Menschenskinder
aber…«
»Sie haben völlig Recht«, mischte sich meine Tochter ein, »dabei sollte es doch nur ein Scherz sein, aber es war wohl kein besonders guter. Ich kann verstehen, dass Sie sauer sind.«
Nun musste ich ja auch noch irgendwas sagen, um die verfahrene Situation wenigstens halbwegs zu retten. »Gib doch einfach zu, Steffi, dass es bloß wegen der blöden Wette war! Wir sprechen nämlich alle drei ein miserables Englisch«, wandte ich mich direkt an Uschilein, »und trotzdem habe ich behauptet, ein Außenstehender würde das nicht auf Anhieb merken. War ja wohl ein Irrtum!« Ich seufzte tief, damit es überzeugender klang. »Wenn Sie uns auf die Schliche gekommen sind, dann habe ich die Wette natürlich verloren und muss Ihnen und Ihrem Mann einen Cocktail zahlen. Welcher darf es denn sein?«
Erst zögerte sie einen Moment, war sich wohl nicht schlüssig, ob meine Erklärung eine nachsichtigere Beurteilung unserer bewussten Irreführung zuließ, doch die Entscheidung nahm ihr Karlemann ab. »Wenn das so ist, sagen wir nicht nein, nicht wahr, Uschi? Aber ich hätte lieber ’n Bier, für das süße Zeug habe ich nichts übrig.«
»Na ja, dann will ich mal auch nicht so sein«, sagte Uschi und setzte sich wieder, »wo ich ja eigentlich immer für’n Ulk zu haben bin.«
»Das hat man gemerkt!« Steffi konnte es doch nicht lassen!
»Aber weshalb haben Sie denn nicht gleich am selben Abend was gesagt?«
»Weil ich Ihnen den Spaß nicht verderben wollte!« Eins zu null für Uschilein! Sie griff auch gleich zur Karte und wählte »den Cocktail ganz unten rechts, den die immer in der Fernsehserie getrunken haben mit der Senta Berger und der Kubischeck. Den wollte ich schon lange mal probieren, aber er war mir immer zu teuer. Der wird nämlich mit Champagner gemacht.«
Ich nahm die Karte, guckte nach unten rechts und schluckte. Kir Royal stand da, und gleich dahinter: $ 11,-. Zwei zu Null für Uschilein!
»An den Kosten werdet ihr euch hoffentlich zur Hälfte beteiligen, schließlich habt ihr mitgemacht!« , forderte ich, während ich weitläufig die gefährlichen Kokosnusspalmen umrundete und prompt in dem Stachelgebüsch landete. »Autsch! Das piekt ja ekelhaft! Verdammtes Gestrüpp!«
»Langsam solltest du die Hindernisse aber kennen«, meinte Steffi lakonisch.
»Sag lieber erkennen!« Grinsend zog mich Hannes aus dem Busch. »Ich glaube beinahe, deine Ich-brauche-sie-nur-zumLesen-Brille genügt nicht mehr.«
»Das musst ausgerechnet du sagen! Wessen Arme sind denn nicht mehr lang genug, wenn er Zeitung lesen will?
»Papperlapapp! Ich sehe noch alles, was ich sehen will!«
Sprach’s, stolperte über die herausragende Baumwurzel und landete daneben im Gras. Ächzend rappelte er sich wieder hoch. »Wenn du jetzt nur ein einziges Wort sagst, schmeiße ich dich ins Meer!«
Er würde es tun, dessen war ich mir sicher, also verkniff ich mir das Lachen, ohne zu ahnen, dass ich ein paar Minuten später noch genug Grund dazu haben würde. Ich war gerade beim Zähneputzen, als ich Steffi über den Flur rennen hörte.
Gleich darauf flog die Tür auf. »Komm bloß mal rüber und guck dir das an!«, gluckste sie und drehte wieder um, »ein Glück, dass es nicht meine Schuld ist!«
Es war wirklich ein umwerfender Anblick. Mein Schwiegersohn stand auf einem Stuhl, in jeder Hand ein nasses Handtuch, und wischte lauthals fluchend an der Klimaanlage herum. Zugegeben, eine gründliche Reinigung hatte sie nötig, aber doch nicht mitten in der Nacht! Und überhaupt wäre das ja wohl Sache des Roomboys.
»Warum macht er das?«
Nur mühsam unterdrückte Steffi das Lachen. »Weil er vorhin vergessen hatte, sie einzuschalten, und jetzt ist die ganze Schokolade runtergelaufen.«
»???«
»Ich hatte doch geglaubt, wir hätten hier auch eine Minibar, deshalb habe ich ein paar Tafeln mitgenommen. Mache ich ja immer. Wir haben sie auf der Klimaanlage gekühlt, das geht nämlich ganz gut, aber wenn die natürlich seit Stunden aus ist…«
Nein, es ist heute wirklich nicht Hannes’ Tag gewesen!
Kapitel 6
W arum fährst du nicht mal mit raus?« Stefanie hatte bereits ein Glas Orangensaft, drei Scheiben Ananas sowie ein Schüsselchen gemischtes Müsli verdrückt, gefolgt von einem Brötchen mit Himbeermarmelade (woher? Auf den Philippinen wachsen keine!) und einer kleinen Mohn schnecke. Jetzt saß sie vor ihrer zweiten Tasse Tee und war offensichtlich sprechbereit, denn sie hatte soeben von sich aus das Wort an mich
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