gefährlich für dich.«
    »Oh, ich wollte es ja auch nicht umsonst machen. Wenn Cassie schon sterben muss, dann mit allem, was dazugehört.«
    »Gelobt sei Gott«, sagte Ma.
    »Es ist trotzdem ziemlich gefährlich für dich.«
    »Wenn irgendein Schwein Bradley angrunzt, lässt er ihn in seinen Stiefel scheißen und die Scheiße fressen«, sagte Stacey und wischte sich den Mund ab. Stolz blickte er seinen Bruder an, in seinen Augen schimmerte kurz Heldenverehrung auf.
    »Du kleckerst auf dein Hemd, Laberbacke«, sagte Bradley und gab ihm einen liebevollen Klaps auf den Kopf. »Na, hast du deinen Fleischberg schon verputzt? Bist wohl noch nicht groß genug, was?«
    »Wenn sie uns dabei erwischen, fährst du für lange Zeit ein«, sagte Richards. »Wer kümmert sich dann um den Jungen?«
    »Wenn etwas passiert, dann wird er sich um sich selbst kümmern«, sagte Bradley. »Er und Ma schaffen das schon. Er ist von keiner Droge abhängig, nicht wahr, Stace?«
    Der Junge schüttelte heftig den Kopf.
    »Er weiß genau, dass ich ihm das Gehirn rausprügeln werde, wenn ich auch nur einen Nadelstich an ihm entdecke. Nicht wahr, Stacey?«
    Stacey nickte.
    »Außerdem können wir das Geld gebrauchen. Wir sind sehr arm. Also lass es einfach. Ich denke, ich weiß, was ich tue.«
    Richards rauchte seine Zigarette schweigend zu Ende, während Bradley reinging, um Cassie Medizin zu bringen.

… Minus 063 Countdown läuft …
     
    Es war immer noch dunkel, als er aufwachte, und seine innere Uhr sagte ihm, dass es ungefähr halb fünf Uhr morgens sein musste. Das Mädchen, Cassie, hatte geschrien, und Bradley war aufgestanden. Sie schliefen alle in dem winzigen, zugigen Hinterzimmer, Richards und Stacey auf dem Fußboden. Ma schlief bei dem Mädchen.
    Über das beständige pfeifende Schafgeräusch Staceys hinweg hörte er, wie Bradley aus dem Zimmer ging. In der Küche klapperte ein Löffel im Spülbecken. Das Schreien des Mädchens ging in Stöhnen über, das schließlich ganz aufhörte. Richards spürte, wie Bradley in der Küche stand, unbeweglich, wartete auf die Stille, die kommen musste. Dann kam er zurück, setzte sich, ließ einen fahren, und dann quietschten die Bettfedern, als er sich hinlegte.
    »Bradley?«
    »Was?«
    »Stacey hat mir gesagt, dass sie erst fünf ist. Stimmt das?«
    »Ja.« Der urbane Akzent war aus seiner Stimme verschwunden, was ihn unwirklich, wie eine Traumfigur klingen ließ.
    »Wie kommt ein fünfjähriges Mädchen an Lungenkrebs? Ich hab nicht einmal gewusst, dass so junge Menschen schon Lungenkrebs haben können. Leukämie, vielleicht. Aber keinen Lungenkrebs.«
    Er hörte ein bitteres, gedämpftes Lachen aus dem Bett. »Du kommst aus Harding, nicht wahr? Wie hoch ist die Luftverschmutzung in Harding?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Richards. »Sie geben die Zahlen nicht mehr zusammen mit der Wettervorhersage durch. Das ist schon seit … Mann, ich weiß es nicht mehr. Seit sehr

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