Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Männer im ISG, die sie festgehalten hatten, die Stimme Marcions und der Frau, die Susanna van der Neer gekannt hatte, die Eintragungen im Computer, ihr nächtlicher Ausflug durch den Wald …
»Sören, ich weiß, wie ich gestürzt bin!« Sören saß auf der Bettkante und wandte sich Lea zu, die plötzlich die Szene im Wald vor sich sah, so genau, als sei es eben erst geschehen. »Ich war in einem Auto, ich saß auf dem Rücksitz zwischen zwei Männern, die mich festhielten, es waren die gleichen Männer, die mich bei der Spritze festgehalten haben. Einer von denen roch unglaublich nach Knoblauch, mir wurde fast noch schlechter, als mir ohnehin schon war. Das Auto fuhr durch den Wald einen Berg hinauf immer wieder Kurven, und ich wurde zwischen diesen beiden Kerlen zusammengedrückt, der eine schob mir ständig seinen Ellenbogen in den Brustkorb.«
»Das müssen die Serpentinen oberhalb des ISG gewesen sein.« Sören sah Lea gespannt an. »Und weiter? Haben die irgendwas gesprochen?«
»Nein, nur kurz mit dem Fahrer, einem jungen Typ, so um die zwanzig, den ich vorher noch nicht gesehen habe. Sie sagten, er solle noch ein Stück weiter nach oben fahren.«
»Mehr nicht?«
»Nein, dann hielt der Wagen an. Einer von den Männern hat die Tür aufgemacht, und sie haben mich vom Rücksitz gezerrt. Das Auto stand oberhalb eines Abhangs. Die Autoscheinwerfer haben die Umgebung nur schwach beleuchtet, deshalb konnte ich nicht genau sehen, wie tief es hinunterging.«
Sören nickte, er wusste, dass es ihr half, über die Ereignisse zu sprechen.
»Die beiden Männer haben mich an den Rand des Abhangs geschubst und mich mit aller Kraft hinuntergestoßen. Ich hatte das Gefühl, unendlich tief hinunterzustürzen. Ich glaube, ich habe laut geschrien, ja, ich glaube, ich habe wirklich laut in diese Nacht hineingeschrien. Es war schrecklich, Sören, so in die Dunkelheit zu fallen, in die Kälte, ohne zu wissen, wie tief der Sturz werden würde.«
Sören streichelte ihr beruhigend die Wange.
»Dann bin ich aufgekommen, zuerst mit dem Rücken auf dem Boden aufgeschlagen, mir ist die Luft weggeblieben. Als ich weiter hinuntergerutscht bin, war da etwas Hartes, vielleicht ein Stein oder Felsbrocken, an dem bin ich hängen geblieben, das war in dieser Mulde unterhalb des Abhangs.« Lea schloss die Augen und tastete mit der Hand nach der Stelle an ihrer Rippe, mit der sie an den Fels geprallt war. Bei leichtem Druck spürte sie den stechenden Schmerz noch immer.
»Lea, ich glaube, es ist das Beste, du versuchst zu schlafen, und wir gehen morgen die Ereignisse systematisch mit Kommissar Bender und Frau von Helmstetten durch.«
»Du hast recht«, sagte Lea, obwohl sie nicht sicher war, ob sie würde einschlafen können. Doch die Erschöpfung durch die Ereignisse des Nachmittags forderte schließlich ihren Tribut. Wenige Minuten später war sie in tiefen Schlaf gesunken.
Vierundzwanzigstes Kapitel
Konstanze von Helmstetten hatte es sich in der Tat einrichten können, an diesem Donnerstagvormittag nach Mainz ins Polizeipräsidium zu kommen. Kommissar Bender war allerdings der Meinung, dass auch ein wichtiger Termin sie von der Teilnahme an dieser Besprechung nicht hätte abhalten können.
Lea hatte tief geschlafen und fühlte sich lebendiger und frischer als die ganzen Wochen zuvor. Um 10 Uhr betrat sie mit Sören das Gebäude am Valenciaplatz. Sie nannten dem Beamten hinter der Glasscheibe Namen und Grund ihres Kommens und wurden telefonisch im Büro von Franz Bender angekündigt. In der großen Vorhalle gingen sie an einer riesigen Vitrine vorbei, in der Polizeiuniformen aus aller Herren Länder ausgestellt waren. Der Aufzug brachte sie in den zweiten Stock. Nach kurzem Suchen hatte Sören den Raum 246 gefunden, in dem sie erwartet wurden. Die Morgensonne schien mit einem verhaltenen, frühlingshaften Licht durch die nicht ganz sauberen Fensterscheiben in das unerwartet geräumige Büro.
Frau von Helmstetten war bereits anwesend und außer Franz Bender und Sandra Kurz noch ein jüngerer Mitarbeiter des K 3, den Lea noch nicht kannte.
Erfreulicherweise hatte Kommissar Bender für alle Anwesenden Kaffeetassen organisiert. Man sah an den unterschiedlichen Mustern und den Fehlstellen rund um die Ränder, dass es sich um persönliche Gebrauchsgegenstände der Kriminalbeamten handelte. Alles sprach für einen Dauereinsatz dieser Gefäße, und niemand schien Neuanschaffungen ernstlich in Erwägung zu ziehen. Wahrscheinlich waren
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