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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Mädchen, deswegen haben nur die Jungs diese Pillen bekommen. Wir waren Versuchskarnickel. Und dann kamen immer diese Krankenschwestern und haben uns Blut abgezapft. Wir kamen überhaupt nicht auf die Idee, das mit den Pillen in Verbindung zu bringen, die haben ja schließlich auch nie ein Wort mit uns geredet, diese zwei Krankenschwestern, die immer abwechselnd in der Schule auftauchten. Alle zwei Monate, glaube ich.«
    Pálmi starrte Sigmar an, der dahockte und verworrene Sätze von sich gab. Im Nebenzimmer warfen Erlendur und Sigurður Óli sich einen Blick zu, um dann wieder auf Sigmar zu schauen.
    »Willst du damit sagen, dass euch irgendein Mittel eingegeben worden ist, das euch kaputtgemacht hat? Das hört sich an wie eine Ausgeburt der Phantasie.«
    »Genau! Und was für eine Phantasie! Wenn wir davon erzählt hätten, hätte man sich über uns schlappgelacht, das war uns völlig klar. Jetzt ist niemand mehr übrig außer mir. Ihr solltet mal untersuchen, was aus all den Jungs aus meiner Klasse geworden ist. Falls ihr das völlig normal findet, was mit denen passiert ist, dann ist ja alles in schönster Ordnung.«
    In diesem Augenblick kam Erlendur zurück in den Raum. »Hast du Halldór umgebracht?«, fragte er und schaute Sigmar durchdringend an.
    »Wenn ich ihn umgebracht hätte, dann hätte ich ihn auch in Brand gesteckt und zugesehen, wie er verschmort wäre und geschrien und sich gequält hätte, und ich würde noch nicht einmal auf ihn gepinkelt haben, um ihm zu Hilfe zu kommen.«
    Erlendur und Pálmi blickten einander an, und dann auf Sigurður Óli, der jetzt auch hereinkam.
    »Wer hat sich an Halldór gerächt?«, fragte Erlendur, aber Sigmar schwieg.
    »Und woher weißt du das alles über Halldór?«, fragte Pálmi, bekam aber ebenfalls keine Antwort. Sigmar saß im Verhörzimmer und starrte mit trotziger Miene vor sich hin.
    »Woher weißt du, dass kein Lebertran in den Kapseln war?«, fragte Erlendur. »Von wem hast du diese Informationen?«
    Sigmar schwieg.
    »Woher weißt du das über diese Pillen?«, fragte Sigurður Óli.
    Keine Antwort.
    »Warum willst du uns nicht sagen, woher du es weißt?«, fragte Erlendur. »Erst quasselst du hier was von Pillen und Dope, und dann machst du die Klappe nicht mehr auf. Man könnte glatt glauben, du willst uns auf den Arm nehmen. Oder gibt es möglicherweise jemanden, der dir verbietet, uns etwas zu sagen?«
    Immer noch saß Sigmar schweigend da. Sie sahen Pálmi an, dessen Blicke auf Sigmar geheftet waren.
    »Kannst du uns nicht verraten, woher du all das über die Pillen weißt, Sigmar?«, fragte Pálmi. »Weißt du zum Beispiel, was da drin war, wenn es kein Lebertran war?«
    Sigmar schaute zu Pálmi hinüber und gab keinen Ton von sich.
    »Du willst also sagen, dass die Jungen alle süchtig wurden, weil sie diese Pillen genommen haben«, fuhr Pálmi fort. »Dass sie deshalb dem Alkohol und Drogen verfielen oder in der Irrenanstalt landeten. Sigmar, weißt du, wer hinter diesen Versuchen steckte? Oder ist das alles pure Erfindung von dir? Du hast in der Zeitung gelesen, dass dein früherer Volksschullehrer sich an Kindern vergangen hat, und braust dir da eine abenteuerliche Geschichte über Giftpillen und Todesfälle zusammen. Ist das nicht alles ein Produkt deiner Phantasie?«
    »Von wegen Phantasie«, sagte Sigmar schließlich und schaute Pálmi an. »Ich hatte gedacht, du würdest mir glauben, weil du Daníels Bruder bist, aber da habe ich mich wohl getäuscht.«
    »Ich meine nur«, erwiderte Pálmi, »dass das ganz schön unglaublich klingt, was du uns da sagst, und du scheinst uns nicht helfen zu wollen, damit wir der Sache auf den Grund gehen können. Du weißt mehr, als du sagst, und wir möchten alles hören, was du weißt. Nicht nur einen Teil davon, sondern alles.«
    Sigmar schwieg.
    »Hast du Daníel jemals in der Klinik besucht?«, wechselte Pálmi abrupt das Thema.
    »Früher habe ich das gemacht«, sagte Sigmar, »aber später nicht mehr. Ich sah keinen Sinn darin. Ich habe nur ganz selten Zugang zu ihm gefunden, und ich fand es so trostlos, wie er da drin dahinvegetierte und kaputtgegangen ist. Diese Scheißmedikamente. Alle sind tot, alle meine Freunde. Außer mir ist niemand mehr übrig.«
    »Deswegen kann ich mich an dich erinnern. Seit ich sieben war, bin ich jede Woche einmal in die Klinik gegangen, um Daníel zu besuchen, und damals bekam er manchmal Besuch von anderen als nur Mama und mir, und du warst einer von denen.«
    »Wir

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