Menschenkenntnis
Arroganz und Ablehnung. Keiner hat das Bedürfnis, auf ihn zuzugehen, weil Robert mit seiner Körpersprache signalisiert, dass er sich nicht unterhalten will. Wie sich später herausstellt, ist Robert tatsächlich kein Mensch, der offen auf Fremde zugeht, sondern eher abwartet. In Gesprächen hat er die Befürchtung, nicht interessant genug für andere zu sein. Daher spricht er lieber weniger und nur über Themen, in denen er sich absolut auskennt. Robert ist schüchtern. Er ist ein introvertierter Typ, der Angst vor Ablehnung hat. Der Eindruck, den er bei den anderen Seminarteilnehmern hinterlassen hat, ist also nur bedingt richtig. Robert wirkt zwar im ersten Moment arrogant. De facto rührt seine Haltung aber aus einer großen inneren Unsicherheit.
Wichtig
Es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck. Mit einem zweiten Blick werden Sie jedoch den meisten Menschen eher gerecht.
Der Schein trügt: Wahrnehmungsfehler
Unsere Wahrnehmung unterliegt diversen Verzerrungen und Fehlern. Machen Sie sich daher hin und wieder bewusst, was in Ihnen passiert, um mögliche Fehler zu vermeiden:
Erwartungen und Vorstellungen: Diese verengen unseren Blick bezüglich einer Person oder Situation. So kommt es, dass sich vieles nach dem Prinzip der „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“ entwickelt.
(Vor-)Informationen von anderen: Verknüpfen wir diese mit unseren Erfahrungen und Meinungen führen oft zu Vorurteilen gegenüber anderen Menschen.
Beispiel: Wie Vorurteile entstehen
Sie haben einen Kollegen in der Nachbarabteilung, von dem Sie wissen, dass er oft krank ist. Von einer anderen Kollegin haben Sie gehört, dass er seine Arbeit nicht besonders schnell erledigt. Für Sie ist nun klar, dass der Kollege zu den „unfähigen Krankmachern“ gehört, die die Firma durchschleppt, während Sie sich zu den Leistungsträgern zählen.
Subjektive Persönlichkeitstheorien: Der Beobachter hat eine ganz bestimmte Vorstellung davon, welche Eigenschaften zusammengehören. Einen Mensch, der z. B. sportlich aktiv ist, hält er auch für beruflich erfolgreich. Solche Eigenschaften werden automatisch zugeordnet, ohne dass sie beobachtet werden.
Stereotype: Menschen, die einer bestimmten Gruppe angehören, werden mit denselben Attributen verbunden, diedieser Gruppe zugeschrieben werden, wie z.B.: „Informatiker sind introvertiert und können sich nicht durchsetzen“.
Ähnlichkeitsphänomene: Wir bewerten einen Menschen besser, der uns selbst in Verhalten und/oder nach Herkunft ähnelt. Auch Vergleiche zwischen anderen Menschen werden unbewusst hergestellt.
Beispiel: Gleiches Aussehen, gleiche Eigenschaften?
Ihr neuer Nachbar sieht aus wie Ihr Chef, mit dem Sie überhaupt nicht klar kommen. Automatisch werden Sie Ihren Nachbarn eher meiden, weil Sie ihm ähnliche Eigenschaften wie Ihrem Vorgesetzten zuschreiben und damit eine angenehme nachbarschaftliche Beziehung für unmöglich halten.
Projektion: Eigene Wünsche oder Stimmungen werden auf andere Personen projiziert. Dabei spielt die aktuelle Befindlichkeit eine wesentliche Rolle. Eigene Verhaltensweisen werden dann vermeintlich am anderen ausgemacht, der jedoch nur eine Projektionsfläche darstellt. Der unfreundliche Bäcker am Morgen ist also vielleicht nur die Projektion unserer eigenen Morgenmuffeligkeit.
Attributionsfehler: Ereignisse können verschiedenen Ursachen zugeschrieben werden. Auf der Suche nach Erklärungen laufen wir Gefahr, eine (ungeliebte) Person für Misserfolg verantwortlich zu machen, ohne dabei über andere Ursachen oder widrige Umstände nachzudenken.
Schubladendenken: Sie haben sie sicher auch, Ihre persönlichen Schubladen, auf denen vielleicht steht: „Geht gar nicht“, „Langweiler“, „Besserwisser“ oder „Dummschwätzer“. Menschen landen schnell in unseren individuellen Positiv- oder Negativ-Schubladen. Aber ist das rasche Urteil gerechtfertigt? Geben Sie diesen Menschen eine Möglichkeit, aus ihrer Schublade wieder herauszukommen?
Checkliste: Aufmerksam wahrnehmen und einschätzen
Achten Sie auf möglichst viele Kriterien bei anderen Menschen: Körpersprache, Stimme, sprachlicher Ausdruck, Arbeitsverhalten, Motive usw.
Berücksichtigen Sie die jeweilige Situation des anderen: Profilierungsdruck, Stresssituation, Angst, körperliche Verfassung usw.
Sofern möglich oder Ihnen bekannt - berücksichtigen Sie die persönliche Geschichte des anderen: Erfahrungen, prägende Ereignisse, kulturelle Besonderheiten usw.
Beobachten Sie die
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