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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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Folgetonhorn
abgeschaltet hatte. Er nannte Wagner die Adresse. Am stockenden Stadtverkehr
vorbei raste er über den Schienenstrang der Straßenbahn Richtung siebzehnter
Bezirk.
    Hinter den Glasscheiben seines klimatisierten Wagens wirkte die
Außenwelt wie ein fremder Kontinent. Während ihn fast fröstelte, tauchte die
Hitze über dem Asphalt alle Konturen in eine zitternde Unschärfe. Die Gehsteige
waren menschenleer. Wer konnte, blieb in den Wohnungen oder lag in einem Bad.
Privilegierte hatten die Stadt Richtung Berge oder Neusiedler See verlassen. Wer
doch hinausmusste, rettete sich von Schatten zu Schatten. Nur ein Kind hüpfte
unbekümmert an der Hand seiner Mutter in der Sonne. Im schmalen Schatten eines
Hauses stemmte sich ein Hund mit hechelnder Zunge gegen die Bemühungen seines
Frauchens, ihn an der Leine weiterzuziehen.
    Neben Freund beendete Petzold ihr Telefonat. Mit wachsender
Besorgnis hatte er den Eindruck gewonnen, dass sie mit einer Journalistin
redete.
    »Stimmt«, antwortete sie auf seine Frage. »Gleichzeitig ist sie aber
auch meine beste Freundin, war heute meine Chauffeurin und wird den Mund und
vor allem ihre Finger unter Kontrolle halten, bis ich ihr etwas anderes
erlaube.«
    »So einen Journalisten habe ich noch nicht kennengelernt«, erwiderte
Freund skeptisch.
    »Dann freuen Sie sich auf Doreen. Wenn das alles vorbei ist, stelle
ich sie Ihnen einmal vor. Von ihr stammen übrigens auch die Informationen über
die Heimkinder, die ich Ihnen vorher gezeigt habe. Sie hat ein wenig
recherchiert, während sie vor dem Heim auf mich gewartet hat.«
    Dass Petzold sich nicht mit fremden Federn schmückte, machte sie
Freund wieder ein Stück sympathischer. Weniger erfreulich fand er die Tatsache,
dass sie Ermittlungen mit Privatpersonen besprach.
    Adriano Celentanos Reibeisenstimme meldete einen Anruf auf Freunds
Telefon. Auf seine Bitte nahm Petzold das Gespräch an. Aufmerksam hörte sie zu,
dann erklärte sie Freund:
    »Doktor Norman Bodert hatte vergangene Woche routinemäßig drei Tage
frei, gleich im Anschluss daran meldete er sich telefonisch krank. Seither ist
er nicht mehr aufgetaucht.«
    »Er ist unser Mann«, zischte Freund, trat das Gaspedal noch ein
Stück tiefer und ärgerte sich wieder einmal über ein paar Autofahrer, denen die
Bedeutung eines Blaulichts unbekannt schien. Er schaltete das Horn zu.
    Laut und blinkend hatten sie den Gürtel überquert und näherten sich
der Adresse des Arztes. Petzold zählte laut die Hausnummern auf jeder
Straßenseite.
    »Jetzt muss es gleich kommen.«
    Freund schaltete das Blaulicht ab und blieb in zweiter Spur stehen.
    Das Altbauzinshaus erinnerte Freund an jenes im sechsten Bezirk, wo
er selbst mit seiner Familie wohnte, wenn sie sich nicht im Weingarten
aufhielten. Die Fassade war vor nicht allzu langer Zeit renoviert worden und
strahlte in blassem Rosa. Als Freund aus dem Wagen stieg, bremste Varic hinter
ihnen und sprang gleichzeitig mit Spazier aus ihrem Fahrzeug.
    »Wir warten nicht auf die anderen«, erklärte Freund und lief zum
Haus. Er drückte gegen das Tor, während er die Namen auf dem Türklingelschild
aus Messing studierte. Er fand Boderts Namen, drückte aber auf ein paar andere
Knöpfe. Eine Stimme meldete sich. Freund antwortete, und die Tür sprang auf.
Obwohl ein Lift bereitstand, hasteten sie die Treppen hinauf. Freund begann
wieder die letzte Nacht zu spüren. Seine Beine schmerzten, die Wunde an seinem
Bauch brannte, und sein Atem keuchte. Spazier und Varic überholten ihn, die
bandagierte Petzold hielt mit.
    Auf der dritten Etage angekommen, sah er die drei bereits neben
einer Tür in Anschlag gehen. Sofort entdeckte er die Plastiksäckchen mit
Werbeprospekten an der Klinke hängen und die Zeitungen auf dem Schuhabtreter.
Wortlos zeigte Spazier darauf und zeigte sieben Finger. Seit einer Woche hatte
Bodert keine Zeitungen mehr vor seiner Tür aufgehoben. Entweder war er seitdem
nicht mehr hier gewesen oder hatte die Wohnung nicht verlassen. Das passte zum
Verschwinden der Opfer.
    Sie verständigten sich mit Blicken. Varic und Petzold sicherten,
Spazier und Freund warfen sich gegen einen Flügel der hohen Altbautür. Krachend
gaben die Schlösser beim ersten Mal nach. Freund und Spazier sprangen zurück,
schneller Blick in den Vorraum.
    In dem hellen Zimmer mit hohen gelben Wänden fanden sie lediglich
eine Kommode, auf der ein paar Papiere ordentlich gestapelt lagen, einen Stuhl
und einen Garderobenständer. Zwei davon

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