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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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durchsucht?«
    »Es ist, wie gesagt, mehr ein Gefühl.«
    »Wenn jemand Handschuhe getragen hat, müssen die doch Spuren
hinterlassen haben. Abrieb, Fasern, …«
    »Wir haben Fasern gefunden. Die können aber auch andere Ursachen
haben. Hält vor Gericht im Zweifelsfall nicht stand.«
    »Wusters Villa wurde ja auch auf den Kopf gestellt. Aber Hermine
Rothers Haus war nicht so verwüstet.«
    »Vielleicht hat danach jemand aufgeräumt«, spekulierte Canella.
    »Oder der Sucher musste rücksichtsvoller sein, damit der Einbruch
unbemerkt bleibt. Oder …«
    »Es war kein Fremder«, sagten sie im Chor.
    »Du kannst meine Vermutung nehmen und verwenden«, erklärte Canella.
»Oder kipp sie in den Müll. Ich wollte es dir nur sagen.«
    »Mit deinen Theorien hast du im Allgemeinen recht. Mal sehen, ob ich
Herrn Lindl damit etwas entlocken kann.«
    Der Einsatzraum war voll besetzt. »Von wem kam Wusters
Lebenslauf auf meinem Tisch?«, fragte Freund in den Raum. Ein junger Bursche
mit breiten Backenknochen und dunklem Bürstenhaarschnitt zeigte auf. Freund
erinnerte sich, dass er Hans Perlan hieß.
    »Was ist mit dem Mann, der Wuster vor zwei Jahren angegriffen hat?«
    »Haben wir schon überprüft. Ein Werkzeugmacher, der ehrenamtlich
beim Roten Kreuz mitarbeitet.«
    »Als medizinische Ausbildung geht das wohl nicht durch.«
    »Er hat außerdem ein Alibi.«
    Immerhin wieder einer, den man ausschließen konnte. Wenn wir den
Täter nicht direkt finden, dann eben, indem wir einen Verdächtigen nach dem
anderen ausschließen, dachte Freund. Bei sechs Milliarden Erdbewohnern konnte
das eine Weile dauern.
    Perlan griff hinter sich und reichte Freund eine braune Mappe.
    »Wir haben auch den ersten Lebenslauf von dieser Rother fertig.«
    »Danke. Vertiefen Sie die Hintergrundinformationen über diesen Bram
noch ein wenig, bitte. Vielleicht tun Sie sich dabei mit der Kollegin Tognazzi
zusammen. Martin Bram scheint auch einer dieser umtriebigen Geschäftsmänner zu
sein. Außerdem kannte er Alfred Wuster.«
    Er war kein Vorgesetzter im Elfenbeinturm. Am liebsten war er mitten
unter seinen Leuten. Nur wenn er sich sehr konzentrieren oder vertrauliche
Gespräche führen musste, zog er sich in sein Zimmer zurück. Oder wenn er auf
seinen Vater aufpassen musste. Er ging in sein Büro.
    Von Hermine Rothers Lebenslauf starrte ihm ein Foto der
Verschwundenen entgegen, dasselbe wie in der Vermisstenanzeige. Hermine Rother
war dreiundsechzig Jahre alt. Geboren als Hermine Bladky, behielt sie nach
einer nur wenige Monate dauernden Ehe Mitte der siebziger Jahre den Namen des
Mannes. Die Beschreibung ihrer Geschäftstätigkeit erinnerte ihn an Martin Bram.
Ähnlich diffus. Alles und nichts.
    Bis 1986 war die Geschäftsfrau Leiterin eines Waisenheims gewesen.
Zehn Jahre lang. Davor hatte sie dort als Betreuerin gearbeitet. Und davor war
sie darin erzogen worden.
    Laut schmatzend schluckte sein Vater das letzte Brot und setzte dazu
an, die Finger am Sofa abzuwischen.
    »Halt!« Mit einem rekordverdächtigen Sprung verhinderte Freund das
Schlimmste. Wozu hatte er Servietten mitgebracht und zu den Broten gelegt?
    »Hat es geschmeckt?«
    »Danke. Ich hätte gern noch einen Kaffee.«
    Mit einem Ruf ins Nebenzimmer bat Freund Frau Ivenhoff um das
Gewünschte und bestellte für sich gleich einen dazu. Seinem Vater drückte er
eine Zeitung in die Hand und setzte sich wieder an seinen Tisch.
    Das Heim Mariabitt war ihm heute schon einmal untergekommen. In
Martin Brams Dossier. Das hatte Bram also gemeint, als er sagte, dass er und
Rother sich schon ewig kannten.
    Auch Hermine Rother war als Säugling hingegeben worden und darin
aufgewachsen. War ohne Eltern groß geworden. Hatte sich später um elternlose
Kinder gekümmert. Hatte ihnen Geschichten vorgelesen. Sie getröstet und
aufgemuntert. Mit ihnen gespielt, gelacht, geweint.
    Bis sie alles aufgab.
    Frau Ivenhoff brachte den Kaffee. Freund leerte die Tasse mit einem
Schluck und bekam sofort einen Schweißausbruch. Was bewegte einen Menschen zu
so einer Entscheidung? Geld? Dann hätte sie gar nicht erst im Heim angefangen.
Oder früher aufgehört. War die psychische Belastung zu groß geworden?
Vielleicht. Freund hatte zwei Kinder. Und neuerdings ein drittes,
sechsundsiebzigjähriges. Schon die waren nicht immer einfach. Wie musste es
erst sein, wenn man fünfzig hatte? Fünfzig fremde Kinder. Freund konnte es sich
nicht vorstellen.
    Hatte es einen anderen Grund gegeben? Ein Jobangebot? Die Chance,
ein

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