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Menschliche Einzelteile (German Edition)

Menschliche Einzelteile (German Edition)

Titel: Menschliche Einzelteile (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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Winkelmann
nicht gemeint haben, denn Winkelmann besaß eindeutig nicht das
Format, einen Arzt zu killen und dessen Villa auszuräumen.
Verdammt, Winkelmann besaß nicht einmal das Format, die kleine
Serie bei einem Geldspielautomaten zu holen oder den Automaten von
zwei Euro auf drei Sonderspiele hochzudrücken.
    Nein,
es musste tatsächlich noch jemand da drin sein. Winkelmann
hatte von einem Killer gesprochen – und der schien richtig
Feuer zu machen. Und dieser blöde Ossi von Winkelmann meinte
tatsächlich, er könne sich einfach verhaften lassen und im
Gefängnis auf der faulen Haut liegen, während Hubert sich
mit irgendeinem bescheuerten Massenmörder herumschlug? Oh nein,
so hatte sich Hubert seinen lockeren Überstundenabend nicht
vorgestellt!
    Der
Doktor war erledigt – da musste man sich nichts mehr
vormachen. Ob ihn nun Winkelmann oder irgendein Psychokiller
ermordet hatte - zu retten war hier ohnehin nichts mehr. Also musste
Hubert nur hier draußen abwarten, bis die sich da drin
gegenseitig abgeschossen hatten. 'Biologische Endlösung' nannte
Hubert dieses Vorgehen.
    Einige
Sorgen machten Hubert nur die beiden Geiseln, von denen Winkelmann
gesprochen hatte. Wenn der Ossi nicht bluffte und diese Geiseln
existierten tatsächlich, dann steckte Hubert in der Klemme.
Hoffentlich gingen die Geiseln bei der Schießerei drauf, sonst
müsste Hubert sich etwas einfallen lassen. Auf Zeugenaussagen,
die sein Verhalten in diesem Fall darstellten, konnte er gerne
verzichten.
    Doch
zunächst einmal musste er für Ruhe in seinen eigenen
Reihen sorgen – nicht, dass auch noch einer seiner Knallköpfe
in das Gefecht eingriff und am Ende jemanden verletzte. Der Bericht
würde jetzt schon lang genug werden, da brauchte Hubert keine
zusätzlichen Handlungsstränge. Und abgesehen davon –
die Dienstaufsicht würde schier ausflippen, wenn einer seiner
Jungs einen Gangster abknallte. Dann würde sich Hubert einen
neuen Beamten für seinen Polizeiposten suchen müssen, weil
sein Mann psychologisch zu Tode betreut und ins Irrenhaus
geseelsorgt würde.
    Ja,
so lief das heute!
    Damals,
zu Huberts wilden Zeiten, war ein Polizist noch stolz darauf
gewesen, einen Verbrecher erschossen zu haben. Aber damals waren
Polizisten noch Polizisten und keine BWL-Studenten in Uniform
gewesen. Falls heute ein Polizist einen Verbrecher erschoss, dann
bekam er Depressionen. Er bekam Schlaf- und Essstörungen.
Spätestens zwei Wochen, nachdem er den Verbrecher zur Strecke
gebracht hatte, lief der Polizist herum wie eine Mischung aus Boris
Karloff und Germany's next Topmodel. Er musste behandelt werden.
Gesprächstherapie. Oder am Besten gleich in Kur, mit
Arschmassagen und Darmspülungen. Diese elenden Schlappschwänze!
    Zu
schade nur, dass Hubert niemals in den Genuss eines Feuergefechts
gekommen war. Er hätte diesen Neurotikern schon gezeigt, wozu
ein echter deutscher Polizeibeamter fähig war! Aber vielleicht
würde er heute die Gelegenheit bekommen, einen dieser Penner da
drin zu entsorgen. Ob es sich dabei um einen Killer, einen
Vollidioten, den Winkelmann persönlich oder eine Geisel
handelte – das kümmerte Hubert wenig. Die Geisel würde
er allerdings bevorzugen. Die würde sich nicht wehren und
konnte hinterher auch nicht mehr quatschen.
    In
jedem Fall durften seine Männer niemanden erschießen –
das hatte nun Priorität. Also hob Hubert sein Megafon vor den
Mund und brüllte seine Männer an: „Okay, das genügt!
Feuer einstellen! Niemand schießt mehr, ist das klar?“
    Erst
als er die Gesichter seiner Männer sah, realisierte er, dass
bislang noch niemand einen Schuss abgefeuert hatte. Die gesamte
Party fand ausschließlich im Haus statt – und hörte
plötzlich auf. Noch zwei heftige Schläge, dann kehrte Ruhe
ein.
    Genau
in diesem Moment feuerte doch noch einer von Huberts Männern
einen Schuss ab und erledigte damit einen der Blumentöpfe neben
der Eingangstür. Hubert hob sofort wieder sein Megafon und
blökte los: „Ich sagte, ihr sollt das Feuer einstellen,
verdammt nochmal!“
    Na
prima. Ein toter Blumenkübel. Der Mann würde Depressionen
bekommen. Burnout-Syndrom. Schizophrenie. Vermutlich würde er
auch noch impotent werden. Sein Schwanz würde komplett
versagen, weil er einen Blumenkübel erschossen hatte. Ein Held,
wie er im Buche stand. Wirklich toll!

22. Kein Geschäft, aber ein Deal

    Im
Wohnzimmer ahnte Sören nichts von den Personalproblemen, die
sich für Hubert abzeichneten. Sören ahnte auch nicht,

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