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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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sagen, die hinter
ihm aus dem Zimmer ging.
    »Ich muss los«, rief er ihr nach.
    »Du spinnst«, sagte Wagner.
    Freund zuckte mit den Schultern. Was sollte er machen?
    »Papa, bleib bitte im Auto sitzen. Ich bin gleich wieder da.«
    Der Wagen stand im Schatten, seinem Vater konnte nicht zu heiß
werden. Außerdem würde Freund gleich zurückkommen.
    »Ja, ja …«
    Teilnahmslos starrte der Alte durch die halb geöffneten Scheiben.
Freund sperrte von außen zu. In seine Nase mischte sich ein Potpourri aus
Sonnenöl, Brackwasser, heißem Weidenlaub, verwittertem Holz und kochendem
Asphalt. An der alten Donau herrschte Hochbetrieb. Auf dem Wasser konnten sich
die Tret- und Ruderboote, kleinen Segler und Luftmatratzen kaum mehr
ausweichen. Halb Wien suchte Abkühlung im längst zu warmen Wasser des einstigen
Hauptarms. Von den Freibädern an seinen Ufern klangen die Stimmen der spielenden
Kinder und Musik an die Ostseite mit ihren Kleingartensiedlungen. Klein waren
die Gärten inzwischen wirklich. Seit einer Änderung der Bauordnung vor einigen
Jahren wuchsen darin statt Grün vorwiegend Neubauvillen fast bis an den Rand
der meist knapp bemessenen Grundstücke.
    Großzügiger lebte Valentin Murnegg-Weiss. Auf einem der wenigen
Grundstücke in diesem Abschnitt mit direktem Wasserzugang bewohnte er das
ausgebaute ehemalige Domizil eines Ruderclubs. Die übermannshohe Hecke erlaubte
allerdings nur den Anblick des ersten Stocks mit seiner Holzverkleidung und dem
Schindeldach.
    »Schönes Häuschen für einen Beamten«, bemerkte Wagner. »Von meinem
Gehalt ginge sich das nicht aus.«
    Freund läutete. Zur Sicherheit. In der Anzeige hatte er gelesen,
dass die Kollegen vom lokalen Revier bereits im Haus gewesen waren.
Murnegg-Weiss war weder gestürzt und konnte nicht mehr aufstehen, noch war er
vor dem Fernseher gestorben. Er war tatsächlich weg. Aber vielleicht war der
Verschwundene mittlerweile wieder aufgetaucht. Man wusste ja nie, auf was für
Ideen die Leute kamen.
    Nachbarn war der ungewöhnliche Poststapel im Briefkasten
aufgefallen. Deshalb hatten sie die Polizei verständigt. Freund klingelte ein
zweites Mal.
    »Er ist nicht da«, rief eine heisere Stimme.
    Freund entdeckte eine Frau am Gartentor des Nachbarhäuschens.
Zwischen den Heckenabschnitten lugte ein dunkelbraun gegrilltes Gesicht hervor,
über dem kurz geschnittenes weißes Haar leuchtete.
    »Wir sind von der Polizei.«
    »Woher kommen Sie?!«
    Freund wiederholte sich etwas lauter.
    »Ich komme gleich nach«, sagte Freund zu Wagner. Er ging zum Auto
und sperrte auf. So lange konnte er seinen Vater nun doch nicht im Wagen
eingesperrt lassen. »Komm, Papa, wir besuchen jemanden. Wenn du mir
versprichst, ganz anständig zu sein.«
    Wagner hatte recht. Er war wirklich verrückt.
    Sein Vater atmete tief durch, sah sich um und folgte seinem Sohn.
Als Wagner sie beide kommen sah, wurden seine Augen doppelt so groß.
    »Das ist jetzt nicht dein Ernst«, flüsterte er Freund zu.
    »Soll ich ihn da drin verkochen lassen?«, zischte Freund zurück.
    »Na, endlich kümmert sich wer!«, brüllte ihnen die Frau zu. Mit
einer weiten, weißen Leinenkombination aus Hemd und Hose kaschierte sie ihre
Figur. »Ich war schon vor zwei Tagen bei Ihnen. Der Herr Diplom-Ingenieur fährt
zweimal im Jahr auf Urlaub. Währenddessen bittet er mich immer, seine Post aus
dem Briefkastel zu holen, damit man nicht merkt, dass er nicht da ist. Wir
hatten hier unheimlich viele Einbrüche in den letzten Jahren.«
    Freund, Wagner und Freund senior standen jetzt direkt vor ihr, aber
sie brüllte weiter, dass die ganze Straße zuhören konnte.
    »Erst vorigen Monat war die Familie Krantzmeier drei Häuser weiter
dran. Und jetzt in der Urlaubszeit ist es ja immer besonders schlimm, da gehen
die ja gleich von Haus zu Haus. Das ist auch immer ärger geworden in den
letzten Jahren, seit wir die ganzen Ausländer reinlassen, und dann bedienen
sich die natürlich, haben ja nix, die armen Schweine. Ich sage immer …«
    »Gnädige Frau!« Freund versuchte es gar nicht erst leise. »Wir haben
ein paar Fragen!«
    »… jeder soll dorthin, wo er hinge… was wollen Sie? Ein
paar Fragen? Aber bitte! Kommen Sie herein! Wollen Sie einen Tee? Oder einen
Saft? Ich habe Eiswürfel. Aber man sagt ja, an heißen Tagen soll man Heißes
trinken.« Sie war schon vorausgegangen. Als sie anhielt und sich umdrehte, lief
Freund sie fast um. Von schief unten musterte sie ihn mit kritischem Blick.
»Sind Sie wirklich

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