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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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entgegenstemmte.
    Und wieder ein Laut.
    Direkt vor ihm. Jemand streifte seinen Fuß. Raschelte nach hinten
davon. Vor seinem inneren Auge sah er die kleine pelzige Kreatur mit dem
nackten Schwanz. Sein Magen machte einen Sprung, fast hätte er die Flasche
fallen lassen.
    So konnte er nicht weitermachen. Behutsam zog er das Mobiltelefon
hervor.
    Noch immer kein Empfang.
    Aus dem hellen Raum vor ihm drang leises Seufzen.
    Du musst jetzt ganz ruhig bleiben.
    Seit dem Blick in die Truhe wiederholte sie den Satz in einem fort
lautlos wie ein Mantra. Du musst jetzt ganz ruhig bleiben. Die starren Augen
des toten Bocks. Seine spindeligen Beine, als wäre er mitten in einem
akrobatischen Sprung abgestürzt. Das Fell, einer Decke gleich über andere
Formen gebreitet.
    Die menschliche Ferse.
    Aufwachen, Lia! Es ist alles nur ein Traum. So wie vergangene Nacht.
Gleich liegst du schweißgebadet in deinem Bett. Schrei! Schrei, damit du dich
selber weckst!
    Du musst jetzt ganz ruhig bleiben. Ganz ruhig.
    Fünf Treppen auf einmal. Raus aus dem Keller. Schon ärgerte sie sich
darüber, Freund gehorcht zu haben. Warum durfte nicht sie unten bleiben? Wie
lautete die Telefonnummer der Sonderkommission?
    Ruhig bleiben.
    Die große Küche, vor wenigen Minuten noch voll unheimlicher
Schatten, wirkte auf einmal unendlich sicher und heimelig. Bis sich die Bilder
aus dem Keller wieder in ihr Bewusstsein zwangen.
    Sie wartete auf das Empfangssymbol am Display. Freunds Telefonat vom
Vormittag. Mit fiebrigem Daumen durchforstete sie die Nummer der empfangenen
Anrufe. Das hier musste er sein. Eine Festnetznummer. Der Oberinspektor hatte
sie also aus seinem Büro kontaktiert. Und wenn der Dienstanschluss nicht in die
Einsatzzentrale umgeleitet wurde? Sondern auf sein Handy? Mit viel Pech hatte
er da unten wieder Empfang. Und sie erwischte ihn im falschesten Moment.
    Du musst jetzt ganz ruhig bleiben.
    Blieb nur der Weg über den Notruf.
    Großartig. Hallo, Kollege, ich bin im Haus des irren
Chimärenmörders. Ja, ich bin sicher. In seiner Tiefkühltruhe habe ich gerade
eine Ziegenbockhälfte mit abgesägten Hörnern und Menschenbeine gefunden. Genügt
das? Nein, das ist kein blöder Scherz. Überprüfen Sie meinen Namen, fragen Sie
Doktor Pribil vom Kriminalkommissariat West. Petzold. Lia Petzold. Ob ich mich
ausweisen kann? Wie denn, am Telefon?
    Man würde ihr kein Wort glauben. Zu viele Mondsüchtige und
Gehirnamputierte nervten den Telefondienst.
    Du musst jetzt ganz ruhig bleiben.
    Ihr blieb keine andere Wahl. Tief über das Gerät gebeugt wählten
ihre Finger die Notrufnummer. Ein zweiter Finger tippte dazwischen, schwarz,
aus Stoff, und ein dritter, eine ganze Hand, groß, grob, in einem schwarzen
Handschuh, legte sich um das Gerät und entwand es ihr, während ihr anderer Arm
hinter ihrem Rücken hochgedreht wurde, dass sie schreien hätte können, hätte da
nicht diese Hand über ihrem Mund und ihrer Nase gelegen, die ihr den Atem
raubte.
    Der Mann in Weiß wandte Freund den Rücken zu. Er stand in der
Mitte eines langen Tisches. Hinter seiner rechten Seite ragten Oberkörper und
Kopf eines liegenden alten Mannes hervor. Über eine Hakennase und die
Backenknochen spannte wächserne Haut, schüttere graue Haare hingen wirr auf die
Tischplatte. Über seine Brust zogen sich graue Bänder, die unter der Platte
verschwanden. Neben dem Kopf warteten seltsam verdrehte Stangen. Die Hörner
einer Ziege. Freund konnte keinerlei Lebenszeichen feststellen. Zur linken
Seite des Weißgekleideten stachen die knochigen Läufe eines Huftiers über der
Tischplatte in die Luft.
    Sie bewegten sich.
    Im Schatten unter dem Tisch lag, was die Ziegenbeine ersetzten.
    An einem Haken vor der rechten Wand hing das Bocksvorderteil über
einem Plastikbottich.
    Hinter dem Tisch, zur Hälfte von dem Weißen verdeckt, kauerte ein
zweiter Greis auf einem Stuhl. Die untere Hälfte seines Gesichts war von einem
Klebeband verdeckt, aus der oberen quollen zwei schreckgeweitete Augen. In
diesem Zustand konnte Freund keine Ähnlichkeiten mit den Vermisstenbildern
feststellen. Sein gefesselter, eingefallener Oberkörper hob und senkte sich
heftig.
    Am hinteren Ende des Raums erkannte Freund eine Tür. Blitzschnell
versuchte er die Proportionen des Hauses zu rekonstruieren. Wenn er sich nicht
täuschte, musste dieser Ausgang an der Hausseite, wo oben die Autos standen, in
den Garten führen.
    Mehr konnte er durch das Schlüsselloch nicht erkennen. Seit seinem
ersten Blick waren

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