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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Heeger
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umgedreht. »Vielen Dank für das Gespräch, ich werde wiederkommen.«
    Lea ließ ihre Aufzeichnungen sinken. Auf welcher Ebene sollte sie weitersuchen? Je tiefer sie in diesen Fall eindrang, desto verworrener wurde er, und sie hasste Geschichten, die sie nicht verstand. Wo war der Schlüssel? In den Träumen, der inneren Welt, bei den sozialen Kontakten oder den biographischen Auffälligkeiten? Lea las einzelne Abschnitte nochmals durch und suchte nach Hinweisen oder Andeutungen, zusätzlichen Informationen, die möglicherweise in Nebensätzen oder vermeintlich belanglosen Bemerkungen verborgen waren. Sie spürte, dass sie eine Information hatte, die wichtig war.
    »Der Turm war für Madeleine. Zeichen für den Ausbruch, er fordert uns auf, die Dinge anzuschauen, die wir unterdrücken und beiseiteschieben. Wenn wir seine Botschaft ignorieren, wird es zu einer Explosion kommen, die unser Leben gewaltsam verändert. Der Magier, Philipps Aufgabe, er leidet unter Selbstzweifeln, obwohl er unglaublich erfolgreich ist, keine Unterhaltungen erlaubt.«
    (Bekannte aus ISG / Einrichtung in Falkenstein i. Taunus)
    Ohne Kommentar standen diese Sätze dort. Aber Lea hatte zwei Namen und die Bezeichnung einer Einrichtung. Die konnte sie an Franz Bender weiterleiten. Vielleicht konnten die Personen ausfindig gemacht werden und etwas zur Klärung beitragen.
    Sören war mit seiner Zeitungslektüre fertig und griff zu einem Stapel Fachzeitschriften. Lea blickte in den Kamin. Der Turm – was fiel ihr dazu ein? Der Turmbau zu Babel, die Hybris der Menschheit und »Die Versuchung des heiligen Antonius« von Hieronymus Bosch, mit dem zerstörten Turm im Hintergrund. Der fromme Philipp II. von Spanien, grausamer Verfolger von Sündern und Andersgläubigen, hatte seine Bilder bewundert. War der Turm ein Bild für die Erkenntnis von Selbstüberschätzung? Oder der Turmbau zu Babel eine Metapher für babylonische Sprachverwirrung? Oder der Turm als Festung, Schutz, Gefängnis? Konnte das einen Sinn ergeben? Und die anderen Themen: Teufel und Tod. Die Begriffe fingen alle mit dem Buchstaben T an. Nein, das war zu banal, entschied sie. Es waren Begriffe aus dem Alten Testament. Wo war die Verbindung? Eine Sekte, ein Wahnsystem? War diese Madeleine eine Freundin?
    Sie hatte zu wenige konkrete Informationen. Enttäuscht ließ sie die Blätter sinken und schaute in das Feuer. Die Glut war inzwischen weiß geworden, am Rand der Holzscheite zeigten sich schmale leuchtende Rinnsale. Ein Holzscheit brach funkensprühend auseinander.

    Am nächsten Morgen wachte Lea im Sessel vor dem Kamin auf. Sie fühlte sich kaum ausgeruht, und sofort holte sie die unangenehme Mischung aus schlechtem Gewissen und unbeantworteten Fragen vom Vorabend ein. Sie stand auf, zog die Rollläden im Wohnzimmer hoch und ging ins Badezimmer, nachdem sie sich mit Kaffee versorgt hatte. Noch müde stieg sie unter die Dusche und kleidete sich anschließend lustlos an. An diesem Dienstagmorgen entschied sie sich für einen beigefarbenen Pullover und eine beigefarbene Jeans. »Die Mehlwurmkombination«, wie Marie das farblose Outfit einmal getauft hatte.
    Lea ging in die Kinderzimmer, um ihre Weckaktion zu beginnen. Da keines der Kinder Lust hatte aufzustehen, war sie erst bei ihrer zweiten Runde erfolgreich. Nach weiteren zwei Tassen Espresso kehrten allmählich auch ihre eigenen Lebensgeister zurück.
    »Wie hast Du geschlafen?«, fragte Sören, der an der Frühstückstheke gerade eine große Portion Rührei mit Schinken verspeiste. »Du bist mit deiner Lesebrille auf der Nase eingeschlafen und hast dich keinen Millimeter mehr fortbewegt. Du sahst im Sessel aus wie eine friedliche Großmutter. Außerdem hast du geschnarcht.«
    »Na, vielen Dank.« Solch eine Äußerung hob nicht unbedingt ihre Stimmung. Ihre Miene war wohl eindeutig, denn Sören lenkte ein: »Nein, natürlich nicht wie eine Großmutter, du sahst einfach nur friedlich aus … und selbstverständlich wie ein Filmstar.«
    Lea blinzelte skeptisch.
    »Ich schwöre! Aber ich vernachlässigter Mann musste alleine schlafen, obwohl ich eigentlich an eine kuschelige Ehefrau gewöhnt bin. Das kann sehr hart sein.«
    Lea lachte und war mit dem Dienstagvormittag versöhnt.

    »Hallo, Lea, hallo!« Ullrich sprach sie nach etwa zwei vergangenen Arbeitsstunden an der Anmeldung an und fuchtelte mit der Hand vor ihren Augen herum, als wolle er prüfen, ob ihre Wahrnehmung in Ordnung sei. »Bist du schon unter uns, oder

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