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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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würde ich mit Camillo tauschen, Lobster gegen das, was die Angestellten kriegen.«
    Solche Wünsche sollte man in Hannes’ Gegenwart besser nicht äußern. Eine kurze Diskussion mit Oberkellner Ramón, ein verständnisvolles Lächeln, gefolgt von einer kurzen Anweisung an einen gerade beschäftigungslosen Kellner, der enteilte und stellte wenig später eine verdeckte Schüssel sowie drei kleine Teller auf unseren Tisch. Was es war, weiß ich nicht, auf jeden Fall ein scharf gewürztes Eintopfergericht, nicht identifizierbar, aber großartig. Nur eine Kostprobe sollte es sein, doch die bekamen wir von da an jeden Abend, und wenn sie uns schmeckte, was meistens der Fall war, dann konnten wir getrost das reguläre Essen ausklammern und »staff-food« ordern. Einmal kam sogar der Koch an unseren Tisch, weil er doch mal die komischen Vögel sehen und fragen wollte, weshalb ihnen sein einfaches Essen besser gefiel als die Delikatessen vom Büffet.
    By the way: Was heißt »Uns hängen die ewigen Krustentiere allmählich zum Hals heraus« auf Englisch?
    Unsere Stammplätze in der Bar waren belegt. Na klar, Neuankömmlinge, diesmal überwiegend mandeläugige. Im Gegensatz zu normalen Touri-Hotels, in denen man noch nach zwei Wochen dieselben Tischnachbarn hat und weiß, dass er sich nach dem Essen regelmäßig seine Pfeife ansteckt, während sie genauso regelmäßig darüber meckert, gab es auf dieser Insel einen ständigen Wechsel. Die meisten Gäste kamen aus Taiwan oder Sri Lanka, blieben nur drei oder vier Tage, manche sogar noch weniger, und reisten wieder ab. Es gab jedoch auch rothaarige Irländer aus Sydney, die waren etwas länger da, Japaner, Franzosen auf Weltreise mit zwischendurch ein bisschen Badeurlaub, und Abkömmlinge vieler anderer Nationen, die aus welchen Gründen auch immer in Hongkong lebten und mal eben für ein verlängertes Wochenende angereist waren. Diese Insel schien eine Art asiatisches Mallorca zu sein! Sogar aus China waren Gäste gekommen, ein sympathisches junges Paar, er Amerikaner, sie gebürtige Thailänderin, beide in Boston zu Hause, für zwei Jahre in Peking ansässig und zur Zeit Honeymooner auf den Philippinen. Bis dahin hatte ich Japaner und Chinesen nie auseinander halten können, dort habe ich es gelernt. Deutsche Laute hörte man übrigens ganz selten, und wenn, dann hatten sie einen Schweizer Akzent. Außer Karl und Uschi waren wir die einzigen Bundesrepublikaner, vom Ehepaar Heinrich mal abgesehen, doch das hatte hier erstens schon Heimatrecht und würde zweitens am nächsten Tag auch wieder zurückfliegen.
    Nach Hongkong.
    Bisher war es uns gelungen, die Dreier-Kombination Klatz, Heinrich und Sanders-Sippe zu verhindern, doch heute sah es nicht danach aus. Die Bar war umlagert, alle Tische waren besetzt, nur bei Heinrichs war noch Platz. Und wer saß direkt daneben? – Richtig! Jetzt würde der ganze Schwindel garantiert auffliegen! Sollten wir uns nicht doch besser draußen hinsetzen? Warm genug war es, eigentlich noch viel zu sehr, dagegen drehten sich drinnen ein Dutzend Ventilatoren mit zumindest psychologischem Effekt; draußen war man zwar dichter an den Moskitos dran, andererseits spielten paar weitere Stiche auch keine Rolle mehr … Zu spät! Hannes hatte sich bereits in einen der noch freien Sessel fallen lassen und sofort mit einer detaillierten Schilderung der etwas unüblichen Telegrammübermittlung begonnen. Auf Deutsch. Untermalt mit sehr individuellen Randbemerkungen. Die hätte ein Mr. Mahonney auch nach fünf Jahren Deutschland-Aufenthalt noch nicht hingekriegt!
    Zuerst hatte sich Uschilein nur interessiert umgedreht, deutsch gehörte nun mal nicht zu den hier geläufigen Sprachen. Dann hatte sie gestutzt, ihren Mann am Ärmel gezupft, mit dem Finger auf Hannes gedeutet und empört gerufen:
    »Na, das ist ja wohl die Höhe!«
    Hannes hatte nichts mitgekriegt, er war erst bei der Zeitspanne angekommen, die zwischen Ankunft des Telegramms und vermutlicher Weitergabe an den Piloten gelegen habe könnte. »Zu Fuß wäre es wahrscheinlich schneller …«
    »Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht!« Mit drohend erhobenem Glas stand Uschi wie ein Racheengel vor ihm, der sich überhaupt nichts dachte, weil er gar nicht zugehört hatte. »Nur weil ich kein Englisch kann, haben Sie mir den Engländer vorgespielt, dabei habe ich ja gleich gemerkt, dass Sie gar nicht echt waren, nämlich wegen dem Wodka, was die Engländer gar nicht trinken, sondern bloß Whisky,

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