Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Gesicht noch eingefallener wirkte als vor einer halben Stunde. »Ich denke, wir lassen Sie jetzt erst einmal ausruhen und treffen uns morgen im Polizeipräsidium.«
»Danke, ich glaube, ich kann jetzt wirklich nicht mehr.« Lea hielt sich die Hand an die Stirn.
Kommissar Bender stand auf. »Vielleicht kann Frau von Helmstetten ebenfalls kommen, ich denke, wir werden ihre Unterstützung gut gebrauchen können.«
»Ich werde sie anrufen«, versprach Sören. »Ich habe keinen Zweifel daran, dass sie morgen in Mainz sein wird.«
»Das ist gut, ich muss mich dringend bei ihr bedanken«, sagte Lea. »Wenn sie nicht gewesen wäre, sähe die Autobahn jetzt anders aus.«
Sie dachte an Rettungsfahrzeuge, Polizeieinsatzwagen und das schwere Gerät des THW, diese übliche Zusammenstellung bei schlimmen Autobahnunglücken. Wie nahe war sie solch einer Katastrophe gekommen!
Sören begleitete Sandra Kurz und Franz Bender zur Tür und bedankte sich für deren Hilfe. Doch Sörens Dankbarkeit war dem Kommissar sichtlich unangenehm.
»Herr Johannsen, ich bin mir sicher, dass dieser Anruf in Verbindung mit unserem letzten Besuch beim ISG steht, und ich wette hundert zu eins, dass der Hinweis auf die Verbindung zu Cleo Hollmann, an den Ihre Frau sich erinnert hat, den Ausschlag für diesen gefährlichen Telefonanruf gegeben hat. Sie können sich vorstellen, wie erleichtert ich über die geglückte Rettung bin.«
»Herr Kommissar, keiner wusste, mit welchem Hinweis man in das Wespennest sticht. Lea selbst wollte dringend, dass sich alles aufklärt.«
»Ich bin froh, dass Sie es so sehen«, sagte Bender.
»Dass meine Frau einigermaßen unversehrt dort im Wohnzimmer auf der Couch sitzt, macht es leichter … Aber was denken Sie darüber, dass da jemand wie auf Knopfdruck reagiert?« Für Sören war der Bericht Leas über Selbstopfer, Offenbarung und Erlösung völlig exotisch. Er konnte sich in diesem Kontext kaum dazu zwingen, logische Schlussfolgerungen zu ziehen.
»Die Vermutung drängt sich auf«, antwortete Bender, »dass bei wiederkehrender Erinnerung auch andere Erinnerungsteile folgen. Ich gehe davon aus, dass der Anruf und diese Form von Hypnose – oder wie sagte Frau Professor von Helmstetten: diese extreme Form von Suggestion – Ihre Frau davon abhalten sollten, sich an weitere Details ihres Aufenthaltes in dem Institut zu erinnern.«
»Das ist zwar alles absurd, aber ich verstehe, was Sie meinen. Und wie geht es weiter?«
Sandra Kurz schaltete sich ein: »Wir müssen schleunigst herausfinden, warum Herr Schäfer so einen Aufwand betrieben hat, um das Gedächtnis Ihrer Frau, hmm, ich würde mal sagen: abzuriegeln, dass er selbst vor einem Mord nicht zurückschreckte.«
»Ich hoffe, dass meine Frau das alles irgendwie übersteht.«
Sören wirkte mit einem Mal müde, die Sache griff ihn heftig an. Dies war keine schwierige Operation, die man einschätzen und abwägen konnte. Der irrationale Aspekt dieses undurchschaubaren Verwirrspiels machte ihn fertig.
Sandra Kurz zog sich ihre Jacke über und sah Sören an. »Es wird schon gutgehen. Ihre Frau ist nicht so leicht unterzukriegen, und Frau von Helmstetten hat viel Erfahrung.« Sie reichte Sören die Hand. »Bis morgen, Herr Johannsen, sehen Sie zu, dass Ihre Frau zur Ruhe kommt.«
Als Sören ins Wohnzimmer zurückkam, war es leer. Er fand Lea in seinem Arbeitszimmer am Telefon. Als er zu ihr an den Schreibtisch trat, legte sie die Hand auf die Lippen und stellte das Gerät auf Freisprechfunktion um. »Elisabeth, Sören hört mit, ist das in Ordnung?«
»Natürlich! Hallo, Sören. Ich finde es prima, dass Lea sich nicht in ein anderes Leben verabschiedet hat.« Elisabeth drückte auf ihre Art aus, wie glücklich sie war, dass Lea nichts passiert war.
»Und ich erst«, stimmte Sören ihr zu. »Aber, Elisabeth, was ich nicht verstehe: Wieso eigentlich dieser ganze Zauber mit spiritueller Sinnsuche und Erlösung? Was bringt das? Wenn die die Menschen umbringen wollen, genügt doch der simple Hypnosebefehl.«
»Ich bin in Sachen Hypnose nicht so informiert, das müsstest du vielleicht eure Spezialistin der Heidelberger Uni fragen. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass Sekten sich bei ihren Manipulationen, ob mit oder ohne Hypnose, gerne bewährter Begriffe bedienen. Erlösung, Heil, Offenbarung und so weiter sind den meisten Menschen im abendländischen Kulturkreis von klein auf geläufig und im tiefsten Inneren positiv besetzt.« Elisabeth machte eine kurze
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