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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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zieht nicht mehr.
    Inzwischen wurde die Fernbedienung erfunden!
    Dieser Brotbackautomat war ihm natürlich auch suspekt.
    Man sollte sämtliche Zutaten auf einmal reinkippen, aufs Knöpfchen drücken, und nach anderthalb Stunden würde ein steril durchgeknetetes, köstlich duftendes Brot fertig sein. So ganz war ich davon ja auch nicht überzeugt, aber diese Automaten waren zur Zeit absolut in, und hatten sich junge Frauen noch unlängst über die Mindesthöhe von Plateausohlen unterhalten, so tauschten sie jetzt Brotbackrezepte aus, die alle furchtbar gesund klangen.
    Es kommt eben doch alles mal wieder! Vor etlichen Jahrzehnten waren es die möglichen Varianten von Brotaufstrich; gewesen, die auf so genannten Hefeflocken basierten und garantiert fettfrei waren, allerdings nicht aus Gründen der freiwilligen Kalorienreduzierung, sondern weil es kein Fett gab. Vielleicht sollte man diese Nachkriegsrezepte auch noch mal hervorholen und nur etwas aktualisieren, diese schönen chemischen Geschmacksverstärker hat’s ja damals noch nicht gegeben, sonst hätte Omis vermeintliches Gänseschmalz vielleicht tatsächlich nach Schmalz geschmeckt statt nach eingeweichter Wellpappe.
    »Solltest du nicht vorher tanken?« Das Esso-Schild in Sichtweite deutete ich auf den schon im bedenklichen Bereich herumzitternden Treibstoffanzeiger, aber mein Ehemann, der im vergangenen Jahr nur noch einmal wegen Benzinmangel auf einer Landstraße zweiter Ordnung stehen geblieben war, winkte ab. »Das reicht sogar noch für zurück!« Davon war ich keineswegs überzeugt, aber bevor Rolf seine optimistische Prognose aufstellte, hatte er – bedingt durch zwei bereits vor der Säule stehende Autos – eine Mindestwartezeit von neun Minuten errechnet, und das wären sieben Minuten zu viel gewesen. Andererseits war Sonntag und die sonst von ihm bevorzugte Tankstelle geschlossen. Egal, er hatte ja immer einen Reservekanister dabei.
    »Am Kreuz müsst ihr auf die A 5 bis Schriesheim«, hatte Katrin erklärt, »dann rechts ab bis zur Tankstelle und schräg gegenüber links rein. Ist eine verhältnismäßig schmale Straße, aber ich glaube, ab dort ist Waldminningen ausgeschildert.«
    Wir fanden die Tankstelle – sie hatte übrigens offen, aber die Benzinuhr bot noch immer keinen Anlass zur Besorgnis –, nur die Straße schräg gegenüber fanden wir nicht, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie quer über den Betriebshof einer Motorradwerkstatt führte, schien äußerst gering.
    »Du bist doch schon mal da gewesen, also musst du doch wissen, wie es weitergeht!«
    Die erste Feststellung traf zu, die zweite nicht. Seinerzeit war ich Beifahrer gewesen, und als solcher achtet man doch nicht auf Wegemarken, schon gar nicht, wenn einem die noch nicht mal verheiratete Tochter gerade erzählt, die neue Wohnung sei nun endlich groß genug und habe sogar ein Kinderzimmer. »Fahr einfach geradeaus«, empfahl ich, »vielleicht kommt noch eine zweite Tankstelle.«
    Es kam keine, aber Schilder kamen, erst ein paar große, wie sie in normalen Ortschaften den Weg in andere normale Ortschaften weisen, und dann ein wesentlich kleineres, das nach links zeigte in eine schmale Straße ohne Gehsteig, aber mit Häusern rechts und links. Ich vermute, es hat mal Gehsteige gegeben, doch als das Zeitalter der Pferdefuhrwerke von dem der Lastwagen abgelöst worden war, mussten die Straßen breiter werden, und wenn jetzt mal jemand seinen Kopf zu weit aus dem Fenster streckt, kann er sich eventuell noch kurz im Außenspiegel von einem Lkw sehen, bevor er keinen Kopf mehr hat – zugegeben, eine makabre Vorstellung, doch letztendlich gar nicht so abwegig.
    Rolf schaltete in den zweiten Gang zurück, und dann ging es stetig aufwärts. Die Häuser wurden weniger, die Straße wurde enger, statt der Häuser gab es auf der linken Seite Bäume, die sich hügelaufwärts zogen, und auf der rechten solide Eisengitter, denn da ging es ab und zu ganz schön weit runter.
    Aber nur manchmal, denn meistens tobte auf dieser Seite das Leben! Ein richtiges Schwimmbad gab es mit Imbiss-Stand, jetzt natürlich beides geschlossen, doch im Sommer bestimmt gut besucht, eine alte Mühle, ab und zu duckte sich auch mal ein Häuschen an eine Felswand – doch, es gab immer wieder Anzeichen menschlichen Lebens, zumal uns auch hin und wieder ein Auto entgegenkam.
    Ich konnte mich dunkel erinnern, dass wir noch ein zweites Mal links abbiegen mussten, aber als der Wegweiser tatsächlich auftauchte, war ich

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