Menschenteufel
arbeitete.
Abteilungsfremde, die Zeugen wurden, reagierten oft irritiert. Manche ließen
sich darauf ein und machten mit. Sie wurden ohne Zögern einbezogen und
akzeptiert. Andere sagten nichts. Oder redeten zu viel. Dann zerbrach der
Moment. Jeder war wieder für sich. Schnell verstummten alle und tauschten sich
erst danach aus.
So wanderten sie durch die Räume.
»Wozu braucht man zwei Schlafzimmer, wenn man geschieden ist?«
»Für Gäste. Für Kinder, die zu Besuch kommen.«
»Ob er die Bücher alle gelesen hat?«
»Eine Biographie Napoleons auf dem Nachtkästchen. Ein aktueller
Thriller von der Bestsellerliste. Und ein Wirtschaftsmagazin.«
Freund musste an sein eigenes Nachttischchen denken. Dort stapelte
sich, was er seit dem letzten Urlaub lesen wollte. Zum Teil noch
originalverpackt. Wuster las entweder wenig oder hatte viel Zeit dafür.
»Ein Seidenpyjama.«
»Mindestens zwanzig Anzüge. Offensichtlich Maßanfertigungen. Hemden
auch handgemacht.«
»Nassrasierer. Teure Aftershaves und Eaux de Toilette.«
»Kondome.«
»Schau an. Für wen er die wohl braucht?«
»Noch mehr teure Uhren.«
»Definitiv keine Einbrecher.«
»Warum sollten ihn Einbrecher so zurichten?«
»Sein Reisepass. Er ist es wohl wirklich.«
Auf Freund wirkten das Haus und seine Ausstattung seltsam konturlos.
Hier lebte jemand, der sich nicht auf seinen Geschmack verließ, sondern auf den
Preis der Dinge und auf Konventionen. Über den Lebensstil anderer nicht zu
werten, hatte Freund sich abgewöhnt. Er tat es ohnehin, ob er wollte oder
nicht. Und einen eigenen Standpunkt konnte man schließlich nur haben, wenn man
wusste, wo man selber stand und wo die anderen.
»Hier fehlt etwas.«
»Was?«
»Ein Computer, würde ich sagen. Die Kabel sind noch da. Hatte sogar
Internetanschluss, der Gute.«
»Hat jemand ein Handy gesehen?«
»Man kann auch ohne leben.«
Als ob es auf das Stichwort gewartet hätte, spielte Freunds
Mobiltelefon »Unsquare Dance«.
»Ein Team ist zu euch unterwegs«, erklärte Canella.
Coulditbe
Der Computermonitor verlangte ein Passwort.
»Na fabelhaft«, murmelte Petzold.
Also Telefon.
»Hallo, Hannes, bist du da? Kannst du einen Moment zu mir
herüberkommen?«
Sie hatte kaum aufgelegt, da flog die Tür auf.
Hannes Präbichler war Mitte dreißig, trug einen altmodischen
Schnurrbart und ein paar Kilo zu viel um die Hüften. Als Petzold ihn
kennengelernt hatte, musste sie sofort an die Polizisten aus der TV -Serie »Kottan« denken. Sehr bald erwies sich
Präbichler jedoch als höchst kultivierter, intelligenter und humorvoller
Gesprächspartner. Mit der Zeit entdeckte Petzold noch andere verborgene Talente
an ihm. Er kochte formidabel, besaß ein enzyklopädisches Wissen über die
Filmwelt und schien in einem Computer aufgewachsen zu sein. Besonders diese
Eigenschaft machte ihn zu einem gern gesehenen Kollegen an jedem Schreibtisch.
Von seiner Homosexualität dagegen wusste im ganzen
Kriminalkommissariat West ausschließlich Lia Petzold. Und solange er das so
wollte, würde es dabei bleiben, zumindest wenn es nach ihr ging. Er war auch
der Einzige, der sie so anreden durfte, wie er es gleich tun würde. Einige
Kollegen vermuteten ein heimliches Verhältnis dahinter. Petzold ließ sie in dem
Glauben. Er bewahrte sie vor unliebsamen Verehrern.
»Hallo, Petzi. Sowas, ohne Kaffee sitzt sie da! Gibt’s was Neues in
deinem Fall?«
»Scheint, als kennen wir unser Opfer jetzt. Das hier ist aus seinem
Hotelzimmer.«
Präbichler musterte den Bildschirm. »Und jetzt soll ich dir da
hineinhelfen.«
»Wenn du so gut wärest.«
»Was wissen wir über den Besitzer? Name, Geburtsdatum, Name der
Frau, der Eltern, der Kinder, des Hundes …«
»Nicht viel.«
Er setzte sich neben sie und begann zu tippen. Dabei murmelte er
unverständlichen Kram vor sich hin. Petzold sah den schwarzen Punkten im
Passwortfenster beim Auftauchen und Verschwinden zu. Auf einmal erschien der
Desktop.
»Drin.«
»Du bist ein Wundertier.«
»Als Erstes machen wir eine Sicherungskopie.«
Er verschwand und kam zwei Minuten später mit einer externen
Festplatte zurück, die er per Kabel mit Shorts Laptop verband. Leise ratternd
wanderten die Daten in das Metallkästchen.
»Was suchst du eigentlich?«
»Einen Grund.« Ratloser Blick. »Den Grund für Doktor Shorts, so
heißt unser Mann, Aufenthalt in Wien. Oder was anderes.«
»Du hattest Zoff mit dem BVT , hört
man.«
»Das war noch nichts gegen das Donnerwetter, das es
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