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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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betreffenden
Personen danach zu befragen, welche Kommunikationsweisen sie
gewöhnlich anwenden, oder anders gesagt, welche Regeln sie für
ihre Beziehung ausgearbeitet haben. Eine herkömmliche Anwendung dieser Technik stellt der Fragebogen dar. Wenn es aber einmal klar ist, dass solche Aussagen nicht immer wörtlich genommen werden dürfen (schon gar nicht auf dem Gebiet der
Psychopathologie), dass Befragte sehr wohl etwas sagen und
etwas ganz anderes meinen können und dass es schließlich (wie
wir gerade sahen) Fragen gibt, zu denen das Bewusstsein über
keine Antworten verfügt, dann wird die Notwendigkeit anderer
Forschungsmethoden offensichtlich. Der Bewusstseinsgrad von
Verhaltensregeln entspricht ungefähr jenem, den Freud für Fehlleistungen postulierte: 1) Sie können voll bewusst sein, sodass
Fragebogen oder einfache Interviews verwendbar sind; 2) man
kann ihrer unbewusst sein, sie aber erkennen, sobald man auf sie
hingewiesen wird; 3) sie können so weit außerhalb unseres Bewusstseins liegen, dass wir sie selbst dann nicht zu erkennen vermögen, wenn andere uns auf sie verweisen. Wie noch zu zeigen
sein wird, gehören die für unsere Studie wichtigen Regeln fast
ausnahmslos der dritten Gruppe an. Bateson hat diese Bewusstseinsstufen einmal wie folgt beschrieben:
    Wenn wir die Skala der Lernvorgänge aufwärts verfolgen, stoßen wir auf
immer abstraktere Strukturen, die immer weniger dem Bewusstseinsbereich angehören. Je abstrakter, je allgemeiner und formaler die Prämissen
sind, auf denen sich diese Strukturen aufbauen, in desto tieferen neurologischen und psychologischen Bereichen wurzeln sie, und desto weniger
sind sie dem Bewusstsein zugänglich.
    Die Tatsache, dass jemand sich gewohnheitsmäßig von anderen abhängig
macht, ist für den Betreffenden unter Umständen viel schwerer zu
begreifen als der Umstand, dass er bei einer bestimmten Gelegenheit Hilfe erhalten hat. Dies kann er vielleicht noch einsehen, aber seine noch komplexeren Verhaltensform einzusehen, dass er nämlich, sobald er Hilfe erhält, meistens die Hand beißt, die ihn füttert,' das kann sich seiner Wahrnehmungsfähigkeit völlig entziehen [16].

    Zum Glück für unser Verstehen zwischenmenschlicher Beziehungen ist diese Schwierigkeit für den außenstehenden Beobachter weniger groß. Er befindet sich in derselben Lage wie jemand,
der einer Schachpartie zusieht, aber weder die Regeln noch das
Ziel des Spiels kennt. Ersetzen wir in dieser Analogie die Unbewusstheit der «Spieler» in wirklichen Lebensbeziehungen durch
die vereinfachte Annahme, der Beobachter kenne die Sprache der
Spieler nicht und sei daher außerstande, sie um Erklärung zu fragen. Es wird ihm nun bald klar werden, dass das Verhalten der
Spieler verschiedene Grade von Wiederholungen zeigt, von Redundanz, aus denen er seine ersten vorläufigen Schlüsse ziehen
kann. Er wird z.B. feststellen, dass fast immer auf den Zug des
einen Spielers ein Zug des anderen folgt. Daraus lässt sich
unschwer schließen, dass die Spieler einer Regel von abwechselnden Zügen folgen. Die Regeln, die die Bewegung der einzelnen
Figuren betreffen, lassen sich nicht so leicht ableiten - teils wegen
ihrer Komplexität und teils wegen der verschiedenen Häufigkeit
dieser Züge. So wird es z. B. einfacher sein, die Regel für die
Bewegungen der Läufer abzuleiten, als die der ungewöhnlichen
und seltenen Rochade. Dazu kommt, dass bei der Rochade derselbe Spieler zwei Züge hintereinander macht und damit die
Alternationsregel der Züge zu verletzen scheint. Dennoch wird
die ungleich höhere Häufigkeit des Zugwechsels bei der Theoriebildung des Beobachters von größerem Einfluss sein, und selbst
wenn der scheinbare Widerspruch ungelöst bleibt, so wird der
Beobachter doch seine bislang formulierten Hypothesen nicht
aufzugeben brauchen. Es darf also angenommen werden, dass er
nach Beobachtung einer Reihe von Schachpartien die Spielregeln mit weitgehender Genauigkeit formulieren kann, und es muss
nochmals betont werden, dass er dieses Ergebnis ohne die Möglichkeit direkter Befragung zu erreichen vermochte.

    Bedeutet dies nun, dass der Beobachter das Verhalten der Spieler «erklärt» hat? Wir ziehen es vor, zu sagen, dass er komplexe Redundanzstrukturen identifiziert hat.7 Wäre ihm daran gelegen, so könnte er natürlich jeder Figur und jeder Spielregel eine bestimmte Bedeutung zuschreiben. Ja, er könnte sogar eine spitzfindige Mythologie über das

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