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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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behandelt werden.
    2.24 Aus dem oben Gesagten ergibt sich ein metakommunikatives Axiom: Man kann nicht nicht kommunizieren.

    2.3 Die Inhalts- und Beziehungsaspekte der Kommunikation
    2.31 Wenn man untersucht, was jede Mitteilung enthält, so erweist sich ihr Inhalt vor allem als Information. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Information wahr oder falsch, gültig oder ungültig oder unentscheidbar ist. Gleichzeitig aber enthält jede Mitteilung einen weiteren Aspekt, der viel weniger augenfällig, doch ebenso wichtig ist - nämlich einen Hinweis darauf, wie ihr Sender sie vom Empfänger verstanden haben möchte. Sie definiert also, wie der Sender die Beziehung zwischen sich und dem Empfänger sieht, und ist in diesem Sinn seine persönliche Stellungnahme zum anderen. Wir finden somit in jeder Kommunikation einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
    Einige Beispiele mögen zum besseren Verständnis dieser Aspekte beitragen. In abstrakter Form sind sie die Grundlage folgender Denkaufgabe:
    Ein Mann wird von zwei Wachen in einem Raum gefangen gehalten, der zwei Ausgänge hat. Beide Türen sind geschlossen, aber nur eine ist zugesperrt. Der Gefangene weiß ferner, dass einer seiner Wächter stets die Wahrheit sagt, der andere dagegen immer lügt. Welcher der beiden aber der Lügner ist, weiß er nicht. Seine Aufgabe, von deren Lösung seine Freilassung abhängt, besteht darin, durch eine einzige Frage an einen der beiden Wächter herauszufinden, welche der beiden Türen nichtversperrt ist.'
    Das Bemerkenswerte an dieser unwahrscheinlichen Geschichte ist nicht nur, dass eine Gleichung mit zwei Unbekannten (die Türen und die Wachen) mithilfe eines einfachen Entscheidungsverfahrens elegant gelöst wird, sondern auch, dass diese Lösung ausschließlich unter Berücksichtigung des Inhalts- und des Beziehungsaspektes aller menschlichen Kommunikation möglich ist. Der Gefangene besitzt zwei grundsätzlich verschiedene Arten
von Information. Die eine betrifft unpersönliche Objekte (die
Türen) und wäre für die Lösung ausreichend, wenn der Gefangene die Türen selbst untersuchen könnte. Da dies nicht der Fall
ist, muss er die zweite ihm zur Verfügung stehende Information
einbeziehen, nämlich die über die Wachen und die typische Art
und Weise, mit der diese mit anderen Menschen kommunizieren,
d.h. wahrheitsgetreu oder lügnerisch. Der Gefangene leitet also
den objektiven Zustand der Türen über das Medium der spezifischen Beziehungsform zwischen sich und den Wachen ab,
d.h., er verwendet Objektinformation (die Türen und deren
Offen- oder Geschlossensein) und Information über diese Information (die für die Wachen typischen zwischenmenschlichen
Beziehungsformen).

    Nehmen wir nun denselben Sachverhalt in einem lebensnaheren Beispiel: Wenn Frau A auf Frau B's Halskette deutet und fragt:
«Sind das echte Perlen?», so ist der Inhalt ihrer Frage ein Ersuchen
um Information über ein Objekt. Gleichzeitig aber definiert sie
damit auch - und kann es nicht nicht tun - ihre Beziehung zu Frau
B. Die Art, wie sie fragt (der Ton ihrer Stimme, ihr Gesichtsausdruck, der Kontext usw.), wird entweder wohlwollende Freundlichkeit, Neid, Bewunderung oder irgendeine andere Einstellung
zu Frau B ausdrücken. B kann ihrerseits nun diese Beziehungsdefinition akzeptieren, ablehnen oder eine andere Definition geben,
aber sie kann unter keinen Umständen - nicht einmal durch
Schweigen - nicht auf As Kommunikation antworten. Für unsere
Überlegungen wichtig ist die Tatsache, dass dieser Aspekt der
Interaktion zwischen den beiden nichts mit der Echtheit von Perlen zu tun hat (oder überhaupt mit Perlen), sondern mit den
gegenseitigen Definitionen ihrer Beziehung, mögen sie sich auch
weiter über Perlen unterhalten.
    Oder betrachten wir kurz die folgenden beiden Mitteilungen: «Es ist wichtig, die Kupplung langsam und weich zu betätigen» und «Lass das Kupplungspedal einfach aus, das tut dem
Getriebe sehr gut». Beide Mitteilungen haben ungefähr denselben Informationsinhalt (Inhaltsaspekt), definieren aber offensichtlich
zwei grundverschiedene Beziehungen zwischen Fahrlehrer und
Schüler.

    Um Missverständnisse hinsichtlich des eben Gesagten zu vermeiden, muss klargestellt werden, dass Beziehungen verhältnismäßig selten bewusst und ausdrücklich definiert werden. Im Allgemeinen ist es so, dass die Definition der Beziehung umso mehr in
den Hintergrund rückt, je spontaner und «gesunder» die Beziehung ist,

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