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Menu d'amour

Menu d'amour

Titel: Menu d'amour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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Ihre körperliche Nähe und die Tatsache, dass ich etwas besaß, was Valérie so unbedingt von mir haben wollte, erregten mich auf seltsame Weise und ließen mein Herz schneller schlagen. Und wäre da nicht die Angst vor der größten Blamage meines Lebens gewesen, hätte ich unseren kleinen Kampf sicherlich noch mehr genossen.
    Lachend und erhitzt ließ Valérie einen Moment von mir ab, bevor sie erneut versuchte, an das Buch zu kommen, das ich nun hoch über meinem Kopf hielt.
    »Was ist das, Henri?«, keuchte sie starrsinnig. »Jetzt mach’s nicht so spannend.«
    »Nichts«, entgegnete ich.
    Und dann warf ich das rote Buch kurzerhand über die Schulter aus dem Küchenfenster. Es polterte die Dachziegeln hinunter, bevor die Dunkelheit es mit einem sanften Schlag verschluckte.
    »Das schöne Buch. Warum hast du das getan, Henri?«
    Sie stand vor mir, die Augen ganz nah.
    »Weil ich dich liebe«, sagte ich.
    Für einen Moment war es so still, dass ich glaubte, ihren Herzschlag zu hören.
    Dann legte sie die Arme um meinen Hals, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich.
    »Ich habe es gewusst. Im Grunde meines Herzens habe ich es immer gewusst«, flüsterte sie. Ich hielt sie in den Armen und wusste nur, dass ich sie nicht mehr hergeben wollte.
    »Was? Was hast du immer gewusst?«, murmelte ich.
    »Dass du der Richtige bist.«

17
    In jener Nacht wurde die kleine Mansardenwohnung mit den vergilbten Tapeten in dem schiefen Haus in der Rue Mouffetard zu einem glücklichen Ort. Ich habe später in größeren Wohnungen gewohnt und in schöneren. Ich habe in breiteren und weicheren Betten geschlafen. Doch mein Glück war nie größer als dort, wo wir engumschlungen auf einer schmalen Matratze lagen, dem Regen lauschten, der auf das Dach prasselte, und ganz leise wurden vor Liebe.
    Damals wusste ich noch nicht, dass das Leben auch für zwei Menschen, die füreinander bestimmt sind, nicht immer eine lange Zeit bereithält. Ich wusste nicht, dass ich später ein Restaurant in Saint-Germain haben würde und eine kleine Tochter, die ihrer Mutter so ähnlich sah, dass es mich schmerzte, und der ich einmal erklären würde, dass es nicht auf die Jahre ankommt, sondern darauf, was in ihnen geschieht.
    An jenem Herbsttag im Jahr 1964 stand die Zeit einfach still. Im Zimmer hing noch der Duft von wildem Thymian und Schokoladenkuchen und auf dem Tisch standen in schönster Unordnung Weingläser und Teller, die dort vergessen worden waren. Und ein kleiner Korb mit Kirschen. Valérie lag neben mir, und irgendwo in einer Regenrinne lag ein kleines rotes Buch in der Dunkelheit, dessen Seiten nach und nach aufweichen würden, bis sie schließlich nicht mehr zu lesen waren. Alles war so gekommen, wie ich es mir erhofft hatte.
    Und doch sollte diese Nacht noch eine Überraschung für mich bereithalten, mit der ich nicht gerechnet hatte.
    Es war etwa gegen fünf Uhr, als ich durch ein leises, klirrendes Geräusch geweckt wurde, das aus der Küche zu kommen schien. Vorsichtig löste ich mich aus Valéries Armen und schlich mich durch den schmalen dunklen Flur in die Küche. Ich machte Licht und blickte schlaftrunken auf die ungespülten Teller, Töpfe und Pfannen, die sich in der Spüle stapelten. Auf der Anrichte stand ein einsamer Gâteau au chocolat und in einer Schale waren die Überreste des Orangenparfaits zu einem kleinen See zerflossen. Dann erst bemerkte ich Coquine, die auf dem Küchenboden saß, sich mit ihrer kleinen rosa Zunge über das Maul fuhr und mich schuldbewusst anstarrte, bevor sie den Kopf senkte und weiterschleckte. Vor ihr hatte sich eine kleine grünliche Lache ausgebreitet, an deren Rand ein zerbrochenes Glasfläschchen lag.
    Mit einem Mal war ich hellwach. Ich fasste mir an den Kopf und lehnte mich gegen die Küchenwand, während ich ungläubig auf das Fläschchen starrte. Mein Blick wanderte über die vollgestellte Anrichte, dann wieder zu der schwarzen Katze, die einen kurzen Augenblick aufschaute und zu schnurren anfing.
    Ich blickte in ihre grünen Augen und sah durch tausend Spiegel. In Sekundenschnelle fiel ich durch die Zeit – bis hin zu jenem Moment, als ich mich selbst mit dem geöffneten Fläschchen vor der Casserole stehen sah, bis hin zu jenem Moment, als es an der Tür klingelte. Ich schloss die Augen und die Bilder liefen noch einmal vor meinem inneren Auge ab …
    Das Fläschchen in meiner Hand. Jetzt ist der große Moment gekommen. Es klingelt. Wer ist das? Sicher Georges, der den

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