Menschenteufel
setzt, sobald
die erfahren, was wir hier gerade machen.« Sie zeigte auf den Monitor. »Ich
weiß, womit wir anfangen. Im Hotel war der Computer ans Internet angeschlossen.
Wenn es Aktuelles gibt, finden wir vielleicht etwas in seinem Mailaccount.«
Präbichler öffnete das elektronische Postfach auf Doktor Colin
Shorts Computer.
»Das sind hier nur die Mails bis zu seinem Verschwinden«, sagte
Präbichler. »Danach war der Computer nicht mehr online.«
»Sehen wir uns die einmal an.«
Im »Eingang«-Ordner waren dreizehn Nachrichten gespeichert. Petzold
öffnete eine nach der anderen. Die meisten schienen mit Shorts Arbeit
zusammenzuhängen. Drei waren Bestätigungen für den Flug nach Wien und die
Hotelreservierung.
»An der raffinierten Verschlüsselung dieser Terrorbotschaften werden
sich deine BVT -Leute die Zähne ausbeißen«,
bemerkte Präbichler trocken.
Petzold prustete, dann wurde sie wieder ernst. »Flüge und Hotel.
Aber warum?«
Short hatte einige Unterordner gebildet, die Titel wie »Work«,
»Private«, »DuBois« trugen. Und »Vienna«.
»Öffne den einmal«, forderte Petzold aufgeregt, als hinter ihr die
Zimmertür aufgerissen wurde.
»Es gibt was Neues zu dem Neger«, rief Doktor Pribil, ohne
einzutreten.
»Er ist Afroamerikaner«, erwiderte Petzold.
»Nennen Sie ihn, wie Sie wollen. Das BVT erwartet uns auf jeden Fall in einer halben Stunde.«
Länger würde sie den Computer nicht mehr zurückhalten können. Na,
die Übergabe würde ein Spaß werden.
»Bin in einer Minute bei Ihnen«, erwiderte Petzold. »Ich muss hier
nur noch etwas zusammenpacken.«
Ohne die Tür zu schließen, verschwand Pribil.
»Wir müssen später weitermachen. Ich habe einen Termin. Den Computer
muss ich mitnehmen. Wir haben doch alles auf der Sicherungskopie?«
Präbichler nickte.
»Gut. Mach noch schnell den ›Vienna‹-Ordner auf.«
In der Ablage befand sich genau eine Nachricht.
»Lieber Coulditbe«, übersetzte Petzold den in schlechtem Englisch
verfassten Text beim Lesen gleich ins Deutsche. »Die zweite Person von links
ist mein Vater. Sein Name ist Kilian Stiks, und er lebt in Wien. Er weiß ein
paar Vornamen der Personen auf dem Bild. Aber er kennt jemanden, der mehr
wissen könnte. Falls Sie dessen Namen brauchen, kontaktieren Sie uns bitte
unter folgender Telefonnummer.«
Sie wechselte einen Blick mit Präbichler. »Coulditbe?«
»Could it be. ›Könnte es sein‹ als Deckname? Klingt, als hätte dein
Herr Short noch eine zweite Identität.«
Baal
Eine Zeit lang bannten die Altbauzimmer seiner Dienststelle im
Sommer die Hitze. Diese Zeit war vorbei. Die Backofenluft der Innenstadt hatte
sich überall breitgemacht. An ihren Schreib- und Besprechungstischen, in den
Fluren, selbst auf den Toiletten.
Freund wusch seinen Oberkörper mit einem Waschlappen, sprühte Parfum
auf und zog sich eines der Reservehemden über, die er immer im Büroschrank
aufbewahrte. Kaum berührte der Stoff seine Haut, begann er wieder zu schwitzen.
Er knöpfte es zu und spritzte sich noch einmal kaltes Wasser in Gesicht und
Nacken.
Mit den nassen Händen strich er die schwer zu bändigenden Haare nach
hinten. Die vollen dunklen Wellen sollten dringend den Friseur sehen und
zeigten erste graue Strähnen. Eine fiel ihm ins Gesicht bis auf die Nase. In
der Nacht hatte er sich natürlich nicht rasiert. Die Stoppeln betonten die
ersten schlaffen Partien in der Kiefer- und Halsregion. Müde sah er aus. Und er
fühlte sich so.
Es war kurz nach Mittag. Im Besprechungsraum drängten sich dreißig Polizisten.
Die meisten trugen Uniform. Die Luft legte sich wie Teig über sie. Schnelle
Bewegungen waren unmöglich. Akten wurden als Fächer zweckentfremdet. Die zweite
Frau neben Marietta Varic war die Teamsekretärin der Gruppe Gewalt Zwei,
Viktoria Ivenhoff. Freund hatte sie als unverwüstliche, kompakte Frohnatur
kennengelernt, die seit dreißig Jahren bei der Polizei arbeitete und der man
jede Aufgabe bedingungslos übertragen konnte, solange sie kein selbstständiges
Denken erforderte. An dem langen Tisch arbeiteten zwei Techniker mit Kabeln und
Laptops. Am Kopf des Tisches blätterte eine dritte, junge Frau, die ein
strenges Kostüm trug, in einem Akt. Daneben wartete ihr Vater. Oder wenigstens
sah der Mann im Anzug so aus. Tatsächlich war er ihr Vorgesetzter. Als er
Freund sah, rückte er die randlose Brille zurecht und inspizierte ihn darüber
hinweg. Die große Pinnwand hinter ihnen war von einem Tuch verhüllt.
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