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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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nichts,
soweit mir bekannt ist.«
    Mit einem Streichholz und einem tiefen Zug brachte er die Zigarette
zum Glühen. »Wenigstens haben die Amis nichts mehr gesagt. Das heißt, entweder
kamen sie zu keinem Ergebnis, oder es war irgendeine interne Sache, die sie
nicht an die große Glocke hängen wollten, oder sie haben den Täter erwischt und
die Geschichte aus einem unbekannten Grund still und heimlich erledigt. Das war
damals auch nicht ungewöhnlich. Wenn es sich um Spitzel oder Informanten
handelte oder um Partner beim Schwarzhandel und Schmuggel. Ja, schauen Sie
nicht so, da haben sich auch ein paar Soldaten goldene Nasen verdient. Sie
saßen ja an der Quelle. Aufgeflogen ist nur, wer wirklich zu dumm war oder
einem mächtigeren Kollegen in die Quere kam. So wie immer im Leben eben.«
    Das klang verbittert.
    »Thomas oder Tommins hieß der Mann, sagten Sie.« In einem kleinen
Notizblock schrieb Petzold Stichworte mit. »Und sein Vorname begann mit A.«
    »Da bin ich ziemlich sicher.«
    »Wissen Sie noch etwas über den Fall?«
    Schmöger blies dichten Qualm aus seinen Nasenlöchern. Mit seiner freien
Hand winkte er. »Ich hoffe, es hat Ihnen keine Umstände gemacht,
hierherzukommen.«
    »Ich bitte Sie! Ich will ja etwas von Ihnen. Außerdem kann ich nicht
verlangen, dass Sie in Ihrem Alter quer durch die Stadt fahren.«
    »Wissen Sie, ich bin vor über zwanzig Jahren in Pension gegangen.
Das ist alles so lange her und so weit weg. Ich wollte nicht auf eine
Polizeistation, wo alles ganz anders ist, als ich es in Erinnerung habe. Ein
paar Jahre lang habe ich das noch gemacht, ehemalige Kollegen besucht. Ich konnte
nicht loslassen. Eines Tages beschloss ich, nie wieder hinzugehen. Dabei ist es
bis heute geblieben.«
    Er dämpfte die Zigarette aus. Versonnen betrachtete er den Stummel.
Ohne aufzusehen, fuhr er fort: »Es gab damals Gerüchte um den Mord an dem
Amerikaner. Kinder hatten ihn beim Spielen gefunden. Später erzählten sie einem
Kollegen, dass neben der Leiche etwas mit Blut auf die Steine geschrieben
gewesen sei. Sie konnten es aber nicht entziffern. Als der Kollege einen
Bekannten bei der amerikanischen Militärpolizei danach fragte, tat dieser es
als Bubenphantasie ab. Aber der Junge schwor auch später Stein und Bein, dass
da etwas gestanden hatte. Aber das habe ich, wie gesagt, nur gehört. Ich weiß
nicht, was dran ist.«
    Er trank sein Glas leer und winkte jemandem hinter Petzold zu. Sie
drehte sich um. Durch die Gartentür trat eine Gruppe von vier alten Frauen und
winkte fröhlich zurück. Stammgäste unter sich.
    Schmöger grinste. »Da werden sich die Damen ganz schön wundern, wenn
sie mich mit so einer feschen jungen Frau hier sitzen sehen. Das gibt nachher
einen Tratsch beim Mittagessen. Die glauben jetzt, ich habe mir eine Freundin
zugelegt.«
    Sicher.
    »Sie könnten meine Hand halten, dann sieht es noch glaubwürdiger
aus.«
    »Sie sind ein Schlingel!«
    »Dafür ist man nie zu alt.«
    Was hatte der denn in seinem Glas gehabt?
    »Über die blutige Schrift ist also nicht mehr bekannt. Gab es
Spuren, die von der Wiener Polizei verfolgt wurden?«
    »Die Kollegen haben sich da weitestgehend rausgehalten. Natürlich
war die Rede von Schmugglern und Hehlern, aber das waren die üblichen
Verdächtigen, und es führte zu nichts. Jemand hat behauptet, der Ermordete
hätte eine österreichische Freundin gehabt, aber gekannt hat die niemand, und
gemeldet hat sie sich auch nicht. Das hätten damals aber viele nicht getan.
Schließlich war es nicht gerade hoch angesehen, mit den ehemaligen Feinden zu
fraternisieren, und schon gar nicht mit einem Schwarzen. Neger hatte man bis
dahin in Wien ja praktisch nicht gesehen. Für viele waren das noch immer Untermenschen.
Aus irgendeinem Grund wurde der Leiter eines Waisenheims befragt, an dessen
Namen ich mich nicht mehr erinnere, also, an den Namen des Leiters. Das
Waisenheim hieß so wie Mariahilf, aber nicht genauso. Der wurde aber nur als
Zeuge oder Bekannter oder so befragt. Der tote Soldat soll außerdem gern
gespielt haben, um Geld. Da gab es auch Verdächtige, und dann war noch von
Korruption und Bestechung die Rede. Aber Sie wissen ja selbst, was in solchen
Fällen alles getratscht wird. Mein ganzes Wissen stammt außerdem aus dritter
Hand, hatte ich das schon erwähnt? Als Polizist sollte ich dieses Gerede
überhaupt nicht weitergeben, aber mit dem Alter wird man entweder stumm oder
geschwätzig oder beides, je nachdem, wem man gerade

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