Menschliche Einzelteile (German Edition)
gesamten
Spezialeinheit anlegen. Er würde schön hier unter dem
Tisch liegen bleiben und abwarten, bis die Schießerei zu Ende
war. Dann würde er sich bei der ersten Gelegenheit den kleinen,
geilen Heinz-Maria schnappen und abhauen.
Im
nächsten Moment packte eine Hand Sörens T-Shirt und zog
ihn in die Höhe wie ein Karnickel.
„ So,
du Blödmannsgehilfe. Du kommst auch mit!“
Ewald
natürlich – wer auch sonst?
Verdammter
Mist!
Während
Sören auf die Füße taumelte, schoss eine Gestalt in
den Treppenvorraum. Der Kopf der Gestalt ruckte zum Wohnzimmer
herum. Sören erkannte den Mann: Drago, der Ausbeinschlachter.
Und Drago sprang rückwärts, zurück in die Küche,
als Remo, der Schinken und der Typ aus Frankfurt einen Bleihagel in
den Treppenvorraum schicken.
„ Na,
das war doch für den Anfang gar nicht so schlecht“, sagte
Remo.
Sören
war da grundlegend anderer Meinung.
45. Mein Wille geschehe
Draußen,
in einem Baumwipfel, etwa hundert Meter vom Haus entfernt, kauerte
der Liebe Gott und langweilte sich.
Dabei
hätte er explodieren können. Sein linkes Auge zuckte,
seine Armbeugen juckten und in seinen Beinen deuteten sich
abwechselnd Krämpfe an.
Alles
in allem keine gute Ausgangslage für einen Scharfschützen.
Er
tickte ein wenig neben der Spur, soviel war sicher. Schuld daran war
sicherlich das Mobbing seiner Kollegen, dem der Liebe Gott täglich
ausgesetzt war. Diese bescheuerten Ninjas hielten ihn für ein
Weichei, weil er nicht mit ihnen nach vorne stürmte und
stattdessen aus dem Verborgenen agierte. Dabei wussten diese
dusseligen Kirmesschläger überhaupt nicht, was es
bedeutete, stundenlang in völliger Regungslosigkeit zu
verharren, nur um auf Kommando einer Ratte aus einem halben
Kilometer Entfernung in tiefster Dunkelheit und bei strömendem
Regen in einem Taifun mit einem Präzisionsgewehr ein zweites
Arschloch unter den Schwanz zu schießen.
Und
dann dieses ewige Herumgehacke auf seinem Rufnamen. Verdammt
nochmal, dieser Name stand ihm nun einmal zu! Wer hatte die Macht
über Leben und Tod? Wer konnte aus heiterem Himmel Blitze auf
die Häupter der Ungläubigen schleudern? Wer konnte seinen
Zorn vom Himmel regnen lassen und die Sünder hinweg fegen?
Jeder
bescheuerte Stealth-Bomber, klar. Und vielleicht noch der olle Zeus.
Aber wir waren hier ja nicht in Griechenland. Und die Amis hatten
hierzulande auch nichts mehr zu melden. Also: Wer hatte diese Macht?
Genau:
Der Liebe Gott.
Und
genau deswegen hatte er sich diesen Rufnamen ausgesucht. Weil er die
Sünder bestrafen konnte. Weil er Feuer vom Himmel regnen lassen
konnte. Weil nur er alleine in der Lage war, die Geschicke der
Menschen zu lenken.
Oh,
hoppla … das war nun ein wenig weit gegangen.
Also
gut, er tickte ein wenig neben der Spur. Vielleich lag es am
Mobbing. Vielleicht lag es auch an der Tatsache, dass er vergessen
hatte, seine Medikamente einzunehmen.
Vielleicht
hätte er zumindest einen kleinen Schluck von seinem Neurocil
nehmen sollen. Dieser schizoaffektive Mist machte ihm immer wieder
zu schaffen.
Eigentlich
hätte der Liebe Gott den Rufnamen „Klosterbruder
Null-Null“ erhalten sollen, doch das hörte sich an wie
schmutziger Sex auf der Kirchentoilette. Deswegen hatte er auf dem
Rufnamen „Lieber Gott“ bestanden. Glücklicherweise
hatte Hermann Drache den Rufnamen zugelassen, auch wenn der Rest der
Truppe gemeutert hatte.
„ Na
gut“, hatte Drache gesagt, „dann sind sie eben der Liebe
Gott. Aber eines will ich ihnen sagen: Lieb sind sie nicht. Ganz
gewiss nicht!“
Damit
hatte Drache Recht gehabt. Er war nicht lieb. Ganz im Gegenteil. Und
das war gut so. Bei all dem Mist, den die Menschen verzapften,
mussten die Götter ja sauer werden.
Beispiele
für menschliche Verfehlungen fand er schnell. Da musste er
nicht lange suchen. Er musste nur an seine Frau denken – ein
weiterer Grund, weswegen sich der Liebe Gott an diesem Abend
angepisst fühlte.
Wie
gerne wäre er in genau diesem Augenblick mit genau der
Ausrüstung, die er mit sich führte, zu Hause aufgetaucht.
Wie gerne wäre er in das Schlafzimmer geschlichen, um seine
Frau zu überraschen.
Er
fragte sich, von welchem Nachbarn sie sich wohl gerade bumsen ließ.
Wen würde er wohl in seinem Ehebett antreffen, wenn er jetzt
nach Hause kam? Und vor allem: Wie viele Leute würde er in
seinem Ehebett antreffen?
Vermutlich
hatte sich seine Frau schon durch die gesamte nächstgelegene
Nachbarschaft gearbeitet und vögelte sich nun
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