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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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dem ganzen Krempel um ihn herum gab es tatsächlich ein richtiges gelbes Staubtuch, und damit wischte er sie mindestens einmal in der Woche ab. Mindestens einmal. So war der arme Halldór. Er war so bemitleidenswert und so einsam. Mit all diesen Kindern um sich herum.«
    Bei diesen Worten schloss Helena die Augen.
    »Entschuldige, Helena«, sagte Pálmi. »Du musst jetzt ruhen. Brauchst du etwas? Etwas, das ich dir besorgen könnte?« »Wenn du meinen Kjarval retten könntest, würde ich mich sehr freuen«, sagte sie und schlief dann ein.
    Als Pálmi am späten Nachmittag nach Hause kam, schaute er in seinen Briefkasten und entnahm ihm einige Rechnungen und drei Benachrichtigungen wegen Einschreiben, die er auf der Post abholen musste. Er bekam häufig Bücher als Einschreiben zugeschickt, die er selbst kaufen oder für die Kunden verkaufen sollte, meistens zu einem absurd hohen Preis.
    Er nahm die Post mit nach oben und legte sie auf das Telefontischchen an der Tür. Er nahm Daníels altes Klassenfoto vom Schreibtisch und sah es sich genau an. Auf der Rückseite war ein verblasster Stempel zu sehen: Baldurs Fotostudio. Er schlug im Telefonbuch nach und sah, dass das Geschäft auf der Vesturgata immer noch existierte.

Zweiundzwanzig
    Durch Sigmars Aussage erhielt die Ermittlung eine ganz neue Wendung. Erlendur setzte seine Leute auf Daníels Klassenkameraden an, um festzustellen, was aus jedem Einzelnen geworden war, und Belege für Sigmars Aussage zu bekommen. Sie gingen die alten Klassenverzeichnisse aus der Víðigerði-Schule durch, und anschließend ging es darum, die Angehörigen ausfindig zu machen. Ziemlich bald stießen sie auf die Mutter von Agnar Baldursson, von dem Sigmar behauptet hatte, er sei im Alter von nur dreizehn Jahren gestorben. Erlendur und Sigurður Óli fuhren zum Hrafnista-Altersheim, wo die Frau vor kurzem aufgenommen worden war. Sie war etwas über siebzig.
    »Was hältst du von diesem Pálmi?«, fragte Sigurður Óli, als sie auf den Parkplatz vom Altersheim einbogen.
    »Scheint ganz in Ordnung zu sein«, antwortete Erlendur. »Aber ein bisschen verschroben für sein Alter. In meiner Jugend hätte er den Spitznamen Professor weggehabt. Genau wie du Feuermelder genannt worden wärst.«
    »Ich wurde Feuermelder genannt«, sagte Sigurður Óli und strich sich über das rötliche Haar. »Ich frage mich, ob er nicht zu den Verdächtigen gezählt werden muss.«
    »Ich kann ihn mir eigentlich nicht als mordwütigen Brandstifter vorstellen. Worauf willst du hinaus?«
    »Meines Erachtens können wir ihn nicht einfach außer Acht lassen. Halldór hat seinem Bruder etwas angetan. Er hat ihn auch in der Klinik besucht, was womöglich zu seinem Selbstmord geführt hat.«
    »Du vergisst, dass Pálmi bei seinem Bruder in der Klinik war, als das Feuer gelegt wurde.«
    »Er hätte jemand anderen beauftragen können, das Haus in Brand zu stecken.«
    »Das ist viel zu weit hergeholt, Feuermelder. Außerdem finde ich diesen Pálmi irgendwie sympathisch. Er ist geradeheraus, und man sieht ihm an, dass er es nicht einfach gehabt hat im Leben. Beide Eltern tot und der schizophrene Bruder in der Psychiatrie. Er steht ganz allein da mit den Trümmern eines Familienlebens, das von vornherein auf eine Tragödie hinauslaufen musste. Ich bedauere ihn. Er ist kein Mörder.«
    »Auf jeden Fall fällt es schwer, ihn sich als Mörder vorzustellen, so schwächlich, wie er ist.«
    »Er ist zwar nur ein halber Hering, aber irgendwie ein zäher Bursche.«
    »Halber Hering?«
    »Ein schmales Handtuch. Ich habe den Ausdruck in einem Buch über die Westfjorde gefunden. Besser als so what !« »Er ist ja auch käsebleich, der Mann.«
    »Nur weil Pálmi nicht wie du im Solarium rumhängt oder sich im Fitnessstudio Muskeln antrainiert, muss das nicht gleich heißen, dass er ein Schwächling ist.«
    »Ich finde nichts dabei, dass Männer und Frauen ins Solarium gehen, vor allem jetzt, so mitten im Winter. Es tut nicht nur der Haut gut, ein bisschen Farbe zu bekommen, sondern es ist auch für die Psyche wichtig.«
    »Du klingst wie eine von diesen abgedroschenen Fernsehanzeigen.«
    »Du solltest es mal selber probieren.«
    »So weit kommt ’s noch, wie ein Vollidiot unter einer Lampe zu liegen und darauf zu warten, dass der Arsch braun wird.« »Man muss mit der Zeit gehen, Erlendur.«
    »Lieber liege ich in einem verlausten Bett und hause in einer Torfkate.«
    »Ich weiß. Du bist dein eigener Großvater.«
    » So what ?«
    Im

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