Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer
wissen, mein lieber Mann.«
»Ja, klar. Also, was hat er gesagt?«
»Na, was schon? Dass er wegen Tondo dort gelandet ist und dass er nur ein paar Bier an der Bar genommen hat, während der Japaner sich eine Etage höher vergnügt hat. Vermutlich hat Tondo, wenn er danach gefragt worden ist, genau das Gleiche erzählt, nur mit vertauschten Rollen. Aber es war mir, wie gesagt, völlig egal.«
»Aber es hat dazu geführt, dass du Tondo nicht mehr leiden konntest, oder habe ich deinen Unterton vorhin falsch gedeutet?«
»Nein, das hast du nicht. Allerdings waren wir auch schon vorher nie so richtig miteinander warm geworden, weil er ein, wie ich finde, merkwürdiges Frauenbild hat.«
Wieder füllte sich der Löffel in ihrer Hand.
»Sagen wir mal vorsichtig, er steht der Emanzipation der Frau nicht unbedingt positiv gegenüber.«
»Und das hat er dich spüren lassen?«
»Natürlich. Wenn Erich dabei war, ist es nicht so schlimm gewesen, aber es gab einige Momente, in denen ich mit ihm allein war. An die denke ich nur ausgesprochen ungern zurück.«
»Hast du auch seine Frau kennengelernt?«
Die Exfrau des Kasseler Oberbürgermeisters schüttelte den Kopf.
»Nein, nie. Er ist zu offiziellen Terminen immer allein erschienen.«
»Schon irgendwie merkwürdig.«
»Stimmt, aber es war nun einmal so. Und irgendwann hatten sich vermutlich alle, die mit ihm zu tun hatten, daran gewöhnt.«
»Ist der Typ reich?«
»Soweit ich beurteilen kann, schon, ja.«
»Bei ihm wohnt eine Großcousine. Hast du schon mal was von der gehört?«
Maria fing laut an zu lachen.
»Du bist lustig, Paul. Ich kenne nicht mal seine Ehefrau, und du fragst mich nach einer Großcousine. Nein, die kenne ich nicht. Warum übrigens?«
Lenz erzählte ihr in kurzen Worten von dem Toten in der Philippistraße, den Ereignissen im Präsidium und was sich danach bei den Tondos zugetragen hatte.
»Und jetzt machst du dir Sorgen um die beiden Frauen?«
»Ja, natürlich.«
»Wisst ihr schon, wer die andere, also ihre Begleiterin, gewesen ist?«
»Nein. Wir haben zwar ein Bild von ihr, das die Überwachungskamera im Eingangsbereich des Präsidiums geschossen hat, aber bisher gibt es keine Anhaltspunkte, um wen es sich bei ihr handeln könnte.«
»Es war aber sicher eine Japanerin?«
»Ja, ganz sicher.«
»Dann schickst du das Foto am besten gleich morgen früh an die japanische Botschaft. Die wissen am ehesten, welche ihrer Landsleute sich gerade in Deutschland aufhalten. Und wenn sie in Kassel gemeldet ist, könntet ihr es auch bei der Ausländerbehörde versuchen. Immerhin braucht sie eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie sich legal hier aufhält.«
»Wow«, entfuhr es Lenz mit nicht wirklich ernstgemeinter Anerkennung, »an dir ist tatsächlich eine Polizistin verloren gegangen, Maria.«
»Hör auf, mich zu veräppeln«, fauchte sie mit ebenso gespielter Entrüstung. »Was mich aber wirklich schockiert, ist die Tatsache, dass dein Kollege am Tresen die beiden Frauen erst mal wieder weggeschickt hat, damit sie ihren Wagen umparken können. Und das, obwohl sie angedeutet hatten, dass es um Leben und Tod gehen würde.«
»So ist er nun mal, der deutsche Beamte«, erwiderte der Kommissar gähnend. »Zuerst wird der Parkplatz geräumt, und dann das Protokoll aufgenommen. Und jeder, der an seiner Stelle gewesen wäre, hätte es genauso gemacht, das kannst du mir glauben, denn es gibt dazu absolut klare Anweisungen. Niemand außer unseren Dienstfahrzeugen darf auf diesen Plätzen parken, und das ohne die geringste Ausnahme.«
»Wie es scheint, wäre heute eine Ausnahme die bessere Wahl gewesen?«
»Ja, aber da steckt man halt nicht drin. Und ändern können wir es ohnehin jetzt nicht mehr.«
Er schob ihre Hand und damit die nächste Ration Suppe zärtlich zur Seite.
»Das reicht jetzt wirklich. Du solltest honorieren, dass ich ein braver Junge gewesen bin und fast alles aufgegessen habe, was du mir in die Kauleiste geschoben hast. Außerdem interessiert mich viel mehr, was du über die Geschäfte dieses unsympathischen Japaners weißt.«
Maria ließ den Löffel in den Teller fallen, setzte sich auf seinen Schoß und legte ihre Arme um seinen Hals.
»Das war schon richtig gut, Paul. Morgen Abend, wenn du von der Arbeit nach Hause kommst, üben wir dann das selbstständige Essen.«
Er deutete ein Zwicken an ihrem Po an.
»He, hör auf. Ich will morgen früh ins Schwimmbad, und das muss ausfallen, wenn ich blaue Flecken mit mir
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