Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
Vom Netzwerk:
herausgenommen.«
    »Oder noch nicht eingeordnet.«
    Freund legte die Ordner in ihre Ursprungsposition zurück.
    »Wir können uns später darum kümmern. Wo ist denn hier das
Schlafzimmer? Wenn wir um diese Zeit jemanden finden, dann am ehesten dort.«
    An der gegenüberliegenden Wand führte eine Tür zu einem Raum, der
von der Eingangshalle nicht zu betreten war. Freund öffnete sie und leuchtete
hinein. Das kleine Arbeitszimmer war so übersichtlich, dass er es nicht einmal
betreten musste, um zu sehen, dass sich niemand darin befand.
    »Dort schauen wir nachher genauer«, flüsterte Freund.
    Zunächst stießen sie auf ein geräumiges Bad. Die Kacheln darin waren
nach alter Manier noch fugenfrei verlegt, die Sanitäreinrichtungen und
Armaturen wirkten originalgetreu oder waren darauf getrimmt.
    »Hier war auch noch jemand, nachdem zuletzt geputzt worden war«,
stellte Freund fest und beleuchtete die Spritzer auf dem Spiegel über einem der
zwei Waschbecken. Er hob den Deckel vom Wäschekorb daneben. »Und die
gebrauchten Handtücher wurden auch nicht sofort gewaschen.«
    »Oder es war noch jemand hier, als Köstner sich angeblich schon auf
Urlaub befand.«
    Freund wollte den Korb schon wieder schließen, als Petzolds Licht
noch einmal auf die Wäsche fiel. Er zog die Handtücher heraus und hielt eines
hoch, damit er es genauer betrachten konnte. Im scharfen Strahl von Petzolds
Licht leuchteten die rotbraunen Flecken noch intensiver.
    »Ist es das, was ich denke, dass es sein könnte?«, fragte sie.
    Freund kratzte an einem der Flecken, roch daran. »Könnte sein«,
sagte er, »dass es Blut ist. Hat sich beim Rasieren geschnitten. Kein Wunder.«
    In der Lichtscheibe seiner Lampe erschienen ein altmodisches
Rasiermesser und zwei dicke Schleifbänder an Haken neben dem Spiegel. Freund
erinnerte sich an solche Utensilien aus dem Bad seines Großvaters.
    »Das könnte schon ich nicht. Mit weit über achtzig wird Herr Köstner
erst recht kein ganz ruhiges Händchen und scharfe Augen mehr haben.« Er
untersuchte zwei weitere Handtücher, die er im Korb gefunden hatte. »Kein Blut
auf diesen hier. Gehen wir weiter. Bei Bedarf können wir sie immer noch von der
Technik prüfen lassen.«
    Auch das Schlafzimmer war leer. Das altdeutsche Doppelbett mit
gedrechselten Säulen an jeder Ecke war ungemacht, aber kalt. Auf dem
Nachtkästchen lag die Neuausgabe des Reiseberichts eines englischen
Afrikaforschers aus dem achtzehnten Jahrhundert.
    Damit hatten sie die Eingangshalle und die von ihr abführenden
Kurzflure einmal umrundet. Blieben der obere Stock und das Zimmer hinter der
Bibliothek. Noch immer fühlte Freund sich wie ein Einbrecher. Sie durchquerten
die Bibliothek, um sich kurz in dem kleinen Arbeitszimmer umzusehen. Ein alter
Schreibtisch war zum Fenster hin ausgerichtet. Er wirkte aufgeräumt, nur auf
der ledernen Schreibunterlage lagen ein paar Zeitungsausschnitte ordentlich
übereinandergestapelt.
    »Er hat die Berichte über den Mordversuch an Colin Short
aufgehoben«, stellte Petzold fest, während sie die Papiere durchsah, wobei sie
jedes Blatt nur an einer äußersten Ecke anfasste. Sie hatte den gesamten Stoß
von links nach rechts geordnet, als sie sich vorbeugte. Zuunterst lag ein
kleines Foto. Im gleißenden Licht ihrer Lampe erkannte Freund eine alte
Schwarz-Weiß-Aufnahme mit vergilbtem Zackenrahmen. Von ihr blickten ihnen
mehrere Menschen entgegen, darunter ein paar Soldaten, einer davon ein
Schwarzer.
    »Das ist Colin Shorts Suchbild«, sagte Petzold aufgeregt. Nach dem
bisherigen Flüstern klang ihre normale Stimmstärke wie ein Aufschrei. »Das hier
muss das Original sein.«
    Mit spitzen Fingern fasste Petzold den zackigen Rand des
Fotokartons. Sechzig Jahre Geschichte, einen Mord, einen Mordversuch und wer
wusste, welche Schicksale noch es hinter sich hatte. Auf der Rückseite
erkannten sie im Licht der Taschenlampen einen verblichenen Stempel.
    »Was steht dort?«, fragte Petzold.
    »Kann ich nicht lesen. Wahrscheinlich das Signet des Fotolabors.«
    »Woher hat er dieses Bild?«, fragte Petzold, diesmal mehr sich
selbst.
    »Vielleicht hat der amerikanische Doktor immer nur eine Kopie
besessen. Dann wollte er das Original und hat deshalb Kontakt mit Köstner
aufgenommen …«, mutmaßte Freund.
    »In der Suchanzeige fragt er aber nur nach Menschen auf dem Bild,
nicht nach dem Foto selber«, wandte Petzold ein.
    Ihre Blicke begegneten sich, so gut das im Dunkeln möglich war.
    »Oder der alte Mann hat

Weitere Kostenlose Bücher