Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Nähe stehenden Personen, die den Mann bei dem Krach hören konnten, den Kopf ein oder nahmen die Hände nach oben. Man hörte einige Sekunden später das Klirren von zerspringendem Glas.
»Ullrich, mir reicht’s für heute. Ich gehe mit Frederike nach Hause. Auf einen neuerlichen Unfall mit Kopfverletzung kann ich verzichten. Magst du auf einen Kaffee oder einen heißen Apfelwein mitkommen? Ich würde mich freuen.«
»Gerne, ich hab auch genug. Freddy, ich komm noch mit zu euch, alles klar?«
»Och, Mama, müssen wir schon gehen?«
»Ja, müssen wir, hier fliegen Glasflaschen, und ich habe eiskalte Füße. Außerdem ist der Zug fast vorbei, und den Rest schaust du dir im Fernsehen an. Mit heißem Kakao«, fügte sie als zusätzlichen Anreiz hinzu.
»Na gut.« Frederike arrangierte sich überraschend schnell, vielleicht hatte sie ebenfalls kalte Füße. Sie gingen Richtung Volkspark nach Hause.
»Jetzt kann man wenigstens wieder durchatmen.« Lea blieb stehen und holte tief Luft.
»Allmählich bekommst du wieder Farbe ins Gesicht«, meinte Ullrich.
»Es geht mir auch besser. Ich weiß nicht, früher habe ich alles besser weggesteckt, jetzt habe ich dauernd das Gefühl, es könnte etwas passieren.«
»Na, etwas ängstlich als Mutter bist du, vorsichtig formuliert, schon seit du im zweiten Monat schwanger warst. Mit Jonas wohlgemerkt.«
»Du Witzbold!« Lea musste lachen, wurde aber sofort wieder ernst: »Ach, es ist grässlich!« Sie gingen in langsamem Tempo weiter, denn Frederike stand vor dem Tiergehege mit den Ziegen. »Sonst habe ich mir natürlich auch um die Kinder Gedanken gemacht oder wenn Sören sich von unterwegs nicht gemeldet hat. Ich dachte sofort an Unfälle. Du kennst das bei mir. Aber jetzt ist es anders.«
»Was meinst du?«
»Wir gehen immer davon aus, dass wir Herr über unsere Gedanken sind und natürlich in der Regel auch über unser Handeln. Vielleicht ist das nicht ganz zutreffend, aber jedenfalls gehen wir davon aus. Und gerade in unserem Fach ist das Fremdgesteuerte immer Hinweis auf eine kranke Seele oder ein krankes Gehirn. Das macht mir zu schaffen.«
Sie ließen eine Gruppe Jugendlicher vorbei, die alkoholisiert und laut grölend Richtung Rosenmontagszug unterwegs waren.
»Ich bin nicht sicher, wer meine Gedanken kontrolliert, und ob überhaupt jemand in meinem Kopf etwas manipuliert hat. Diese Ungewissheit …«
»Hm«, überlegte Ullrich, während er seinen Blick über den Rhein schweifen ließ, der im Februarnebel unter einer Dunstschicht träge dahinfloss, »der Unterschied zu den Krankheiten, von denen du sprichst, ist, dass die Menschen aus sich selbst heraus diese Störungen entwickeln.« Lea wollte etwas einwenden, aber Ullrich ließ sich nicht beirren. »Ja, ich weiß, was du sagen willst. Es ist bekannt, dass durch äußere Ereignisse solche Störungen gefördert werden. Nur bei dir liegt der Fall dennoch ganz anders.«
»Aber ich hätte doch irgendeinen Widerstand gegen so etwas aufbauen können, gegen diese Manipulation.«
Ullrich begriff nun, dass Lea sich ihre Unfähigkeit vorwarf, der Hypnose nicht widerstanden zu haben.
»Lea, ich bitte dich! Du bist hypnotisiert worden, und wenn ich unsere Kollegin in Heidelberg richtig verstanden habe, gelingt diese Manipulation bei fast allen Menschen. Außerdem wurdest du wahrscheinlich mit einer sedierenden Substanz ausgeschaltet. Da zu widerstehen ist ungefähr so gut möglich, wie unter Narkose bei Bewusstsein zu bleiben. Zum Glück gelingt das niemandem, sonst könnten die Chirurgen ihre Abteilungen schließen.« Ullrich legte nach, als er merkte, dass er auf dem richtigen Weg war: »Du hast eine Spritze bekommen, um dich außer Gefecht zu setzen. Alles klar? Das ist Körperverletzung. Sei wütend und empört über diese kriminelle Aktion, aber hör auf, dich in der Rolle einer Mitschuldigen zu sehen.«
Lea küsste Ullrich auf die Wange.
»Wenn ich dich nicht hätte! Weißt du, was ich dir schon immer mal sagen wollte?«
»Da bin ich aber gespannt. Eine späte Beichte deiner wahren Gefühle?«
»Fast. Es ist unübertroffen hilfreich, einen Freund zu haben, der gleichzeitig auch Psychiater ist. Ein Freund für gewisse Stunden.«
»Tja, die Stunden sind sogar so speziell, dass sich kein Ehemann auf der Welt Sorgen machen muss.«
Ullrich hakte Lea unter, und gemeinsam setzten sie den Weg fort. Aber Ullrich war mit dem Thema noch nicht fertig: »Lea, betrachte diese Aktion aus Sicht derer, die das Ganze
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