Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Veränderung der zerebralen Funktion, der Gehirnfunktion unter Hypnose«. Die Tragweite dieses Forschungsansatzes wurde ihr schlagartig klar.
In sachlichem Ton fuhr Frau von Helmstetten fort: »Diese Komplikationen können wir jedoch vermeiden, indem wir erst einmal abwarten und einige Zeit verstreichen lassen.« Kommissar Bender hob fragend die Augenbrauen, was Konstanze von Helmstetten nicht entging. »Häufig gibt es spontane Erinnerungsfragmente, die sozusagen Sprünge im posthypnotischen Befehl der Erinnerungsblockade darstellen. Diese können wir verwenden, um die Erinnerungssperre auszutricksen.«
»Wie lange kann es dauern, bis solche Erinnerungsfetzen auftauchen?«, fragte Bender mit kaum verhüllter Anspannung.
»Das ist von Fall zu Fall verschieden. Manchmal dauert es Tage, manchmal Wochen, manchmal aber auch wesentlich länger. Einige der Informationen bleiben unter Umständen sogar für immer verborgen.«
»Was heißt das konkret?«, fragte Lea nach.
»Wir machen eine Pause und warten. Manchmal kommt sogar etwas in Träumen zum Vorschein. Das ist nicht so selten, da hier die Wege schwieriger kontrolliert werden können. Ich schlage vor, wir telefonieren in ungefähr einer Woche miteinander, ob Ihnen etwas eingefallen ist, egal was. Wenn einige Zeit vergangen ist, wiederholen wir unsere Hypnosesitzung und wagen einen erneuten Zugangsversuch. Einverstanden?«
»Wie lange müssen wir warten?«
Frau Professor von Helmstetten schaute Lea nachdenklich an. »Ich würde sagen etwa zwei bis drei Monate.«
»So lange?«
Lea hatte insgeheim gehofft, schon in naher Zukunft eine zweite Chance zu bekommen.
»Das ist vernünftig, alles andere hätte ein zu hohes Risiko.«
Sören mischte sich ein: »Lea, bitte, die Amnesie reicht doch wirklich, eine Depression oder Psychose ist völlig überflüssig!«
Lea blickte auf das beschlagene Fenster, das so undurchsichtig war wie ihre Erinnerung.
Nachdem sie sich verabschiedet und nochmals bei Konstanze von Helmstetten bedankt hatten, gingen Lea, Sören, Franz Bender und Sandra Kurz gemeinsam zum Parkplatz.
»Das hatte ich mir anders vorgestellt«, sagte Lea zu dem Kommissar.
»Nun, ich denke, wir wissen nun, dass etwas bei Ihrem Besuch im ISG geschehen ist, was die Herrschaften auf jeden Fall verheimlichen möchten.«
»Werden Sie diesem Herrn Schäfer erzählen, dass wir unter Hypnose Informationen erhalten haben, die besagen, dass ich die Amnesie nicht von dem Sturz habe? Und auch die Sache mit der Spritze?«, fragte Lea. Auch Sören schaute Kommissar Bender gespannt an.
»Mit dieser Information möchte ich lieber vorsichtig sein. So lange wir nicht wissen, wie Frau van der Neer wirklich zu Tode gekommen ist, möchte ich kein Risiko eingehen.«
»Daran wäre auch mir sehr gelegen«, sagte Sören, der ohnehin von den Ereignissen schockiert war. »Und außerdem halte ich es für sinnvoll, wenn wir etwas Abstand zu den Geschehnissen bekommen. Lea sollte sich erst einmal erholen.«
»Dem steht nichts entgegen. Wir werden in den nächsten Tagen genug zu überprüfen haben. Würden uns aber bei neuen Fragen an Sie wenden …«, antwortete Kommissar Bender.
Das klang vernünftig, und eine andere Möglichkeit war weit und breit nicht in Sicht. Sören schloss den Wagen auf, sie verabschiedeten sich von den beiden Kriminalbeamten.
Auf der Fahrt zurück nach Mainz war Lea aufgewühlt und zugleich frustriert. Sie hatte insgeheim gehofft, mit dem Besuch in Heidelberg einen Schlussstrich ziehen zu können. Nun war es so, als habe man auf einem Röntgenbild zwar einen Schatten entdeckt, aber wüsste nicht genau, was er bedeutete.
Sie lehnte ihren Kopf an die Nackenstütze des Beifahrersitzes und sah die schemenhaft vorbeirasende Landschaft an. Grau … hellgrau … dunkelgrau … schwarz. Hypnos fiel ihr ein, der griechische Gott des Schlafes, Zwillingsbruder von Thanatos, dem Tod. Er lebte immer in der Unterwelt, im Reich der grauen Schatten.
Lea hatte nichts gesagt, aber sie war verändert aus der letzten Trance auf dieser gelben Liege erwacht. Da war eine Dunkelheit, die mit einem Mal keine Begrenzung mehr hatte, die durch das Tageslicht nicht vertrieben wurde. Sie hatte das Empfinden, ein riesiger Schatten haftete ihr an.
Der Teufel, der die Menschen wie Spielzeug betrachtet, wie ein Kind, das einer Puppe den Kopf aufschneidet. Der Teufel hält ein Schwert in der Hand. Er hat das Schwert nicht unter Kontrolle. Beiläufig spielt er damit, seine Klinge ist
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