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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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angeschlossen und sah verhältnismäßig entspannt aus. Als Pálmi sich anschickte zu gehen, öffnete sie auf einmal die Augen. Sie erkannte ihn sofort.
    »Was ist eigentlich geschehen, Pálmi?«, fragte sie mit schwacher Stimme.
    »Ich habe keine Ahnung, liebe Helena«, antwortete Pálmi. »Er hat mir eins über den Kopf gegeben, und dann kann ich mich an nichts mehr erinnern. Ich bin erst hier im Krankenhaus wieder zu mir gekommen. Die Polizei hat versucht, von mir etwas zu erfahren, aber ich konnte ihnen eigentlich kaum etwas sagen.«
    »Weißt du etwas über diesen Mann, der dich überfallen hat?«
    »Ich habe ihn schon einmal gesehen. Ich habe gedacht, dass er zum Personal gehört. Ich bin davon ausgegangen, dass er vom Notdienst kam, und ich war so froh darüber, dass ich ihn sofort reingelassen habe. Und dann hatte ich auf einmal das Gefühl, die Decke würde mir auf den Kopf krachen, und ich bin zusammengebrochen.«
    »Ja, natürlich«, sagte Pálmi tröstend.
    »Er hat gleich wie ein Irrer nach etwas gesucht. Vielleicht hat er dabei mein Bild von Kjarval zerstört. Dann hat er mich gefragt, ob ich Musik hören würde, das glaube ich jedenfalls.«
    »Wieso Musik?«
    »Vielleicht nicht direkt Musik, er hat gefragt, ob ich mir Kassetten anhöre.«
    »Kassetten?«
    »Ja, Kassetten, Tonbänder. Ich vermute, dass er so etwas gemeint hat, aber ansonsten weiß ich nicht, wovon er geredet hat.«
    »Hat er geglaubt, dass du Kassetten hättest?«
    »Irgendwie so was.«
    »War es das, wonach er gesucht hat? Wollte er Kassetten von dir haben?«
    »Pálmi«, sagte Helena erschöpft und schloss die Augen. Eine ganze Weile verging, bevor sie wieder sprach. »Ich habe keine Ahnung, was er von mir wollte, dieser entsetzliche Mensch. Ich dachte, er würde mich umbringen, und das hat mir gereicht.«
    »Das ist natürlich ein grauenvolles Erlebnis«, sagte Pálmi und verstummte. Sie saßen eine Zeit lang da und schwiegen. Pálmi glaubte schon, dass Helena wieder eingeschlafen war, als sie auf einmal erneut zu sprechen begann.
    »Halldór hat getrunken«, sagte sie. »Das ist wahrscheinlich auf diese fürchterlichen Erlebnisse in seiner Kindheit zurückzuführen. Er hat vielleicht getrunken, um die Erinnerung daran zu verdrängen. Mindestens zwei Flaschen jedes Wochenende. Er hat es mir gestanden. Die erste Flasche leerte er, wenn er freitagabends nach Hause kam, die zweite am Samstag, aber dann ließ er sich noch einen Rest übrig, um am Sonntag was gegen den Kater zu haben. Immer isländischer Brennivín, aber mehr als das hat er nie getrunken. Halldór hatte keine Saufkumpane, er hatte sowieso keine Freunde oder Kumpel. Er war nicht daran interessiert, unter Menschen zu gehen. Ich war die Einzige, mit der er Kontakt hatte, und meinen Mann hat er natürlich auch gekannt. Er besuchte uns manchmal in Hafnarfjörður und blieb immer ein paar Stunden, das verlief alles ganz ruhig. Er sprach nicht viel. Wir hatten keine Kinder, und wir waren ein bisschen einsam, aber wir hatten zwei Hunde, die etwas die Leere füllten. Die Hunde mochten ihn nicht. Sie haben ihn angeknurrt, wenn sie glaubten, dass wir es nicht hören.«
    Eine Krankenschwester betrat das Zimmer, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war. Sie machte ein paar höfliche Bemerkungen, Pálmi antwortete ebenso höflich, und dann war sie wieder weg. Helena schloss die Augen ein weiteres Mal und schwieg eine ganze Weile, nachdem die Krankenschwester gegangen war, fuhr aber dann fort.
    »Niemand wusste von seiner Trinkerei. Es hat sich nicht auf seinen Beruf ausgewirkt. Ich denke, dass er es wohl unterlassen hätte, falls es Einfluss auf seinen Beruf gehabt hätte. Diese Klassenfotos, die er hatte, ist davon etwas heil geblieben, als das Haus abgebrannt ist?«
    »Ich glaube, dass alles in Schutt und Asche lag«, antwortete Pálmi.
    »Er konnte stundenlang über sie reden. Er freute sich immer, wenn wieder neue dazukamen, und sie wurden feierlich aufgehängt. Wenn er trank, war er im Wohnzimmer und schaute sich die Bilder an. All diese Kinder, die er gekannt hatte und die dann eines Tages aus seinem Leben verschwunden waren. Er sah sie nie wieder, höchstens mal zufällig als erwachsene Menschen. Er bewahrte seine Schüler in der Erinnerung auf, so, wie sie einmal gewesen waren. Er hat nie jemanden zu sich eingeladen. Ich habe ihn manchmal besucht, aber ich habe gespürt, dass ihn das beunruhigte. Das Haus war ein richtiger Saustall, aber diese Klassenfotos hat er gepflegt. In

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