Menschenteufel
Duft
ihres frischen Sommerparfums in Freunds Kopf und erfüllte ihn für einen Moment
vollständig.
»Er schickt eine SMS an eine Nummer.
Kurze Zeit später bekommt er von einer anderen Nummer eine Antwort, ebenfalls
per SMS . Danach unterhalten sich die beiden Telefone
nie wieder miteinander. Aber ein paar Tage später kommt es zu einem
gleichartigen Austausch zwischen Wusters Handy und einer anderen Nummer. Und so
geht das anscheinend schon seit Langem.«
Langsam gewann Freund einen Überblick über das Chaos.
»Und was hat das zu bedeuten?«
»Keine Ahnung.«
»Ich kenne solche Muster von anderen Ermittlungen«, warf Tognazzi
ein. »Hier werden Daten ausgetauscht, und mit jeder SMS kommt auch die Telefonnummer, an die man die nächste Nachricht senden soll.«
»Wozu der Aufwand?«
»Um Spuren zu verwischen und mögliche Ermittlungen zu komplizieren,
ganz einfach.«
»Okay, und jetzt wird es noch interessanter«, sagte Flatz so leise,
dass Freund ihn fast nicht gehört hätte. »Einige dieser gestohlenen Handys und SIM -Karten tauchen noch bei anderen Gelegenheiten auf.
Offenbar gibt es hier Ermittlungen einer anderen Abteilung, ja, da,
organisierte Kriminalität.«
»Darin ist Wuster verwickelt?«, fragte Spazier aufgeregt.
»Keine Ahnung«, erwiderte Flatz fahrig, während seine Finger über die
Tastatur hetzten.
Auf dem Bildschirm verfolgte Freund, wie Flatz die Informationen zu
den fremden Ermittlungen abfragte.
»Auf richterlichen Beschluss werden die Telefone von ein paar
Personen abgehört. Und diese kommunizierten unter anderem mit den Nummern, die
Wuster angesimst hat.«
»Ich glaube, das könnte für uns alle interessant werden«, sagte
Freund. »Projizier das Ganze an die Wand.«
Sie aktivierten den Beamer und ließen ein paar Rollos hinunter. Das
Telefonieren wurde leiser, tippende Finger gönnten sich eine Auszeit, alle
wandten sich der freien Wand zu.
Überlebensgroß starrte ein Mann auf sie herab. Schmales, kantiges
Gesicht, gut aussehender, sensibel wirkender Mittvierziger. Volle Lippen,
Denkerstirn, kurze schwarze Haare. Wenn man sie wachsen ließ, bildeten sie
wahrscheinlich Locken.
»Da wäre einmal Jetmir Bashtrin«, sagte Flatz so laut, dass ihn alle
hören konnten. »Kosovo-Albaner. Baujahr 64. Berufsbezeichnung
Geschäftsmann. Verdacht auf Drogenhandel und Geldwäsche im großen Stil.«
Er gab dem Computer einen Druckbefehl.
»Den kenne ich«, rief Tognazzi. »Nach außen hin hat er ein
florierendes Handelsunternehmen. Auffallend florierend für meinen Geschmack. Zu
seinen Geschäftspartnern gehören eine Menge angesehener österreichischer
Unternehmer, denen die durchaus bekannten Gerüchte über Bashtrin egal sind. Sie
verdienen gutes Geld mit ihm. Und er mit ihnen. Er wird hofiert und gefällt
sich durchaus als Societytyp. Besitzt Häuser weiß Gott wo, Yachten,
Rennpferde.«
»Schöne Society«, brummte Wagner.
»Ein aalglatter Typ, wenn ihr diesen Ausdruck entschuldigt«, fuhr
Tognazzi fort. »Wir haben ihn seit Jahren auf der Liste. Ein Bruder von ihm
führt in Hamburg ähnliche Geschäfte, ein weiterer in New York, ein Cousin in
London, einer in Paris und einer in Buenos Aires. Es ist ein internationaler
Verbrechenskonzern. Aber alle gelten nach außen als erfolgreiche, seriöse
Geschäftsmänner. Keinem war bis jetzt etwas nachzuweisen.«
»Scheint den Kollegen bei der organisierten Kriminalität ebenso zu
gehen«, bemerkte Flatz. »Der Mann hat keine einzige Vorstrafe.«
»Obwohl er anscheinend unvorsichtig wird. Normalerweise kann man so
jemanden nicht einmal mit gestohlenen SIM -Karten
in Verbindung bringen.«
»Wir dürfen nicht vergessen, dass es in diesem Fall in erster Linie
immer noch um Alfred Wuster geht«, warf Spazier ein. »Er ist unser Opfer.«
»Ich sehe zu, was ich finde«, sagte Tognazzi. »Sobald ich mit Wuster
halbwegs durch bin. Die Aktivitäten des Guten haben tatsächlich eine
interessante Tiefe. Aber noch bin ich nicht so weit.«
Bruno Flatz klickte auf seine Maus, und ein neues Bild erschien.
Am auffälligsten war das kupferrote Haar des Mannes. Dick und voll
nahm es die obere Kopfhälfte ein, nur notdürftig von einem Seitenscheitel
gebändigt. Knochige Gesichtskonturen und tief im Kopf liegende Augen verliehen
ihm das Aussehen eines Asketen. Ein Leben mit viel frischer Luft, Alkohol und
Zigaretten hatten seine Haut gegerbt und scharfe Falten um Augen und Mund
gegraben.
»Das ist Dragan Karelevic, ebenfalls Kosovo-Albaner.
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