Menschenskinder
Möbeln ausgestattetes Kaminzimmer geleitete. Wir durften auf dem riesigen Rundsofa Platz nehmen, bekamen einen schon bereitstehenden Cocktail (alkoholfrei!) vorgesetzt und wurden um einen Moment Geduld gebeten. »Frau Jonkers wird gleich kommen.«
Das tat sie denn auch. Circa Ende vierzig, sehr blond, sehr schlank, sehr gepflegt, nur auf den ein bisschen zu engen Minirock und die Stöckelschuhe hätte sie besser verzichtet. Schon wegen des Parkettbodens, der dicke Orientteppich reichte schließlich nicht überall hin. Mit professionellem Lächeln reichte sie uns die Hand. »Ich bin Amelie Jonkers. Herzlich willkommen. Schön, dass Sie doch noch hergefunden haben!«
»Gefunden ist das richtige Wort«, erwiderte Steffi und zählte ein paar Orte auf, in denen wir herumgeirrt waren, »wird hier in dieser Gegend immer so viel gefeiert?«
»Sind Sie denn nicht über die Autobahn gekommen?«
Bevor Steffi ins Detail gehen und uns zwangsläufig als ausgemachte Trottel hinstellen konnte, fiel ich ihr ins Wort. »Wir beide sind noch nie in der hiesigen Gegend gewesen und wollten einfach ein bisschen mehr kennen lernen als nur die Autobahn, hatten aber nicht mit den vielen Dorffesten rechnen können.«
»Nun ja, das lässt sich jetzt nicht mehr ändern. Die Damen haben zwar eine Zeit lang auf Sie gewartet, doch nun hat das Abendessen begonnen. Es wird übrigens im Haus 1 eingenommen, das Sie vorhin ja bereits gesehen haben. Am besten wird sein, wenn Sie gleich hinuntergehen, die Aufnahmeformalitäten erledigen wir danach. Ich werde Sie begleiten und Ihnen bei dieser Gelegenheit gleich Ihr Zimmer zeigen. Es liegt übrigens hier im Parterre.«
Wir konnten nur einen Blick hineinwerfen, doch was wir sahen, war höchst erfreulich: Sehr geräumig und möbliert wie ein Hotelzimmer der gehobenen Preisklasse, es fehlten nur Fernseher und Minibar, dafür standen gleich neben der Tür zwei Kästen Mineralwasser. Für jede von uns einen. Macht bei sechseinhalb Tagen mehr als drei Flaschen täglich. Schaffe ich nie!
Traumhaft der Blick aus dem Fenster. Ein nicht allzu großer, jedoch mit viel Geschmack angelegter Park ging leicht ansteigend in den angrenzenden Wald über. Am Rand der Liegewiese ein riesiges Treibhaus, das dann aber doch keins war, sondern das beheizbare Schwimmbad – auch im Winter und bei Dauerregen benutzbar, schon wegen der Wassergymnastik! Na ja, man wird sehen …
Die Koffer sollten wir noch schnell ausladen, empfahl Amelie, Gisela würde sie ins Zimmer stellen, und am geschicktesten wäre es, wenn wir das Auto gleich auf den Parkplatz bringen würden, wir müssten ja ohnedies wieder nach unten zum Haus 1. Kurzer Streit, wer sich für die paar hundert Meter nach hinten setzt, natürlich ich, Amelie musste uns ja den Fußweg zeigen – er bestand zum größten Teil aus 87 unterschiedlich hohen Stufen, kürzte jedoch die Serpentinen erheblich ab – dann endlich parkte Steffi ihren Wagen zwischen einem schwarzen Mercedes rechts und einem dunkelblauen BMW links, beides nicht gerade die kleinsten Modelle jener Fabrikate. »Hopser [2] verschwindet regelrecht zwischen den beiden Särgen«, meinte sie, während wir warteten, bis sich das Dach geschlossen hatte, »da wird er wenigstens nicht gleich gesehen und folglich nicht so schnell geklaut.«
»Sobald alle Gäste im Haus sind, wird das Tor selbstverständlich abgeschlossen«, bemerkte Amelie gekränkt, »hier ist noch nie etwas gestohlen worden.«
Das grüne Haus betraten wir durch den Hintereingang. An einem kleinen Schwimmbecken und mehreren geschlossenen Türen vorbei kamen wir zu einer Treppe nach oben, und erst dort wurde es wieder wohnlich, um nicht zu sagen elegant. Einen Kamin gab es in diesem Raum zwar nicht, doch dafür voluminöse Polstersessel, zu Sitzgruppen zusammengestellt, dazwischen kleine Tische, Grünpflanzen, in einer Ecke der unvermeidliche Fernsehapparat, sogar vereinzelte Aschenbecher, ausnahmslos unbenutzt.
»Das ist der Gemeinschaftsraum für die Gäste von Haus 1 « , erläuterte Amelie, »was aber nicht bedeutet, dass sie sich nicht auch bei den Damen in Haus 2 aufhalten können. Umgekehrt natürlich auch.«
»Oben ist es aber gemütlicher«, wisperte mir Steffi ins Ohr, »hier sieht’s aus wie in der Polstermöbel-Abteilung vom Einrichtungshaus.« Und nun kam unser großer Auftritt, den wir allerdings gern vermieden hätten. Der Aufenthaltsraum ging über in eine geräumige Veranda, und dort saßen sie alle vor ihren Tellern,
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