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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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Retourkutsche würde sicher kommen.
    »Haben diese Untersuchungen schon zu Ergebnissen geführt?«
    Sie öffnete den Computer, der aus dem Standbymodus sofort ansprang.
»Vor knapp zwei Wochen erhielt Doktor Short ein geheimnisvolles E-Mail, das an
einen Pseudonymnamen adressiert war: Coulditbe.«
    Sie las die Nachricht vor.
    »Wer ist dieser Stiks?«
    »Das wollte ich als Nächstes überprüfen. Ich habe die Botschaft
selbst erst unmittelbar vor unserem Termin entdeckt.«
    »Coulditbe. Ein Deckname«, mutmaßte Krischintzky.
    »Anonymisierung. Nicht weiter ungewöhnlich im Internet«, gab Petzold
zu bedenken.
    Thorney Shackleton räusperte sich. »Interessant ist das natürlich
schon.« Sein Akzent klang wie Arnold Schwarzeneggers. »Vor allem unter einem
Gesichtspunkt.«
    Er öffnete seine Mappe. Petzold konnte einen auf dem Kopf stehenden
Lebenslauf erkennen. Sie las den Namen Doktor Colin Short.
    Shackletons älterer Kollege Wilson fuhr fort: »Als wir die Bilder
der Tat sahen, dachten wir zuerst natürlich an die Tat von Ausländerfeinden.
Nazis und Skinheads pflegen ja das Wort ›Terror‹ auf die verschiedensten Dinge
zu schreiben, von Lederjacken bis zu ihren Fingerknöcheln. Doch dann haben wir
Doktor Short überprüft. Dabei sind wir auf interessante Tatsachen gestoßen.«
    Mit einem Blick gab er an Shackleton weiter. Der Schwarze sah einmal
in die Runde, bevor er begann. »Doktor Colin Short hieß nicht immer so. Es gab
eine Zeit, da nannte er sich Muhamad al-Musharaf und wurde mit terroristischen
Anschlägen in Verbindung gebracht.«
    Er ließ seine Worte wirken. Währenddessen kombinierte Petzold
blitzschnell. Ein älterer Afroamerikaner, der einen arabisch-islamischen Namen
getragen hatte. »Es gab eine Zeit«, hatte Shackleton erklärt. Petzold ahnte,
welche Zeit das gewesen sein musste.
    Bevor sie fragen konnte, setzte Shackleton seine Erklärungen fort:
»Deshalb sind wir bei dem Wort ›Terror‹ natürlich aufmerksam geworden.«
    »Entschuldigen Sie, dass ich unterbreche. Ich habe eine Frage. Die
Zeit, von der Sie gesprochen haben, in der Doktor Colin Short sich Muhamad
al-Murashaf …«
    »Al-Musharaf«, korrigierte Shackleton freundlich.
    »Als er sich so nannte, war er da ein Jugendlicher oder junger
Student …« Shackletons Lächeln wurde breiter und ermutigte sie zum Weiterreden.
»… und engagierte sich in der Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre?
Damals nahmen viele Afroamerikaner solche Namen an, ich sage nur Malcolm X, der
auch eine Zeit lang – hm – Shabbas oder so ähnlich …«
    »Malik el-Shabbaz«, half Shackleton aus.
    »… danke, Malik el-Shabbaz hieß.«
    Shackleton zog eine Augenbraue hoch. »Respekt. Sie haben in
Geschichte aufgepasst.«
    »In seinem Hotelzimmer habe ich nichts, aber auch gar nichts
gefunden, das auf terroristische Aktivitäten hinweisen würde.«
    Bohutsch fühlte sich zu einer Bemerkung genötigt. »Das wird die
Spurensicherung erst in den nächsten Tagen abschließend feststellen können. Wir
haben sie ja gerade erst vor Ort geschickt«, betonte er mit einem giftigen
Blick in Petzolds Richtung. Der Unterton entging ihr nicht.
    »Schon in der Highschool und auch später auf dem College und der
Universität war Mister Short oder Muhamad al-Musharaf, wie er sich damals
nannte, in der Bürgerrechtsbewegung aktiv«, erklärte Wilson. »Er wurde mit
militanten Gruppen der Black-Panther-Bewegung in Verbindung gebracht.
Allerdings war er schlau genug, sich nicht erwischen zu lassen. Nachweisen
konnte man ihm nie etwas.«
    »Das ist vierzig Jahre her. Selbst wenn damals jemand Gewalt
einsetzte oder darüber sprach, waren Ziele und Motive ganz andere als jene der
Terroristen heute. Wollen Sie daraus einen Zusammenhang konstruieren?«
    Kaum waren die Worte aus Petzold herausgebrochen, wusste sie, dass
sie zu weit gegangen war. Wilsons Miene wurde eiskalt. Shackletons Lippen
zitterten kurz, dann wurden sie schmal. Dabei gewann Petzold den Eindruck, dass
er sich weniger über ihre Anmaßung ärgerte. Vielmehr schien ihm Wilsons
Interpretation peinlich zu sein.
    Wilson fixierte sie unter seinen zusammengezogenen Augenbrauen.
»Welche Schlüsse wir aus diesen Tatsachen ziehen, dürfen Sie uns überlassen,
Frau Inspektor.«
    Magister Krischintzky setzte nach: »Ich muss Sie nicht an das
Offizialprinzip erinnern, Frau Kollegin, wonach wir jedem erdenklichen Hinweis
nachzugehen haben.«
    Danke, Herr Kollege, müssen Sie wirklich nicht. Und ich muss Sie
nicht

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