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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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konnte.
    »Leider nannte Tomlins damals keine Namen, weil er niemanden ohne
Beweise verdächtigen wollte.«
    Petzold überflog die Protokolle. »Kein Wort von Emilie Wildschek.
Auch sonst kaum Österreicher unter den Befragten.«
    »Die Military Police fand nicht so viele seiner österreichischen
Verbindungen. Und freiwillig wird sich niemand gemeldet haben, der von dem Fall
wusste. Wer will schon in einen Mord verwickelt werden? Noch dazu, wenn es, wie
Sie erzählt haben, Schwarzmarkthändler waren.«
    »Hat er denn keine Aufzeichnungen hinterlassen? Ein Tagebuch?«
    Shackleton kramte ein paar verblasste Farbfotos aus dem Stapel. Ihre
Töne verliehen ihnen den Charme der alten Aufnahmen aus den großelterlichen
Familienalben.
    »Zweierlei hat man bei ihm gefunden, was die Ermittler nie aufklären
konnten. Das eine verstehe ich jetzt, nachdem ich Ihre Geschichte gehört habe.«
    Auf einem erkannte Petzold ein kleines Schmucketui. In schwarzen
Samt gebettet lag ein schmaler Goldring mit Stein. Eine zweite Großaufnahme
zeigte die Gravur auf der Ringinnenseite: Eternal Love,
Alvin, 1948.
    Emilie Wildschek hatte ihn nie bekommen.
    Geduldig wartete Shackleton, bis Petzold die Bilder wieder weglegte.
    »Zu dumm, dass er Wildscheks Namen nicht auch eingravieren ließ«,
sprach er aus, was Petzold dachte. »Mit einem For Emmi hätten die Polizisten sie damals vielleicht gefunden.«
    Dann legte er Petzold das nächste Foto vor. »Das hat 1948 niemand
verstanden, und es ist bis heute ein Rätsel geblieben.«
    Das Bild zeigte nur die Hand des Toten im Staub liegend. Ihr Zeigefinger
schien auf etwas hinzuweisen. Dann erkannte Petzold, dass er am Ende einer in
den Staub gekratzten Linie lag.
    »Was heißt das?« Sie sah genauer hin. »Liest sich wie ›Harry‹. Wer
war Harry?«
    »Man weiß es nicht. Natürlich hatte er ein paar Kameraden mit diesem
Namen. Aber mit keinem hatte er engeren Kontakt. Außerdem hatte nachweislich
keiner von ihnen auch nur am Rande mit der ganzen Geschichte zu tun. Es muss
außerhalb der Army noch einen anderen Harry gegeben haben. Aber der wurde nie
gefunden.«
    Atemlos drückte Petzold auf den Knopf neben dem Schild
»Wildschek«. Als nach einer Minute noch immer niemand öffnete, klingelte sie
noch einmal.
    »Ich bin ja schon da«, erklärte die alte Frau mit gelassener Miene,
während sie die Tür öffnete. »Frau Inspektor Petzold. Sie sehen ja schon viel
besser aus. Jetzt holen Sie doch einmal in Ruhe Luft. Kommen Sie herein. Darf
ich Ihnen einen erfrischenden Eistee anbieten?«
    »Ich habe nur eine kurze Frage …«
    »So werden Sie nicht alt, junge Frau. Setzen Sie sich und trinken
Sie einen Schluck. Dann höre ich mir Ihre Frage an.«
    Petzold blieb nichts anderes übrig, als Wildschek ins Wohnzimmer zu
folgen.
    »Sie haben Glück, dass Sie mich erwischen. In einer halben Stunde
bin ich zu einem Spaziergang mit Freunden verabredet.«
    Sie schenkte Petzold ein Glas voll mit goldfarbener Flüssigkeit und
stellte es vor ihr auf den Tisch.
    »So. Trinken Sie. Selbst gemacht. Mit verschiedenen Tees und Honig
statt Zucker.«
    Petzold nahm einen Schluck, während sich Wildschek selbst ein Glas
füllte und setzte. Der Tee schmeckte köstlich.
    »Also: Welche Frage versetzt Sie in solche Aufregung?«
    Angesichts der greisen Gelassenheit kam Petzold ihre eigene
Gehetztheit mit einem Mal lächerlich vor.
    »Sie hat mit unserem gestrigen Gespräch zu tun. Kannten Sie damals
jemanden, der Harry hieß?«
    Wildschek stellte ihr Glas ab und sah Petzold nachdenklich an.
    »Ich kannte aus Erzählungen Alvins einen Mann, der Harry hieß
beziehungsweise Harold. Persönlich habe ich ihn nie kennengelernt. Es gab aber
auch einen Mann, den Alvin Harry nannte, obwohl er nicht so hieß. Er gehörte zu
meiner Runde. Er hatte sehr dichtes Haar, auch auf den Händen, Armen, Beinen,
soweit ich das beurteilen konnte. Als Alvin ihn zum ersten Mal sah, meinte er
ziemlich uncharmant: › Man, you are hairy! ‹Der andere missverstand ihn zuerst und antwortete unter
dem Gelächter unserer Freunde: › No, I am Gerwald. ‹
Seitdem liebte Alvin es, Gerwald Köstner, den er von Beginn an nicht mochte,
als Harry aufzuziehen.«

Feuersturm
    Als Freund mit Spazier und Varic in den größeren Raum der
Einsatzzentrale wollte, kamen sie fast nicht mehr hinein, weil sich sämtliche
Mitglieder der Sonderkommission darin drängten. Vor der Wand mit dem
mittlerweile kaum mehr überschaubaren Netz aus Diagrammen, Fotos und

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