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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Fisch gekocht, gebacken und vermutlich auch noch roh als Sushi, und was das Wichtigste ist: Alles selbst geangelt! Nur werde ich mich als bloßer Zuschauer entsetzlich langweilen, frieren (wann sieht man schon mal einen Angler in kurzen Hosen? Sie haben immer lange an und oft auch einen Pullover, warum wohl?), eine Grippe kriegen und vielleicht sogar sterben, aber das dann wenigstens mit einem ruhigen Gewissen.
    »Wer hat die Bäume bloß so verstümmelt?« Nunmehr durch die von meinem besorgten Gatten geschlossene Terrassentür vor Schnee und Kälte geschützt, starrte ich auf die vier Hungerharken, die noch vor kurzem wunderschöne, hoch gewachsene Birken gewesen waren. Sie hatten alle keine Kronen mehr, lediglich ein paar kahle Äste ragten wie anklagend in die Höhe. »Warum …?«
    »Weil sie viel zu groß geworden waren, keine Sonne mehr durchgelassen haben, und dann denk mal an den letzten Herbst, wie du immer gestöhnt hast, wenn das ganze Laub runterkam! In diesem Jahr wird es nicht mal mehr halb so viel sein.«
    »Ich habe nur deshalb gestöhnt, weil du dich nie an unsere Abmachung gehalten hast! Seitdem die Kinder aus dem Haus sind, hatten wir doch vereinbart, dass wir uns die Gartenarbeit teilen. Wann hast du mir denn beim Laubharken geholfen?«
    »Da war ich ja auch gar nicht dran, weil meine Hälfte noch an den Bäumen gehangen hat.«
    »Bis der Sturm sie schließlich runtergeholt hat«, giftete ich zurück, »so weit ich mich erinnere, war das kurz vor dem zweiten Advent!«
    Als ich mich später bei Katja beklagte, meinte sie nur lakonisch: »Das nächste Mal tauschst du einfach mit ihm!«
    Ein paar Tage dauerte es doch noch, bevor mich der Alltag wieder fest im Griff hatte, denn normalerweise wache ich nie nachts um halb drei auf, weil ich frühstücken will, und wenn ich auch nicht gerade ein ausgesprochener Nachtmensch bin, so fallen mir nur ganz selten schon beim Abendessen die Augen zu. Schuld daran war die leidige Zeitverschiebung! Deshalb ist es mir auch rätselhaft, wie die Politiker den Jet-Lag in den Griff kriegen, obwohl sie doch viel öfter durch die Geographie fliegen als unsereiner, vorneweg die besonders reisefreudigen Außenminister. Da muss unserer montags zu Clinton nach Washington, dienstags hat er in London ein Date mit Tony Blair, donnerstags ist eine wichtige Konferenz in Tokio, aber dann kann er am übernächsten Tag doch noch Sydney mitnehmen, wegen des Grand Slam Turniers, vielleicht gewinnt ja mal ein Deutscher, dem könnte man doch den Pokal überreichen, wirkt ja auch viel persönlicher, und außerdem bekäme der rein private Abstecher sogar einen offiziellen Anstrich, und wenn der Herr Minister die Maschine für den Rückflug besteigt, muss er sich vermutlich bei seinem Staatssekretär erkundigen, ob es bei seiner Ankunft in Berlin nun morgens, mittags oder nachts sein wird. Ein auf normalen Tagesablauf programmierter Mensch mit normalem Schlafbedürfnis hält das doch gar nicht aus! Ich will ja niemandem etwas unterstellen, aber könnte es nicht möglich sein, dass so manche politische Fehlentscheidung auf Schlafmangel zurückzuführen ist?
    Jedenfalls weiß ich heute, weshalb ich damals nicht in die Politik gegangen bin, obwohl mich vor ungefähr 40 Jahren der zweite Bürgermeister von Düsseldorf anlässlich eines Interviews gefragt hatte, ob ich nicht zu seinem Verein wechseln wolle, in der Presseabteilung sei noch was frei. Aber dann hätte ich ja Rolf nicht kennen gelernt, ihn nicht heiraten können und vermutlich auch keine fünf Kinder gekriegt – die deutsche Durchschnittsfamilie besteht, statistisch gesehen, immer noch aus einem Elternpaar mit 1,6 Kindern, angeblich will der deutsche Durchschnittsehemann auch gar nicht mehr –, sondern hätte meine nur anderthalb Nachkommen inzwischen längst verheiratet und müsste mich jetzt nicht auf eine vierte Hochzeit einstellen (zur Erinnerung: Sohn Sascha muss doppelt gezählt werden!).
    An einem Freitag im Juni sollte das Ereignis stattfinden, hauptsächlich wegen des Wetters, da ist es nicht zu heiß und nicht zu kalt, wenn man Glück hat, regnet’s auch nicht, aber wenn’s regnet, dann ist der Regen wenigstens warm. Der Termin stand also fest, das Aufgebot hatte bereits zwei Wochen lang am Schwarzen Brett vor’m Standesamt gehangen, hatte ich natürlich verpasst, machte aber nichts, die Nachbarn hatten es alle gesehen und gratulierten mir bereits.
    »So, habet Se’s jetzt au endlich g’schafft?«
    »Was soll ich

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